User Online: 5 | Timeout: 02:00Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Kohlestrom für die Stadtwerke wird teuer
 
Stadtwerke haben ein Kohle-Problem
Zwischenüberschrift:
Kraftwerke schreiben rote Zahlen – Osnabrücker sehen sich aber "gut gewappnet"
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Stabile Strompreise wollten die Stadtwerke garantieren, als sie im vergangenen Jahrzehnt Anteilseigner von einem Gaskraftwerk und zwei Kohlekraftwerken im Ruhrgebiet wurden. Doch inzwischen hat sich der Wind auf dem Energiemarkt gedreht, und alle drei Kraftwerke schreiben rote Zahlen. Diese Entwicklung belastet nicht nur die Strompreise, sondern auch das Geschäftsergebnis der Stadtwerke. Die Gewinnausschüttung an die Stadt Osnabrück bleibt mager, weil das kommunale Unternehmen Rücklagen bilden muss, um die Verluste aus den Kraftwerksbeteiligungen aufzufangen. Anderen Stadtwerken, die ebenfalls in die Kostenfalle getappt sind, geht es allerdings noch schlechter.

Osnabrück. Stabile Strompreise sollten sie garantieren, jetzt werden sie zur Kostenfalle: Die Kraftwerke, an denen sich die Osnabrücker Stadtwerke beteiligt haben, fahren Millionenverluste ein. Für das kommunale Unternehmen bedeutet das sinkende Gewinne. Der Schaden lasse sich durch die Rücklagen aber auffangen, heißt es aus der Zentrale.

Beteiligt sind die Stadtwerke Osnabrück an Kohlekraftwerken in Lünen und Hamm, außerdem an einem Gaskraftwerk in Hamm. Alle drei Anlagen sind in den vergangenen Monaten wegen ihrer anhaltenden Verluste in die Schlagzeilen geraten.

Trianel Lünen: Das Kohlekraftwerk (Baukosten: 1, 4 Milliarden Euro, in Betrieb seit 2013) hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 100 Millionen Euro erwirtschaftet. Für 2015 wird ein ähnlich hoher Wert erwartet. Zu den 31 Gesellschaftern des Betreiberkonsortiums Trianel gehören auch die Stadtwerke Osnabrück (Anteil 4, 22 Prozent). Gegen das Kraftwerk laufen noch Klagen von Naturschützern, über die noch nicht gerichtlich entschieden ist.

Gekko Hamm: 23 kommunale Anteilseigner haben sich mit dem RWE zusammengeschlossen, um zwei 800-MW-Kohlekraftwerksblöcke in Hamm-Uentrop zu errichten. Der Anteil der Stadtwerke Osnabrück beträgt 1, 96 Prozent. Inzwischen wird das 2, 7-Milliarden-Euro-Projekt als das Ergebnis von " Pleiten, Pech und Pannen" verspottet. Block E ist seit Juli 2014 in Betrieb, Block D sollte eigentlich 2015 folgen. Vielleicht wird er niemals Strom liefern. Aus ungeklärten Gründen liefen im Herbst 2013 große Mengen Salzsäure in das Kraftwerk und verursachten gravierende Schäden. Ein Jahr später wurden Risse im Leitungssystem bekannt. Schon wird spekuliert, dass dieser Block niemals ans Netz gehen könnte. Das könnte immerhin eine Ausstiegsoption für die Stadtwerke sein.

Trianel Hamm: Seit 2007 ist das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk am Netz. Die Stadtwerke Osnabrück haben sich zusammen mit 27 anderen kommunalen Versorgern an dem Gemeinschaftsprojekt beteiligt (Anteil 2, 5 Prozent). Im Gegensatz zur Kohleverstromung gilt der Betrieb mit Erdgas als umweltfreundlich, aber der Brennstoff ist teuer. Obwohl das 850-MW-Kraftwerk zu den modernsten Anlagen gehört, wird es nur zu 50 Prozent genutzt. Die Verluste sollen sich auf 50 Millionen Euro summiert haben. Sogar eine Stilllegung war schon im Gespräch.

30 Mio. Euro Rücklage

Mit ihren kostenträchtigen Kraftwerksbeteiligungen haben sich die beteiligten Stadtwerke in große Schwierigkeiten manövriert. Vor allem im Ruhrgebiet ist schon von " Restrukturierungsmaßnahmen" und betriebsbedingten Kündigungen die Rede. Wegen der Verluste wurden in Duisburg und Dortmund Investitionen in erneuerbare Energien auf Eis gelegt. Gewinnausschüttungen an die Kommunen sind arg geschrumpft, wenn sie nicht schon ganz eingestellt wurden.

In Osnabrück sank der Jahresüberschuss, der regelmäßig an die Stadtkasse überwiesen wird, zuletzt auf 3 Millionen Euro. Aber von Katastrophenmeldungen will Marco Hörmeyer nichts wissen. Der Sprecher der Osnabrücker Stadtwerke spricht von " Fehlentwicklungen im Erzeugungsmarkt", die die Ergebnisse aller Energieversorger belasteten, und räumt ein: " Davon sind auch wir betroffen." Aber das Unternehmen sei zuversichtlich, " dass die notwendigen Reformen eingeleitet werden und unsere Kraftwerksbeteiligungen langfristig wieder rentabel werden".

Schon seit einigen Jahren würden Rückstellungen zur Risikovorsorge gebildet, um drohende Verluste aus den Kraftwerksbeteiligungen zu kompensieren. Derzeit belaufe sich diese Risikovorsorge auf mehr als 30 Millionen Euro, und damit seien die Stadtwerke auch gegen mögliche Verluste der nächsten Jahre gut gewappnet. Das Eigenkapital bleibe auf jeden Fall verschont.

Auch in diesem Jahr werde es einen Jahresüberschuss geben, kündigt Hörmeyer an, und zwar über dem Vorjahresniveau. Trotz der extremen Schieflage im Energiemarkt seien die Stadtwerke zuversichtlich, auch zukünftig Gewinne zu erzielen. Und die Kraftwerke würden auf lange Sicht ebenfalls rentabel arbeiten, wenn die Politik für die notwendigen Reformen sorge. Inzwischen sei politisch akzeptiert, dass die Rahmenbedingungen für den Erzeugungsmarkt geändert werden müssten.

Energiepolitik und ihre lokalen Auswirkungen: Mehr davon auf noz.de
Bildtext:
100 Millionen Euro Verlust in nur einem Jahr. Das Kohlekraftwerk in Lünen gehört zu knapp zwei Prozent den Osnabrücker Stadtwerken.
Foto:
Markus Becker, dpa

Warum eigene Kraftwerke?
Dass sich die Stadtwerke Osnabrück am Bau von zwei Kohlekraftwerken beteiligten, rief 2008 viel Kritik hervor. Vorstand Manfred Hülsmann begründete den Schritt damit, dass auch die Stadtwerke den Strom zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten müssten, zumal auch ihre Kunden aufs Geld schauten.
Seitdem haben sich die Rahmenbedingungen auf dem Energiemarkt mehrfach verändert. Zuerst wurde eine Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke beschlossen und nach der Katastrophe von Fuku shima wieder außer Kraft gesetzt. Mit dem Vorrang für erneuerbare Energien zeichnete sich langsam ab, dass die Stadtwerke in Lünen und Hamm aufs falsche Pferd gesetzt hatten. Durch Fehlentwicklungen auf dem Energiemarkt sind aus alten, längst abgeschriebenen Braunkohlekraftwerken Umsatzbringer geworden, während weniger umweltschädliche neue Steinkohlekraftwerke und effiziente Gaskraftwerke rote Zahlen schreiben.

Kommentar
Kohle ist keine Lösung

Erst bauen sie schmutzige Kohlekraftwerke, und dann schreiben sie damit auch noch Verluste! Alle, die 2008 ihrer Empörung über neue Stadtwerke-Politik freien Lauf ließen, werden sich jetzt vollauf bestätigt sehen. Aber bei genauerer Betrachtung sind die Dinge doch etwas komplizierter.

Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die Stadtwerke nur noch Strom aus erneuerbaren Energien verkaufen würden. Aber die Kunden achten auf den Cent. Und sie können sich ihren Versorger aussuchen. Wenn der Preis nicht stimmt, wandern viele ab. Die Beteiligung an den Kohlekraftwerken sollte stabile Preise garantieren. Dass sie nun das Gegenteil bewirkt, war 2008 nicht absehbar. Schuld ist eine Politik, die alte Dreckschleudern begünstigt.

Auf Dauer ist Kohle keine Lösung. Von dieser schmutzigen Fossilenergie können sich die Stadtwerke aber nur verabschieden, wenn sie ihre Kundschaft mitnehmen. Das verlangt eine andere Politik und wache Kunden, die es zu schätzen wissen, dass Osnabrück konkurrenzfähige Stadtwerke hat.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


Anfang der Liste Ende der Liste