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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Die Baumschutzsatzung kehrt zurück
Zwischenüberschrift:
Ratsmehrheit beschließt Wiedereinführung – CDU und FDP dagegen
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. " Die Baumschutzsatzung ist tot, es lebe die Baumschutzsatzung." Getreu diesem Motto hat der Rat in seiner Sitzung am Dienstag mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken und dem Ex-Grünen-Fraktions-Mitglied Michael Florysiak beschlossen, wieder eine Baumschutzsatzung einzuführen. Gegen den heftigen Widerstand von CDU und FDP.
Wobei der Begriff " heftig" in diesem Zusammenhang durchaus ernst zu nehmen ist, denn am Ende einer langen Sitzung mussten die Beobachter den Eindruck bekommen, dass all das, was die Ratsmitglieder in ihrer vorangegangenen Aktuellen Stunde zum Thema Debattenkultur von sich gegebenen hatten, Makulatur geworden war. Persönliche Erklärungen von Volker Bajus und Fritz Brickwedde setzten den Schlusspunkt unter eine Diskussion, die von den zuvor gemachten kritischen und selbstkritischen Äußerungen nichts mehr erkennen ließ.
" Goldene Brücken"
Aber zunächst zur Sache: Die 1993 eingeführte und nach zähen Diskussionen, hartem Ringen und zwischenzeitlich beherztem Aufweichen abgeschaffte Baumschutzsatzung feiert ihre Reinkarnation. Man habe CDU und FDP goldene Brücken gebaut und eine Baumberatungssatzung installieren wollen, blickte Michael Hagedorn (Grüne) zurück auf die Entstehungsgeschichte. Dieses Angebot sei nicht angenommen worden. Nun habe man sich eben für etwas " Ganzes" entschieden eine Baumschutzsatzung, die nun wieder eine Genehmigung für jede Fällung ab einer gewissen Beschaffenheit der Bäume voraussetzt. Vom Tisch ist damit die zwischenzeitlich diskutierte Beratungspflicht für Fällwillige.
Hagedorns Kollege Volker Bajus hatte eingangs der Diskussion den von SPD, Grünen und Linken eingebrachten Antrag begründet. Es gehe um Fragen der CO 2 - Reduktion, das Stadtklima sowie Staub- und Lärmemissionen, die in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen hätten. Ein Handeln sei notwendig, weil der " Baumfrevel an der Tagesordnung" sei. Nach heftigem Gemurre im Rat schwächte Bajus seine Äußerung zwar ab, blieb aber dabei, dass sich auch die Stadt und ihre Eigenbetriebe an die eigene Nase fassen müssten, wenn es um das Fällen schützenwerter Bäume ginge. Dass Thomas Thiele (FDP) in diesem Zusammenhang auf eine Rodung am Klinikum hinwies, für die er dem Aufsichtratsvorsitzenden des Klinikums, Michael Hagedorn, die Verantwortung zuschob, verschärfte den Tonfall der Diskussion erheblich und führte auch in der Folge zur Verwirrung.
Thiele setzte am Mittwoch mit einer Presseerklärung noch einmal nach. Der Antrag von SPD, Grünen und Linken sei eine Nacht- und Nebelaktion gewesen. Die FDP sehe in einer Baumschutzsatzung eine Verletzung des Eigentumsrechtes der Osnabrücker Bürger. " Angeblich will rotrotgrün nicht die Eigentümer privater Gärten mit der Satzung treffen, sondern Investoren, die aus wirtschaftlichen Gründen Bäume fällen. Es ist ein Irrglaube, dass sich diese Unternehmen durch eine Baumschutzsatzung stoppen ließen", so Thiele weiter. Die FDP will nun eine Bürgerbefragung initiieren.
Für die CDU erklärte in der Ratssitzung deren Fraktionsvorsitzender Fritz Brickwedde die Ablehnung einer Baumschutzsatzung. Die Union sehe in Osnabrück kein Problem mit unerlaubten Baumfällungen. Anette Meyer zu Strohen (CDU) lehnte in ihrer Stellungnahme vor allem eine Bevormundung der Bürger ab. Gleichzeitig verwiesen die Unionsvertreter auf den Arbeitsaufwand, der nun auf die Verwaltung zukomme und nicht zum Nulltarif zu haben sei. Ein Argument, das auch Oberbürgermeister Wolfgang Griesert aufgriff, indem er auf die kommenden Haushaltsdebatten hinwies. " Jetzt schaffen wir hier eine neue Aufgabe", warnte er vor zusätzlichen Ausgaben.
Beendet wurde die Diskussion um die Satzung mit persönlichen Stellungnahmen von Bajus und Brickwedde. Er habe seine Behauptung vom Baumfrevel zurückgenommen, Brickwedde müsse seine Anwürfe zurücknehmen, eine Entschuldigung sei angebracht, so Bajus.
Das Einlenken sei lediglich auf die Proteste des Rates zurückzuführen, entgegnete Brickwedde. " Sonst hätten Sie das so stehen lassen." Die Vorwürfe gegen städtische Gesellschaften seien nicht haltbar. Da half es auch nichts, dass Thomas Thiele immer wieder in den Saal rief, dass er es doch gewesen sei, der das Klinikum ins Spiel gebracht habe. Auch Brickweddes Hinweis, es handele sich bei den zur Rede stehenden Fällungen um vorbereitende Arbeiten für Bauprojekte konnte die Wogen nicht wirklich glätten.

Mehr Aktuelles aus dem Rat, und zur Baumschutzsatzung lesen Sie auf noz.de
Bildtext:
Mit der Baumschutzsatzung sollen ungewünschte Fallaktionen verhindert werden.
Foto:
Imago/ Thomas Lebie

Kommentar
Das war wohl nichts

Hätte der Rat sich die Aktuelle Stunde nicht besser schenken können? Alle wären ein bisschen früher zu Hause gewesen. Das hätte wesentlich mehr zur allgemeinen Entspannung beigetragen als die teilweise in Gedichten und mit viel Pathos vorgetragenen philosophischen Zitate zur Debattenkultur des Gremiums.

Denn mehr als Lippenbekenntnisse waren es nicht, was die Damen und Herren oder zumindest ein Teil von ihnen in der Wir-wollen-es-in-Zukunft-besser-machen-Debatte″ von sich gaben. Weniger als drei Stunden waren vergangen, als schon wieder Zwischenrufe, höhnisches Gelächter und persönliche Erklärungen als Reaktionen auf die Wortmeldungen des politischen Gegners abgegeben wurden.

Aber muss man sich nicht fragen, ob es vielleicht in der Natur der Dinge liegt, dass im Rathaus einmal im Monat die Fetzen fliegen? Denn machen wir uns nichts vor: Der Rat ist die Showbühne der Lokalpolitik, wie es Landtag und Bundestag auf den übergeordneten Ebenen sind. Michael Hagedorn (Grüne) hat es schon richtig erkannt, wenn er sagt, dass in den Ausschüssen konstruktiv und in der Regel ohne übles Gezänk zielorientiert an der Sache gearbeitet werde. Das werden Beobachter der politischen Fauna und Flora Osnabrücks ohne Bedenken unterschreiben können.

Im Rat aber geht es rund. Ob nun ein nach eigenen Worten testosteronbeeinflusster FDP-Ratsherr Thomas Thiele das Wort ergreift oder die Herren Fritz Brickwedde und Frank Henning sie hauen halt alle gerne mal verbal drauf. Und das gilt nicht nur für diese drei Protagonisten, sondern auch noch für eine Reihe anderer Ratsmitglieder. Der eine greift dabei zum rhetorischen Florett und filetiert den politischen Gegner kunstvoll, der andere bevorzugt den Säbel und setzt eher grobe Wunden.

Das ist der Sache nicht immer dienlich, hat aber einen wunderbaren Unterhaltungswert. Und wer will den schon missen. Im Ernst: Die Hoffnung, dass sich die Debattenkultur im Rat ändert, ist nicht erst mit der Sitzung am Dienstag gestorben. Warum auch? Was wirklich zählt, ist ein Erfolg in der Sache. Solange alle daran arbeiten, darf es auch schon mal ruppiger zugehen. Und bislang das muss an dieser Stelle auch mal gesagt werden leisten die ehrenamtlichen Volksvertreter eine ordentliche Arbeit.

Eine zwischenzeitliche Rückbesinnung auf zwischenmenschliche Werte wie am Dienstag ist sicherlich wichtig, Wunder darf man sich von einer solchen Diskussion aber nicht erwarten. Das hat der Rat hinlänglich bewiesen.
Autor:
Dietmar Kröger
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