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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Mit "Triumph" und "Fortschritt"
Zwischenüberschrift:
Das Haus Georgstraße 7/9 war von 1935 bis 1971 Sitz eines Büromaschinen-Handels
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Der Weihnachtsstern in der Adventsbeleuchtung hat es 1965 etwas schwer, gegen die bunte Neon-Reklame am Geschäftshaus Georgstraße 7/ 9 zu bestehen. Das Eckgebäude an der Hasebrücke, nach der Kriegszerstörung zunächst nur zweistöckig wiederaufgebaut, war mehr als drei Jahrzehnte lang Sitz einer Firma für Büroeinrichtungen.

Das Foto des Industrie-Fotografen Hartmut Strenger ist nicht nur ein Beleg für den zurückhaltenden vorweihnachtlichen Lichterschmuck vor 47 Jahren, als " Event-Shopping" noch nicht erfunden war. Es belegt auch den Wandel der Branchen, die in den Einkaufsstraßen der Innenstadt vertreten waren. Niemand käme heute mehr a uf die Idee, einen Groß- und Einzelhandel für Büroeinrichtungen in einer Eins-a-Lage zu platzieren. " Der Punkt war bei uns sechs Jahre nach dieser Aufnahme dann auch erreicht", sagt Georg Genck als letzter Ge schäftsführer der Firma Vordemfelde & Genck, " Anfuhr und Abfuhr der sperrigen Büromöbel war auf dem beengten Grundstück einfach nicht mehr darzustellen." Die Firma zog 1971 in einen Neubau an der Hannoverschen Straße im Fledder. Zwanzig Jahre später verkaufte Genck sein Unternehmen an Josef Spiegelburg, der es mit seinem eigenen Büroartikelhaus und Firma E. A. Scherz verschmolz.

Angefangen hatte alles 1914. Georg Gencks Großvater Karl Vordemfelde begann in Melle-Westerhausen mit der Herstellung von Möbeln. Bald spezialisierte er sich auf Büroausstattungen. Es bot sich an, Möbel und Maschine aus einer Hand zu liefern. Deshalb tat er sich 1925 mit dem Büromaschinen-Händler Scherz zusammen. Das Gemeinschaftsunternehmen Vordemfelde & Scherz etablierte sich zunächst an der Johannisstraße und zog 1935 an die Georgstraße.

Als Reisender in Sachen Büromaschinen ging Wilhelm Genck in der Firma ein und aus. Er vertrat " neuzeitliche Buchungsmaschinen", die tatsächlich richtige Maschinen mit viel ratternder Mechanik im Gehäuse waren, und Schreibmaschinen der Marke " Triumph". Das " Modell 10" galt damals als eine der besten Schreibmaschinen der Welt. Wilhelm Genck gewann über seine gut eingeführten Vertretungen nicht nur das Vertrauen der Firmenchefs, sondern auch die Gunst von Vordemfeldes Tochter Charlotte. Die beiden wurden ein Paar. Schwiegersohn Wilhelm Genck trat in die Firma ein und stieg 1934 zum Mit-Geschäftsführer auf. Kompagnon Scherz war mit dieser Konstellation nicht einverstanden und trennte sich 1938 von Karl Vordemfelde. Die Firma bekam den neuen Namen Vordemfelde & Genck.

Palmsonntag 1945 fielen eine Spreng- und 28 Brandbomben auf das Haus. Die Sprengbombe schlug durch bis in den Keller, explodierte aber nicht. " Ich kann mich an den Einschlag noch genau erinnern. Durch die Erschütterung fiel ich aus dem Bett im Luftschutzraum im Keller nebenan", erzählt Georg Genck, der sein Überleben der Tatsache verdankt, dass die Bombe als Blindgänger in der Kellerdecke stecken blieb. Das Haus Georgstraße 7/ 9 wurde beschädigt, aber nicht zerstört. Einige Tage später kam der Ortsgruppenleiter, um die Schäden zu besichtigen. In der noch intakten Wohnung Genck stellte er fest, dass nirgendwo ein Hitler-Bild an der Wand hing. " Er verlangte von meiner Mutter, dass sie schnellstens ein Bild des Führers aufhängt", weiß Georg Genck noch. Doch Charlotte Genck blieb standhaft. " Solange dieses Haus steht, kommt hier kein Adolf an die Wand", habe sie geantwortet. Mit einer Drohung entfernte sich der NSDAP-Mann, um ein paar Stunden später mit einem Trupp Hitler-Jungen zurückzukehren. Diese sprengten das Haus bis auf die Grundmauern, weil es angeblich einsturzgefährdet sei, was aber nicht der Wahrheit entsprach.

1948 ließ Charlotte Genck das zuvor viergeschossige Haus mit zunächst zwei Stockwerken wiederaufbauen. Bis 1971 verkaufte die Firma Vordemfelde & Genck hier Büromaschinen, - möbel und - bedarf. " Denk an Genck" lautete der auch an der Fassade verewigte Werbespruch. Nach dem Fortzug der Firma in den Fledder vermietete Frau Genck das Haus unter anderem an die Anwaltskanzlei Mohrbutter, die es 1999 zusammen mit Optiker Krause käuflich erwarb. Hauptmieter im Erdgeschoss ist neben dem Optik- und Akustikgeschäft Krause seit 2007 das gut angenommene Café " Cup & Cino", für das Eigentümer Harro Mohrbutter eigens einen über der Hase schwebenden Wintergarten anbauen ließ.
Bildtexte:
Blaue Stunde: Farbenfreudig pries Vordemfelde & Genck an der Georgstraße 7/ 9 1965 sein Sortiment an. Vorne links ist noch das Vorkriegs-Brüstungsgeländer der Hasebrücke vor der Verbreiterung zu erkennen.
Das Eckhaus hat sich zu einem beliebten Café-Standort entwickelt.
Fotos:
Hartmut Strenger, aus: Fotokalender 2013 des Museums Industriekultur, Elvira Parto
Autor:
Joachim Dierks


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