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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Getarnter Mord in der Kinderfachabteilung
Zwischenüberschrift:
Henning Müller durfte nur vier Jahre alt werden – Nationalsozialistische Ärzte beschlossen seinen Tod
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Als Henning Müller am 15. April 1945 gestorben war, gaben seine Ärzte als Ursache einen " Dickdarmkatarrh" an. Ob seine Eltern Oskar und Henny Müller ihnen geglaubt haben? Erst zwei Wochen zuvor war ihr vier Jahre alter Sohn in die Landes-Heil- und - Pflegeanstalt Lüneburg gekommen. Kurze Zeit später beschlossen nationalsozialistische Ärzte seinen Tod. Jetzt erinnert ein Stolperstein an den Jungen mit Behinderungen.

Fast sieben Jahrzehnte trauern Schüler der Horst-Koesling-Schule der heilpädagogischen Hilfe über das Schicksal von Henning Müller. Sie hatten im Unterricht von ihm erfahren. Zur Stolpersteinverlegung brachten sie bunt blühende Gerbera mit. Ernst standen sie vor dem Zaun des Hauses an der Caprivistraße 12 dort, wo Henning Müller mit seinen Eltern gelebt hatte.

Dass er " mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" ermordet worden ist, ergaben die Recherchen für den Initiativkreis Stolpersteine. Danach besteht kein Zweifel daran, dass Henning Müller Opfer der sogenannten " Kinder-Aktion" geworden ist. Wie der Historiker Raimond Reiter feststellte, helfen Formulierungen in den Akten bei der Spurensuche. Im Fall von Henning Müller schrieben Ärzte, er sei " vollkommen idiotisch" und ein " sehr tiefstehendes Kind".

In Lüneburg erinnert eine Gedenkstätte an die Kinderfachabteilung, eine getarnten Tötungsanstalt, in der während des Zweiten Weltkrieges 350 Kinder von Tausenden in ganz Deutschland ermordet wurden. Es galt die " Tötungsermächtigung" von Adolf Hitler. Ärzte sollten selbst über Leben und Tod entscheiden. Ihre Tatwaffen waren meist Medikamente: Luminal und Morphium.

Die Ärzte sollten Kinder mit geistigen und körperlichen Behinderungen aussortieren und sie in " lebenswert" oder " unwert" unterteilen. Gleich nach der Einweisung waren sie ihren Begutachtern ausgeliefert. So wurden auch kleine Kinder zu Opfern des Rassenwahns. Hitler hatte bereits Jahre vor seiner Machtergreifung 1933 gefordert, " Schwache" müssten getötet werden.

Als der Stolperstein für Henning Müller verlegt war, steckten die Horst-Koesling-Schüler die bunten Gerbera in die Hecke vor dem Haus. Und sie wollen wieder herkommen, um die Messingplatte auf dem Gedenkstein blitzblank zu halten.
Bildtext:
Caprivistraße 12: Hier lebte Henning Müller mit seinen Eltern Oskar und Henny. 1945 wurde er in die Landes-Heil- und - Pflegeanstalt Lüneburg eingewiesen. Nach zwei Wochen ermordeten Ärzte ihn wegen seiner geistigen Behinderung.
Foto:
Elvira Parton

Stolpersteine
Messingplatten in Gehwegen erinnern an Opfer des Nationalsozialismus. Der Kölner Künstler Gunter Demnig ist Initiator des Projekts, an dem sich europaweit Kommunen beteiligen. Bei der Verlegung in Osnabrück unterstützten ihn Berufsschüler vom Westerberg: Manuel Hellermann, Sven-Uwe Kerckhoff, Marcel Nordhoff und Timo Rosenbusch. Patin des Gedenksteins für Henning Müller ist die Horst-Koesling-Schule (Heilpädagogische Hilfe). Hinweise über Opfer des NS-Regimes nimmt das Büro für Friedenskultur unter der Telefonnummer 05 41/ 3 23-22 87 entgegen.
Autor:
Jann Weber


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