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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Schnell entschärft
 
Ein Bombenzünder gesprengt
Zwischenüberschrift:
Bombenräumung am Schölerberg
 
Entschärfungsaktion am Schölerberg – Probleme bei der Evakuierung
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück. Nach nur anderthalb Stunden waren gestern am Osnabrücker Schölerberg zwei Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft. Uneinsichtige Bewohner, die ihre Wohnungen nicht verlassen wollten, hatten zuvor die Aktion verzögert. Das Gebiet wurde später evakuiert als geplant. 15 000 Osnabrücker waren betroffen. Gegen 15.35 Uhr gab der Kampfmittelräumdienst Entwarnung auch für die insgesamt 520 Einsatzkräfte. In den vergangenen zwölf Jahren wurden in Osnabrück mehr als 100 Bomben entschärft.

Osnabrück. Als Sprengmeister Hans Mohr am Sonntagnachmittag gegen 16 Uhr der Presse die beiden amerikanischen Fünf-Zentner-Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg auf der Ameldungstraße präsentierte, waren seine Gesichtszüge von einem zufriedenen Lächeln geprägt. Da die Blindgänger keine Langzeitzünder besaßen, konnten sie innerhalb kurzer Zeit entschärft werden. 15 000 Osnabrücker waren wegen der Bombenräumung für insgesamt sechs Stunden evakuiert worden.

520 Frauen und Männer der Polizei, der Feuerwehr, der Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks (THW), der Stadtwerke und der Stadtverwaltung waren am Sonntag im Dienst. Sie kümmerten sich um die Evakuierten und darum, dass die Osnabrücker sich auch tatsächlich evakuieren ließen.

Ab 10 Uhr gingen " Klingeltrupps" durch den Stadtteil Schölerberg und schauten in die Häuser, ob sie dort noch jemand antreffen. Eine Frau an der Jellinghausstraße weigerte sich hartnäckig, ihre Wohnung zu verlassen. Die Polizei hielt ihr vor, sie müsse den Schlüsseldienst bezahlen, falls der anrücken muss. Darauf reagierte sie nicht. Ein Polizist stieg eine Leiter hoch und " fensterlte" bei der Dame. Er versuchte, ihr ins Gewissen zu reden. Das nützte aber nichts. Sie wolle ihren Kaffee trinken, eine Zigarette rauchen und duschen, rief sie aus dem Fenster herab und machte es sich auf ihrem Balkon gemütlich. Da sie ihr Fenster aber nicht schloss, konnten der Polizeibeamte und ein Feuerwehrmann in die Wohnung klettern. Die Frau wurde anschließend ins Evakuierungszentrum in der Gesamtschule Schinkel (GSS) gebracht.

Polizeisprecher Georg Linke erklärte, dass eine Zwangsräumung eine polizeiliche Maßnahme nach dem niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei und somit eine Rechtsgrundlage besitzt.

Sprengmeister Hans Mohr hatte am Vormittag die Hoffnung geäußert, dass um 13 Uhr " Sicherheit" gegeben werden könne, dass also das Evakuierungsgebiet geräumt sei und mit der Entschärfung begonnen werden kann. Die Hoffnung erfüllte sich nicht.

Die " Klingeltrupps" entdecken noch immer Menschen in Wohnungen oder auf der Straße. Eine ältere Dame wartete zum Beispiel auf der Meller Straße. Sie erzählte einem Motorradpolizisten, ihr Schwiegersohn habe sie abholen wollen. Die Polizei kümmerte sich ebenso um die Dame wie um eine Joggerin, die seelenruhig durch die menschenleere und autofreie Meller Straße lief. Sie verstand kaum Deutsch und wusste nichts von der Evakuierung.

Jürgen Wiethäuper vom Ordnungsamt sagte, dies werde immer ein Problem bleiben. Auf den Handzetteln, die in den von den Evakuierungen betroffenen Stadtteilen verteilt werden, würde zwar darauf hingewiesen, auch Nachbarn zu informieren. Das geschehe aber nicht immer.

Da sich die Evakuierung des Schölerbergs verzögerte, konnte Hans Mohr erst gegen 14 Uhr mit seiner gefährlichen Arbeit beginnen. Im Evakuierungszentrum vergnügte sich derweil die zweijährige Emma mit einem Bobby Car. Ihre Mutter Carina Kohnen lobte die Arbeit der Einsatzkräfte vor Ort. " Alles läuft reibungslos ab", sagte sie.

Insgesamt 101 Helfer von der Feuerwehr, dem ASB, den Maltesern, dem DRK, den Johannitern, dem THW und dem Freien Krankentransport waren in der GSS im Einsatz. " Sie stellen von der Küche über das Feldbett bis zum Krankentransport das ganze Programm", so Michael Heinze, Leiter des Evakuierungszentrums. Die Helfer verteilten auch kostenlos Erbsensuppe und Getränke an etwa 200 Menschen.

Vernichtung in Munster

Um 16 Uhr konnten die Schölerberger schließlich in ihre Wohnungen zurückkehren. Die beiden mit TNT gefüllten Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg, die an der Hecker- und der Ameldung straße gefunden wurden, waren auf eine Euro-Palette geladen und warteten auf ihren Abtransport nach Munster, wo sie vernichtet werden.

Der 48-jährige Hans Mohr sagte, die mechanischen Zünder hätten sich relativ leicht entfernen lassen. Nur bei der in zwei Teile zerfallenen Bombe von der Ameldungstraße musste ein Zünder in fünf Meter Tiefe gesprengt werden, weil er nicht von Hand herausgedreht werden konnte. Immerhin seien es keine Langzeitzünder gewesen. Die hätten mit Hochdruckwasserstrahl entfernt werden müssen.

Hans Mohr glaubt, dass er bald wieder in Osnabrück tätig sein wird. " Die Stadt war schon immer ein Industriestandort und somit ein begehrtes Ziel für die Alliierten", sagte er. Für die Kampfmittelbeseitigung ist jedoch die Stadt zuständig. Seit dem Jahr 2000 werden die Blindgänger durch Luftbildauswertungen gefunden. " In den vergangenen zwölf Jahren haben wir über 100 Bomben entschärft", sagte Jürgen Wiethäuper. Routine stelle sich jedoch nicht ein, da jedes Mal etwas Neues geschehe.
Bildtexte:
Ein begehrtes Fotomotiv: die entschärften Bomben.
Dieser älteren Dame half ein Polizeibeamter bei der Evakuierung.
" Fensterln" mussten Polizei und Feuerwehr, um eine Frau zum Verlassen ihrer Wohnung zu bewegen.
Fotos:
Klaus Lindemann
Autor:
Thomas Wübker


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