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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Erinnerung an ein großartiges Bauwerk
Zwischenüberschrift:
Modelle der Alten Synagoge sollen zum 75. Jahrestag der Pogromnacht fertiggestellt werden
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Das Bild der durch Feuer zerstörten Synagoge und des davor versammelten Pöbels soll nie vergessen werden. Und doch wünscht Aloys Lögering, Leiter des Projekts " Judentum begreifen", dass auch die Erinnerung an die architektonische Schönheit des Bauwerks erhalten bleibt, das am 9. November 1938 von Nationalsozialisten in Brand gesetzt wurde. Auf seine Initiative wird daher gerade an einem Modell der Alten Synagoge gearbeitet, das im kommenden Jahr wenn sich die Reichspogromnacht zum 75. Mal jährt die Dauerausstellung " Geschichte der Juden in Osnabrück" ergänzen soll.

" Nein, das war so kupfern. Und hier oben, da würde ich eine etwas dunklere Farbe vorschlagen." Ewald Aul sieht sich das Holzmodell, das in einem kühlen Keller irgendwo in Hasbergen steht, durch dicke Brillengläser an. " Und hier hinten, das Dach? Welche Farbe hatte das?"

Aul presst die Lippen zusammen, grübelt und brummt. " Ich will nicht etwas sagen, was ich nicht weiß. Ich war damals zwölf Jahre alt."

Ewald Aul, Jahrgang 1926, besuchte damals die jüdische Schule, die an die Alte Synagoge grenzte. Als 15-Jähriger wurde er ins Getto Riga, später ins KZ Stutthof deportiert. Doch er überlebte und kam im September 1945 nach Osnabrück zurück, wo er wie er sagt – " nicht gerade mit offenen Armen empfangen wurde". Aber er hatte ein Ziel: " Ich wollte, dass es wieder jüdisches Leben in Osnabrück gibt. Und das ist mir gelungen."

Der Mann, der Ewald Aul nach dem Dach gefragt hat, heißt Paul Hahn. In seinem Keller in Hasbergen hat der Modellbauer schon mehrfach den Dom und die Katharinenkirche gebaut, als Modell oder auch als Seifenkiste. Die Alte Synagoge als aufklappbares Modell ist eine knifflige Aufgabe.

Nussbaum als Vorlage

Denn als Vorlage muss er sich vor allem auf Schwarz-Weiß-Aufnahmen verlassen. Die Farben kann er nur erahnen oder bei einem Zeitzeugen wie Ewald Aul erfragen. " Das Dach soll grüne Pfannen gehabt haben und schon von Weitem sichtbar gewesen sein", sagt Hahn. " Und im Innern", er zeigt Aul ein Bild, " hat es da einen Teppich gegeben?" Aul lacht. " Na, Sie wollen es aber ganz genau wissen. Machen Sie mal einen Läufer dahin, das wird schon stimmen."

Das Bild, über das die beiden sprechen, trägt den Namen " Die beiden Juden/ Inneres der Synagoge in Osnabrück" ein Gemälde von Felix Nussbaum und, so Aul, " ein sehr, sehr gutes Bild". Und eine weitere Hilfe für die Konstruktion der Synagoge liegt Paul Hahn vor: ein Grundriss. Den hat Silke Grade 2006 im Staatsarchiv gefunden. " Der lag in einer ganz anderen Akte", sagt die Doktorandin im Fach Kunstgeschichte an der Uni Osnabrück.

Gerade erst hat sie im Heimatjahrbuch 2013 des Landkreises Osnabrück einen längeren Artikel über die Synagoge veröffentlicht. " Mit dem Modell wollen wir die Leistung der jüdischen Bevölkerung im 19. Jahrhundert und ihre Emanzipation hier in Osnabrück würdigen", erläutert Silke Grade. " Die nächste Generation soll sich an die großartige Kultur erinnern, die die Juden in Deutschland geschaffen haben", ergänzt Aloys Lögering, Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Osnabrück und Leiter des Projekts " Judentum begreifen".

Neben dem Modell der Alten Synagoge im Maßstab 1: 50 soll ein kleineres Modell der jüdischen Schule und der Synagoge an der Rolandstraße entstehen.

Berufsschüler sollen zudem ein eigenes Modell der Alten Synagoge anfertigen, das zur Aufklärung in Schulen eingesetzt werden kann. Die Modelle sollen in der neuen Synagoge In der Barlage zu sehen sein.
Bildtexte:
Arbeiten gemeinsam an einem Modell der Alten Synagoge: Zeitzeuge Ewald Aul, Aloys Lögering von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Doktorandin Silke Grade und Modellbauer Paul Hahn.
Das Bild " Die beiden Juden" des Osnabrücker Malers Felix Nussbaum dient dem Modellbauer Paul Hahn heute als Vorlage.
1906 eingeweiht, 1938 schon wieder zerstört: die Alte Synagoge an der Rolandstraße in Osnabrück.
Foto:
Elvira Parton, VG Bild-Kunst, Bonn, Spratte/ privat

Die Alte Synagoge
Nachdem in den vier Jahrhunderten vor 1800 gar keine Juden in Osnabrück gelebt hatten, war das 19. Jahrhundert geprägt von einem Auf und Ab jüdischen Lebens. Juden siedelten sich erst nach der Französischen Revolution in Osnabrück an, als die Stadt von 1803 bis 1813 an Frankreich fiel einen Staat, in dem Juden das volle Bürgerrecht genossen. Als Osnabrück 1815 wieder zu " Kurhannover" gehörte, wurden ihnen diese Rechte jedoch wieder entzogen. Nur langsam verbesserte sich die rechtliche Situation der Juden in Osnabrück, erst durch das " Judenedikt", später durch das " Judengesetz". Eine völlige Gleichstellung erfolgte erst durch die Emanzipationsgesetze von 1867 und 1869.
Antijüdische Gesinnung war jedoch weiter verbreitet. Dennoch stieg die Zahl der Juden in Osnabrück: 1871 lebten hier 138. 1872 kaufte die Gemeinde ein Gebäude am Barfüßerkloster 6/ 7, das sie als Synagoge und Schule nutzte. Bald wurde es hier jedoch zu eng. 1904 damals lebten rund 450 Juden in Osnabrück begann die Planung eines Synagogenneubaus.
Als die Synagoge an der Rolandstraße am 13. September 1906 fertiggestellt wurde, jubelte die " Osnabrücker Volkszeitung": " Der herrliche Bau kann nicht nur ihr [der Gemeinde] zu hohen Freuden gereichen, sondern auch der Stadt zur Zierde." Und Stadtsyndikus Max Reimerdes gab damals " der Freude der städtischen Kollegien Ausdruck, dass es gelungen sei, dieses Gotteshaus zu schaffen; die Stadt sei bereit, es unter ihren Schutz zu stellen."
Am 9. November 1938, nur 32 Jahre später, ist die Synagoge während der Pogromnacht zerstört worden.
Auf dem Gelände entstand der Erweiterungsbau des Regierungsgebäudes.
Quelle: Silke Grade: Die Synagoge an der Rolandstraße, Heimatjahrbuch 2013 Osnabrücker Land
Autor:
Cornelia Achenbach
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