User Online: 2 | Timeout: 03:01Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Illegal mit Blaulicht durch Osnabrück
 
Illegal mit Blaulicht durch die Stadt
Zwischenüberschrift:
"Das war lebensgefährlich" – Blut-Transporteure hatten keine Lizenz zum Rasen
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Ein auf den Transport von Blutkonserven spezialisiertes Unternehmen hat seine Mitarbeiter unerlaubt mit Blaulicht und Sirene durch Osnabrück geschickt. Das wurde jetzt durch die Nachfrage eines früheren Mitarbeiters bei der Stadtverwaltung bekannt. Das Unternehmen ist inzwischen pleite und aufgelöst. Nach Angaben des Ex-Mitarbeiters stellten die Kurierfahrer mobile Magnet-Blaulichter auf das Dach des Zivilfahrzeugs und gaben Gas. Selbst Fahranfängern seien solche Alarmfahrten erlaubt worden. " Das war oft lebensgefährlich", sagte der Mann. Wie die Stadtverwaltung bestätigt, hätte es für den Einsatz von Blaulicht und Sirene einer Ausnahmegenehmigung durch die Stadt Osnabrück bedurft. Geprüft wird jetzt, ob nachträglich Strafzettel ausgestellt werden müssen.

Osnabrück. Wenn es schnell gehen musste, haben Mitarbeiter eines Osnabrücker Medizin-Transportunternehmens ein mobiles Blaulicht aufs Autodach gestellt und Gas gegeben. Das war illegal und, wie ein Mitarbeiter berichtet, oft lebensgefährlich.

Das Wichtigste vorab: Die illegalen Blaulichtfahrten gibt es nicht mehr. Das Unternehmen Medic One mit Hauptsitz in Münster hat Ende 2014 Insolvenz beantragt und ist inzwischen aufgelöst.

Ein Kerngeschäft der Osnabrücker Niederlassung von Medic One im Hasepark war der Transport von Blutkonserven im Auftrage von Krankenhausbetreibern in der Region. In Notfällen musste es natürlich schnell gehen, und dafür verfügten die zivilen Fahrzeuge über Magnetblaulichter, wie sie jeder Krimifreund aus dem " Tatort" kennt. Nur: Für deren Einsatz hatte das Unternehmen keine Erlaubnis.

" Das war manchmal lebensgefährlich", sagte ein früherer Mitarbeiter. Er selbst sei in den wenigen Monaten seiner Dienstzeit " mehrfach in der Woche" über rote Ampeln und durch Radarkontrollen gebrettert oder mit über 100 Sachen über die Iburger Straße gerast. Die Alarmfahrten habe er als " unheimlichen Stress" empfunden, zumal die silbernen VW Golf nicht mit Freisprecheinrichtungen ausgerüstet waren. Das bedeutete meist: " Vollgas geben, und in der rechten Hand das Handy", so der frühere Mitarbeiter.

Eine Unterweisung für die Fahrt mit Blaulicht und Sirene habe es nicht gegeben. Selbst Anfängern, die erst kurze Zeit in Besitz des Führerscheins waren, habe der Arbeitgeber die Alarmfahrten erlaubt. " Für einige war das ein Highlight", sagt der Mann.

Besorgt wandte sich der Ex-Mitarbeiter im April 2014 an die Stadtverwaltung und fragte nach: Darf die Firma überhaupt ihre Zivilfahrzeuge mit Tatütata durch die Stadt schicken? Zugleich erstattete er Anzeige. Nach zunächst ausweichenden Auskünften der Ordnungsbehörde erhielt er jetzt schriftlich eine klare Antwort von der Fachbereichsleiterin für Bürger und Ordnung, Sandra Solf: Nein, das Unternehmen durfte das nicht. Dafür hätte es einer Ausnahmegenehmigung nach Paragraf 70 der Straßenverkehrszulassungsordnung bedurft, teilte sie dem ehemaligen Alarm-Fahrer mit. Ein entsprechender Genehmigungsantrag der Firma lag der Stadt aber nie vor. Allein der Transport von Blutkonserven rechtfertige keine Ausnahmegenehmigung, denn dafür könnten " Rettungsfahrzeuge mit Sondersignal" eingesetzt werden. Für diese Aufgabe stehe zum Beispiel die Berufsfeuerwehr bereit.

Und die Strafzettel?

Wenn die Alarmfahrten illegal waren, stellt sich die Frage: Füllt die Stadt jetzt nachträglich Strafzettel aus? Die Alarmfahrer lösten nach eigenen Angaben massenhaft Blitzer aus, zum Beispiel stadteinwärts an der Iburger Straße (Höhe Marktkauf) oder an der Kreuzung Petersburger Wall/ Johannisstraße. Die Rotlicht- und Temposünder sind nicht belangt worden, weil die städtischen Mitarbeiter bei der Sichtung der Blitz-Bilder davon ausgegangen sind, dass es sich um zulässige Notfallfahrten handelte. " Der Sachverhalt wird geprüft", sagte Stadtsprecher Sven Jürgensen.

Medic One setzte in Osnabrück Autos mit Braunschweiger Kennzeichen ein. Der Hintergrund: Die Stadt Braunschweig hatte der Firma eine Blaulicht-Genehmigung ausgestellt, die bundesweit gilt. Das bedeutet, dass die Sirene nicht an der Stadtgrenze ausgestellt werden muss. Eine Blankovollmacht ist das aber nicht, denn das Gesetz verlangt nach Angaben der Stadt Osnabrück, dass eine Zulassung an jedem Firmensitz zu beantragen ist.

Medic One ist inzwischen von der Biekra übernommen worden, einem privaten Nofalldienst- und Krankentransport-Unternehmen in Bielefeld. In der Osnabrücker Niederlassung im Hasepark arbeiten vier Beschäftigte. Biekra verfügt nach Angaben von Geschäftsführer Karsten Geßner über keine zivilen Fahrzeuge. Blutkonserven würden mit Einsatzfahrzeugen transportiert. Die formalen Voraussetzungen werden nach seinen Angaben gerade mit der Stadt Osnabrück abgestimmt. " Die Papiere gehen heute noch raus", sagte Geßner am Donnerstag.

Video von einer Alarmfahrt auf der Iburger Straße: www.noz.de
Bildtext:
Mit Blaulicht und Sirene schießt der Fahrer eines privaten Transportunternehemen über die Iburger Straße in Osnabrück. An Bord hat er Blutkonserven. Diese Alarmfahrten waren illegal, wie sich jetzt herausstellte.
Quelle:
Youtube/ Sceenshot:
hin

Kommentar
Grob fahrlässig

Gut, dass nichts passiert ist. Wie laut wäre der Aufschrei wohl gewesen, wenn ein Kind überfahren worden wäre von einem Führerscheinneuling auf Alarmfahrt, der nie eine Unterweisung erhalten hatte und dessen Arbeitgeber nicht über die Tatütata-Genehmigung verfügte. Es ist unglaublich, dass es in unserem scheinbar so perfekt organisierten Gemeinwesen solche Nebelzonen gibt.

Der skeptische Mitarbeiter hat richtig gehandelt und die Stadtverwaltung frühzeitig informiert. Der zuständige Verwaltungsvorstand Frank Otte aber wiegelte damals ab und erklärte Osnabrück für nicht zuständig. Damit hat es sich die Ordnungsbehörde zu leicht gemacht, wie wir heute wissen. Aber auch die Inhaber und Geschäftsführer der inzwischen aufgelösten Firma handelten in höchstem Maße fahrlässig.

Wie gesagt: Gut, dass nichts passiert ist.
Autor:
Wilfried Hinrichs


Anfang der Liste Ende der Liste