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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Pack die Buche in den Tank
Zwischenüberschrift:
Holzgas-Demo-Lkw machte 1936 Station auf dem Osnabrücker Schillerplatz
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Die heutige " Zeitreise" verknüpft Automobil- und Stadtgeschichte. Ein Vorführ-Lkw für den Holzgasantrieb hat auf seiner Deutschland-Tour 1936 Station in Osnabrück gemacht. Er parkt im Breiten Gang vor dem Frisiersalon Herlitzius. Der geschlossen bebaute Schillerplatz mit seiner charakteristischen Rundbogen-Architektur bildet die Kulisse.

Es waren nicht etwa die Sorge um das Weltklima oder ein früh erwachtes Umweltbewusstsein, die die Ingenieure in den 1920er- und 1930er-Jahren veranlassten, einen Erneuerbare-Energie-Träger für den Automobilantrieb einzusetzen, sondern schlicht und einfach Rohstoff- und Devisenknappheit.

Die Alliierten hatten nach dem Ersten Weltkrieg von Deutschland 132 Milliarden Goldmark an Reparationen verlangt das entsprach 47 000 Tonnen reinem Gold und dieser Forderung mit der Besetzung des Ruhrgebiets Nachdruck verliehen. Da blieb fast nichts mehr an Devisen übrig, um Rohöl im Ausland kaufen zu können. Die Ölförderung im Inland reichte bei Weitem nicht aus, um den steigenden Bedarf zu decken, und die synthetische Benzinherstellung seit 1926 wurde in Leuna Braunkohle " verflüssigt" war nicht mehr als ein teurer Tropfen auf den heißen Stein.

In den 1920er-Jahren begannen mehrere deutsche Werkstätten, das schon länger bekannte Prinzip der Holzvergasung zur Anwendungsreife für den Automobilantrieb zu bringen, darunter auch die Firma Härdrich aus Duisburg. In einem Gasgenerator das ist auf dem Foto der stehende Zylinder auf der Beifahrerseite hinter dem Führerhaus wird Holz unter Luftmangel über glühender Holzkohle verschwelt. Dabei entstehen die Gase Kohlenmonoxid, Methan und Wasserstoff, die nach Reinigung und Kühlung in einem Kolbenmotor anstelle von Benzin oder Diesel verbrannt werden können. Als unerwünschte Nebenprodukte fallen Teer, Essigsäure und Stickstoff an daher brauchten Holzgas-Vehikel aufwendige Filter und viel Wartung. Allerhand Hähne, Hebel und Schalter mussten zur rechten Zeit flink bedient werden, wenn es vorangehen sollte. Ungefähr alle 100 Kilometer war eine Zwangspause fürs Nachfeuern fällig, und alle 1500 Kilometer eine Grundreinigung, für die man sich besser einen Blaumann anzog, wenn man den nicht sowieso schon trug.

Durch die schweren Apparaturen und den mitzuführenden Holzvorrat sank die Nutzlast der Autos beträchtlich. Drei Kilo Holz ergaben etwa so viel Energie wie ein Liter Benzin. Das speziell für die Vergasung getrocknete und auf richtige Größe gespaltene Holz, vorzugsweise Buchenholz, wurde als " Tankholz" bezeichnet und in Tankholzwerken produziert.

Während des Zweiten Weltkriegs mussten Benzin und Dieselöl vorrangig Flugzeuge, Panzer und U-Boote antreiben für den Straßenverkehr blieb kaum noch etwas übrig. Traktoren wurden ebenso flächendeckend umgerüstet wie Stadtbusse. 1945 sollen weltweit rund zwei Millionen Fahrzeuge mit Holzgasantrieb unterwegs gewesen sein, davon die Hälfte allein in Deutschland. In den 1950er-Jahren sind diese Gefährte aber praktisch vollständig verschwunden.

Der hier abgebildete Büssing-NAG-Lastkraftwagen wurde von der Firma Härdrich mit einem Holzgenerator ausgerüstet. Das mit " IY-" beginnende Kennzeichen gibt an, dass das Fahrzeug in Preußen/ Regierungsbezirk Düsseldorf zugelassen ist. Das Kennzeichnungssystem mit dem " I" für Preußen, " II" für Bayern und so weiter galt von 1906 bis 1945. 1906 wurden Kennzeichen reichsweit zur Pflicht erhoben, nachdem Fahrerfluchten im Schutze der Anonymität überhandgenommen hatten. Im gleichen Atemzug erklärte der Bundesrat auch das Rechtsfahren mit Linksüberholen im ganzen Deutschen Reich für allgemein verbindlich.

Auf dem historischen Bild ist ein Teil der geschlossenen Umbauung des Schillerplatzes zu erkennen. Platz und Straße erhielten den Namen zum 100. Geburtstag Schillers im Jahr 1859. Das war vier Jahre nach der Eröffnung des Hannoverschen Bahnhofs, der kaum 200 Meter entfernt lag. Der Schillerplatz wurde zur Drehscheibe des ersten Bahnhofsviertels, das sich um ihn herum entwickelte, mit der Eröffnung des neuen Hauptbahnhofs 1895 aber seine Bedeutung verlor.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beherrschte der Rundbogenstil die Mehrzahl der Gebäude am Schillerplatz. So auch den Block Schillerstraße 26, auf dem Foto oberhalb des Lkw, in dem in den 1930er-Jahren das Finanzamt Osnabrück-Land residierte. Gebaut wurde es als " Reisehotel Walther". Als nach 1895 die Bahnhofsnähe entfiel, wurde der Hotelstandort kritisch. Eigentümer und Name wechselten mehrfach. Um 1904 hieß das Hotel " Burghof", danach " Dortmunder Hof", bevor dann die Reichsfinanzverwaltung übernahm.
Bildtexte:
Ein Vorführ-Lkw für Holzgas-Antrieb parkt im Breiten Gang, der hinter dem Lkw in den Schillerplatz einmündet. Die beiden Automobile links befahren die Keuzung Goethestraße/ Schillerstraße/ Wittekindstraße. Oberhalb des Lkw sieht man die Rundbogen-Fenster des Finanzamts Osnabrück-Land und am rechten Bildrand den Treppenaufgang zum Hotel Schaumburg.
Der heutige Berliner Platz hat noch nicht seine endgültige architektonische Hochform erreicht.
Foto:
Hans Dierks, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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