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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Klitschko: Kampf gegen die Korruption
 
Klitschko unterschreibt ohne Störungen
 
Ukraine-Politik spaltet auch in Osnabrück
Zwischenüberschrift:
Bürgermeister von Kiew beim Osnabrücker Friedensgespräch
 
Eintrag ins Goldene Buch – Verhaltene Proteste vor Rathaus und Osnabrück-Halle
 
Beim Friedensgespräch mit Vitali Klitschko ging es auch um den Kampf gegen die Korruption
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Den Kampf gegen die Korruption hat Vitali Klitschko im Osnabrücker Friedensgespräch als wichtigstes Reformvorhaben in der Ukraine bezeichnet.
Vor mehr als 1100 Zuhörern in der Osnabrück-Halle erhob der Bürgermeister von Kiew schwere Vorwürfe gegen Russland. Moskau müsse endlich begreifen, dass die territoriale Integrität der Ukraine unantastbar sei. Mit seiner Einmischung in der Ostukraine versuche der Nachbar Reformen und demokratischen Prozesse in der Ukraine zu stoppen, weil sie eine direkte Bedrohung für seine Diktatur seien.
Hans-Gert Pöttering (CDU), der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, forderte Russland auf, zu den freiheitlichen europäischen Maßstäben zurückzukehren. Der Journalist Reinhard Lauterbach bekundete, die Ukraine sei tief gespalten. Eine Wiederherstellung der Grenzen von 2013 halte er für sehr unwahrscheinlich.
Bildtext:
Vitali Klitschko sprach am Donnerstag in der Osnabrück-Halle.
Foto:
Michael Gründel

Osnabrück. Weniger Demonstranten als erwartet haben gestern Abend gegen den Auftritt Vitali Klitschkos in Osnabrück protestiert. Weder der Eintrag ins Goldene Buch im Rathaus, noch das Friedensgespräch in der Osnabrück-Halle wurden spürbar gestört.

Das Geplänkel vor dem eigentlichen Schlagabtausch kennt Vitali Klitschko aus seiner Zeit als Profiboxer zu genüge. Diesmal stellt er sich jedoch als Bürgermeister Kiews in der politischen Arena. Seine Gegner sind demnach keine muskelbepackten Hünen, sondern weniger als ein Dutzend Demonstranten. Diese werfen ihm vor, sich bei den Maidan-Protesten mit der rechtsextremen Swoboda-Partei verbündet zu haben, um den damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch zu stürzen.

Klitschko will Frieden

Der ehemalige Boxer ließ sich von den Anfeindungen gegen seine Person allerdings nicht aus der Ruhe bringen. Sein Mantra lautete: " Ich will den Frieden in die Ukraine zurückholen." Bereits im Friedensaal des Rathauses bemühte er sich darum, die Wogen zu glätten. " Wir müssen Kompromisse finden, um den Krieg zu beenden."

Vor dem Rathaus postierten sich gerade einmal zwei Demonstranten der " Vereinigung der Verfolgten des Nazi Regimes" (VVN). Deren Mitglied Helmut Schmitz erklärte, dass sich die Proteste hauptsächlich auf den Vorplatz der Osnabrück-Halle konzentrierten.

Und in der Tat: Die Aktion des Osnabrücker Künstlers Henning Heigl zog die Blicke vieler der gut 1100 Besucher des Friedensgesprächs auf sich. Heigl brachte an der Wasser-Stele links vor dem Eingang Transparente mit der Aufschrift " Odessa" an, um an das Massaker mit 48 Toten am 2. Mai vergangenen Jahres zu erinnern. " Wer mit Nazis paktiert, der will diesen Krieg", lautete eine Botschaft auf den wenigen Plakaten.

Ein Vorwurf, den er sich gefallen lassen muss. Zumal Klitschko, der auch Vorsitzender der prowestlichen ukrainischen Partei UDAR ist, im Vorfeld seines Osnabrück-Besuchs einen Pakt mit der Swoboda-Partei im Interview mit unserer Redaktion sogar einräumte: " Wir haben dort zusammen gegen das Regime von Janukowitsch gekämpft […]." Er machte aber zugleich klar: " Jetzt über irgendwelche Verabredungen zu reden ist sinnlos."

Die wenigen Demonstranten, die trotzdem gekommen waren, fühlten sich in ihrer Aktion bestärkt. " Klitschko - Du bist ein Kriegshetzer", war ebenfalls auf einem der Transparente vor der Osnabrück-Halle zu sehen.

Eine Osnabrücker Apotheke machte aus dem Trubel um den Auftritt Klitschkos in Osnabrück sogar einen Werbeslogan. Der lautet: " Wie haben es durchgeboxt! Bei uns kommt jeder ins goldene Buch."

Umstrittene Unterschrift: War es richtig, dass sich Vitali Klitschko ins Goldene Buch eintragen durfte? Diskutieren Sie mit auf www.noz.de/ os
Bildtexte:
Der ehemalige Profiboxer Vitali Klitschko ist jetzt amtierender Bürgermeister Kiews. Gestern trug er sich im Beisein des Oberbürgermeisters Wolfgang Griesert in das Goldene Buch der Stadt Osnabrück ein.
Die Asna-Apotheke an der Iburger Straße greift Klitschkos Besuch auf. Dort heißt es: " Wir haben es durchgeboxt! Bei uns kommt jeder Kunde ins goldene Buch."
Die Protestaktion des Osnabrücker Künstlers Henning Heigl vor der Osnabrück-Halle. " Klitschko, du bist ein Kriegshetzer", steht auf einem Plakat.
Fotos:
Michael Gründel, Jörn Martens

Kommentar
Ein Graben

Die Debatte um die politische Integrität Vitali Klitschkos macht deutlich, dass die Ukraine-Politik auch in die deutsche Zivilgesellschaft einen tiefen Graben reißt. Da haben die Osnabrücker Friedensgespräche also einen Nerv getroffen. Alle, die am Donnerstagabend zuhörten, hatten die Chance, ihr Bild vom Ukraine-Konflikt zu überprüfen und vielleicht auch zu korrigieren.

Aber nicht alle ließen sich darauf ein. Für das kleine Clübchen politischer Aktivisten, das aus teilweise nachvollziehbaren Gründen eine russlandfreundlichere Sicht des Ukraine-Konflikts einfordert, ist und bleibt Klitschko ein Faschistenfreund. Im Weltbild dieser Menschen zettelt die Nato den nächsten Krieg an, während allein Russland friedliche Absichten verfolgt. Wenn sich aus dem Friedensgespräch eine Lehre ziehen lässt, dann die: kritisch zu sein gegenüber allen, die so einfache Lösungen anbieten.

Osnabrück. War der Machtwechsel in der Ukraine ein demokratischer Prozess oder ein faschistischer Putsch? In dieser Frage gab es keine Annäherung im Osnabrücker Friedensgespräch am Donnerstagabend, dessen prominentester Gast der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko war.

Mehr als 1100 Zuhörer verfolgten die Diskussion zwischen Klitschko, dem ehemaligen Europaparlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering (CDU) und dem auf Osteuropa spezialisierten Journalisten Reinhard Lauterbach. Schon bald war offensichtlich, dass nicht nur die Ukraine, wie der Titel der Veranstaltung nahelegte, eine Zerreißprobe erlebt, sondern dass auch ein Spalt durch das Publikum ging. " Immer wieder kritisierten Zwischenrufer die russlandkritischen Ausführungen von Klitschko und Pöttering, denen eine Mehrheit der Anwesenden aber Beifall spendete.

Reinhold Mokrosch, Theologieprofessor im Ruhestand und Moderator des Friedensgesprächs, musste hartnäckig nachhaken, um dem ehemaligen Profiboxer Vitali Klitschko konkrete Aussagen über die Notwendigkeit von Reformen zu entlocken. Der Krieg bedrohe nicht nur die Ukraine, sondern ganz Europa. Mit seiner Destabilisierungspolitik wolle Russland Reformen und demokratische Prozesse stoppen, um nicht die eigenen Machtstrukturen zu gefährden, führte Klitschko aus. " Unsere erste Priorität haben demokratische Reformen und der Wiederaufbau", erklärte der Bürgermeister von Kiew und räumte später ein, dass der Kampf gegen die Korruption zu den größten Herausforderungen der ukrainischen Politik gehöre. Mit Geld könne man alles kaufen auch Richter, Polizisten und Ärzte. Ein System, das sich in 50 Jahren entwickelt habe, könne nur mit aller Entschlossenheit von solchen Machenschaften befreit werden. Die Stadt Kiew wolle Vorreiter für die ganze Ukraine im Kampf gegen die Korruption sein.

Weniger offensiv gab sich Klitschko auf die Frage nach einer föderalen Struktur für die Ukraine, wie sie der Diskussionsteilnehmer Reinhard Lauterbach angesprochen hatte. " Wir müssen den Regionen mehr Rechte geben", meinte der ehemalige Boxchampion, wandte sich aber gegen den Vorschlag, in einzelnen Provinzen Russisch als Amtssprache zuzulassen. Das könne nur Ukrainisch sein.

Gerade in der Sprache sieht der von den Klitschko-Gegnern unterstützte Journalist Reinhard Lauterbach eine gezielte Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung. Schon auf dem Maidan hätten sich rechtextreme Tendenzen zuerst an deren Ausgrenzung festgemacht. Was im Westen als proeuropäischer Aufstand der Zivilgesellschaft wahrgenommen worden sei, habe sich schnell nationalistisch aufgeladen. Auch westliche Politiker hätten sich bei ihren Besuchen in Kiew mit russlandfeindlichen Parolen an dieser Ausgrenzung beteiligt.

Lauterbach bezeichnete die Forderung nach territorialer Integrität als politische Rhetorik. De facto sei die Ukraine tief gespalten, und die Wiederherstellung der Grenzen von 2013 sei aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlich. In dieser Situation sei der Föderalismus die einzige Lösung, um den Zusammenhalt der Ukraine zu gewährleisten. Es sei aber unabdingbar, die Rechte der russischsprachigen Bevölkerung zu respektieren.

Schlechtes Vorbild

In diesem Punkt war Lauterbach nicht weit entfernt von Pöttering, der sich ebenfalls für den Schutz von Minderheiten und die Bewahrung ihrer kulturellen Identität aussprach. Hier habe auch die ukrainische Politik Fehler gemacht, räumte er ein. Russland habe mit seiner militärischen und finanziellen Unterstützung der Separatisten das Vertrauen der europäischen Nachbarn erschüttert.

Putin habe aber immer noch die Chance zur Umkehr. Wenn er aber bei seiner Politik gegenüber der Ukraine bleibe, drohe sein Beispiel Schule zu machen etwa in Afrika, wo manche Politiker ebenfalls gern Grenzverläufe ändern würden. Doch damit könne ein ganzer Kontinent ins Chaos gestürzt werden.

Konflikt in Europa: Der Verlauf der Krise auf noz.de/ ukraine
Bildtext:
Land in der Zerreißprobe: Um die Politik in der Ukraine ghing es im Friedensgespräch mit Vitali Kiltschko.
Foto:
Michael Gründel
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert, Christian Ströhl


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