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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Stromtrassen: Bauern wollen Entschädigung
 
"Die Förderung von Biogasanlagen muss reduziert werden"
Zwischenüberschrift:
Bauernpräsident Joachim Rukwied warnt aber vor pauschaler Kritik an Maiskulturen
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück. Der seit fast 100 Tagen amtierende neue Bauernpräsident Joachim Rukwied warnt vor einem Scheitern der Energiewende, falls die Landwirte nicht angemessen für Stromtrassen entschädigt werden. In einem Interview unserer Zeitung sagte Rukwied: " Die Bauern haben ein Recht auf eine angemessene Bezahlung, wenn Stromtrassen über ihr Land gelegt werden." Die Energieversorger profitierten jedes Jahr mit mehr als neun Prozent Rendite für ihr investiertes Eigenkapital. Auch die Kommunen erhalten Rukwied zufolge pro Kilometer Trasse bis zu 40 000 Euro. " Da kann es ja wohl nicht sein, dass die Bauern mit Apfel und Ei entschädigt werden", sagte Rukwied.

Osnabrück. Der neue Bauernpräsident Joachim Rukwied fordert im Interview mit unserer Zeitung ein Umdenken bei der Förderung von Biogasanlagen. Diese müsse reduziert werden.
Herr Rukwied, 2011 sind mehr als 1700 Tonnen Antibiotika an Tierärzte in Deutschland abgegeben worden. Macht Ihnen die Zahl Sorgen?
Die Branche arbeitet an einer Antibiotika-Minimierungsstrategie. Seit April hat die Wirtschaft eine Antibiotika-Datenbank eingerichtet, die etwa 90 Prozent der Schweine- und 95 Prozent der Geflügelmast erfasst. Dieses Monitoring wird die einzelbetriebliche Beratung bestimmen. Außerdem dürfte klar sein, dass Tiergesundheit im Interesse aller Tierhalter liegt. Jeder ist bestrebt, über Haltungsformen und Stallhygiene den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren. Die 1700 Tonnen muss man zudem relativieren: Rund 70 Prozent davon sind Antibiotika älterer Herkunft . Bei lediglich zwölf Tonnen, das entspricht 0, 7 Prozent, handelt es sich um moderne Antibiotika. Diese werden übrigens zu 50 Prozent in der Humanmedizin verwandt. Außerdem verbieten sich Rückschlüsse, wie viele Antibiotika in die Nutztierhaltung gegangen sind. Wir haben nämlich einige Millionen Hunde, Katzen und Pferde. Diese Tiere erhalten schließlich auch Antibiotika.
Was halten Sie von der geplanten zentralen Datenbank zur Erfassung der Antibiotika-Behandlung?
Die Arzneimittelgesetz-Veränderung wird die Tierhalter unweigerlich mit zusätzlicher Bürokratie und Kosten belasten. Dabei sind die Tierhalter in Deutschland sowieso schon seit zehn Jahren verpflichtet, jede Arzneimittel-Anwendung am Lebensmittel liefernden Tier fein säuberlich zu dokumentieren. Und die Veterinärbehörden haben jederzeit Zugriff darauf.
Immer mehr Menschen in der Region Emsland, Vechta, Cloppenburg haben von den Riesenställen buchstäblich die Nase voll. Müsste der Bauernverband diesen Protest ernster nehmen?
Dieser Debatte stellen wir uns. Es gibt Überlegungen in der Branche, ein Tierwohl-Label zu kreieren. Um das auf den Weg zu bringen, müssen aber alle in der Branche zusammenarbeiten. Wir wollen auch verstärkt Hoftore öffnen und unsere Verbraucher darüber informieren, dass wir uns verantwortungsvoll und tiergerecht verhalten.
Entwicklungsminister Dirk Niebel fordert das
Aus für Biosprit E10.
Was halten Sie davon?
Bei der Biodiesel-Produktion auf Raps-Basis ebenso wie bei der Bioethanol-Herstellung durch Zuckerrüben werden außer Energie auch hochwertige Eiweiß-Futtermittel erzeugt. Beim Raps ist es der Rapskuchen. Mit Zuckerrüben erzielt man im Durchschnitt einen Ertrag von 3600 Liter Bioethanol pro Hektar und zugleich ein hochwertiges Eiweißfutter, das 1, 3 Hektar Sojafläche in Südamerika ersetzt. Das ist Energieproduktion für Teller, Tank und Trog. Die Forderung von Herrn Niebel ist somit zu korrigieren. Ursache für den Hunger ist nicht die Bioenergie-Produktion. Sie wird auf lediglich zwei Prozent der Welt-Agrarfläche betrieben. In Deutschland liegen wir bei einem Anteil von 18 Prozent Energiepflanzen an der Ackerfläche. Fast so viel haben wir bis vor wenigen Jahren stillgelegt. Das hat keine Auswirkungen auf die Lage in Ländern, wo Menschen hungern. Ursachen des Hungers dort sind vor allem mangelnde Demokratie und Rechtssicherheit, fehlende Bildung und ungleiche Verteilung von Bodenkapital aber nicht die Bioenergie.
Selbst Bauern ärgern sich über Biogasanlagen. Allein in Niedersachsen wird auf mehr als 600 000 Hektar Mais angebaut, fast ein Drittel der Ackerfläche. Kann das so weitergehen?
In diesem Jahr werden nur noch wenige Investitionen in Biogasanlagen getätigt. Dennoch muss sich etwas ändern; die Förderung von Biogasanlagen mit einer Leistung von mehr als 700 Kilowatt ist zu hoch und muss reduziert werden. Pauschale Kritik an Maiskulturen verbietet sich jedoch. Bundesweit werden zwar knapp 22 Prozent der Ackerfläche mit Mais bestellt. Aber diese Pflanze setzt Sonnenenergie am besten um und ist neben Reis und Weizen am wichtigsten für die Welternährung. Ohne Mais könnten wir Menschen und Tiere nicht ernähren. Mit Blick auf Deutschland sehe ich jedenfalls beim Mais keinen Grund zur Sorge. Anfang der 1990er-Jahre wurde in Deutschland auf rund zwei Millionen Hektar Mais angebaut, dieses Jahr sind es 2, 6 Millionen Hektar. Der Anstieg hält sich doch in Grenzen. Es wäre aus meiner Sicht fatal, die europäische Landwirtschaft bei der Bioenergie auszubremsen. Dann werden andere dies herstellen.
Besonders heikel für Bauern dürften die geplanten Stromtrassen etwa für Offshore-Energie werden. Was muss passieren?
Oberstes Ziel muss der Flächenschutz sein. Pro Tag werden rund 90 Hektar verbaut und versiegelt. Das ist nicht hinnehmbar. Der Nachhaltigkeitsrat hat das Ziel maximal 30 Hektar vorgegeben. Hier muss die Politik konkrete Gesetze beschließen, wie auch bei der Energiewende. Die Landwirte sind bereit, sie mitzutragen. Aber der naturschutzrechtliche Ausgleich für den Verlust von Flächen beim künftigen Ausbau der Stromnetze darf nur noch in Geld erfolgen, und zwar ohne, dass davon landwirtschaftliche Nutzflächen aufgekauft werden. Stattdessen sollten diese Mittel vorhandenen Naturschutzgebieten zugutekommen. Noch etwas muss klar sein: Die Bauern haben ein Recht auf eine angemessene Bezahlung, wenn Stromtrassen über ihr Land gelegt werden. Die Energieversorger profitieren jedes Jahr mit mehr als neun Prozent Rendite für ihr investiertes Eigenkapital. Auch die Kommunen erhalten pro Kilometer Trasse bis zu 40 000 Euro. Da kann es ja wohl nicht sein, dass die Bauern mit Apfel und Ei entschädigt werden, nämlich einmalig zehn Prozent des Grundstückswerts. Wir verlangen eine wiederkehrende Nutzungsvergütung. Betroffen sind ja im Übrigen nicht nur Bauern, sondern auch Nicht-Landwirte mit Pachtland. Die Politik tut sich keinen Gefallen, wenn sie bei dem Thema weiter mauert und die Interessen der Grundstückseigentümer nicht beachtet. Das wird scheitern, denn der Protest wächst.
Bildtext:
Joachim Rukwied
Foto:
dapd
Autor:
Klaus Jongebloed


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