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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Inhalt:
Überschrift:
Brand vernichtete das ganze Hab und Gut
 
Das Brummen der Bomber ging durch Mark und Bein
 
Die Schreie in der Stadt waren furchtbar
Artikel:
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Originaltext:
Heinz Ahlert (Jahrgang 1931) erlebt im Bunker an der Heinrichstraße das Inferno. Eine Brandbombe trifft das Wohnhaus der Familie.
Palmsonntag sollten wir Vierzehnjährigen feierlich in die Hitlerjugend übernommen werden. Die Verpflichtungsfeier sollte morgens um acht im Nationaltheater so hieß das Theater am Domhof damals beginnen. Extra so früh, weil fast jeden Tag Luftalarm war. Um 7 Uhr war Antreten in Uniform auf dem Ledenhof. Es war ein wunderschöner Sonntagmorgen. Wir sollten in geschlossener Formation zum Theater marschieren.
Da kamen wir aber nicht an, denn unterwegs gaben die Sirenen Voralarm. Alle sollten in den Redlinger-Bunker. Ich wollte aber lieber zu meiner Mutter. Deshalb entschlossen mein Freund und ich uns, zurück in Richtung unserer Wohnung zu laufen. In der Heinrichstraße war beim Tischler Tiemann ein kleiner Privatbunker. Da vermutete ich meine Mutter, was auch zutraf. Bevor wir dort ankamen, krachten schon die ersten Einschläge. Mit Mühe und Not erreichten wir unser Ziel.
Im Bunker hörten wir, dass Einschläge auch ganz nah waren. Es herrschte eine gespenstische Anspannung. Dann krachte es ganz fürchterlich, weil eine Bombe direkt vor dem Notausgang eingeschlagen war. Die Bretter, die den Notausgang abgesperrt hatten, flogen durch die Gegend. Die Frauen im Bunker schrien. Der Notausgang war verschüttet. Aber wir konnten durch den Haupteingang wieder raus. Wir sahen dann, dass das Vorderhaus der Tischlerei Brandbomben abbekommen hatte und brannte. Auch das Holzlager brannte, praktisch der ganze Hof stand in Flammen.
Wir liefen weiter zur Schlossstraße, wo wir unser Notquartier hatten, nachdem wir zuvor schon ausgebombt worden waren. Auch da stand alles in Flammen. Die Wohnung im Obergeschoss war nicht mehr zu erreichen, weil die Holztreppe brannte. Unsere gesamten Sachen sind oben verbrannt. Nur was im Keller war, das hab ich noch rausholen können. Ich war in dem Moment der Einzige, der sich um unsere Habseligkeiten kümmern konnte. Meine Mutter war noch im Bunker.
In dem Haus, wo wir einquartiert waren, befand sich auch die Drogerie Germelmann. Die hatten brennbare Flüssigkeiten im Keller gelagert, Waschbenzin und so etwas. Es war furchtbar heiß im Keller, und ich bekam Luftnot, habe aber noch alle unsere Sachen aus dem Kellerverschlag bergen können und in das kleine Gärtchen hinter dem Haus getragen. "

Udo Goedecke (Jahrgang 1931) schafft es als 13-Jähriger auf den letzten Drücker, den Luftschutzstollen an der Mozart straße zu erreichen. Vom Luftangriff ist der Westerberg weniger stark betroffen.
Palmsonntag war ich 13 Jahre alt. Meine Klassenkameraden waren fast alle auf Kinderlandverschickung. Ich nicht, weil mein Vater strikt dagegen war. Er wollte nicht, dass ich von den besonders linientreuen Lehrern dort indoktriniert würde.
Palmsonntag war ein schöner Vorfrühlingstag. Ganz früh, schon um kurz nach sechs Uhr, bin ich mit dem Fahrrad nach Bissendorf-Uphausen gefahren, wo wir am Eingang des Zittertals eine Bäuerin kannten. Sie war eine Patientin meines Vaters und uns daher gewogen. Sie hatte immer mal etwas Besonderes für uns. Meine Mission am Palmsonntag war, einen Korb voll Eier schon im Hinblick auf Ostern abzuholen. Der Rückweg dauerte länger, weil ich ja eine heikle Ladung zu transportieren hatte. Als ich beim Gasthaus Zur Spitze in Voxtrup war, gab es Voralarm. Das war so weit noch nicht besorgniserregend, man war ja abgehärtet und hatte es oft genug erlebt. Nur war mir jetzt klar, dass ich direkt zum Luftschutzstollen an der Mozartstraße fahren sollte.
Die Fahrbahn der Meller Straße hatte viele Einschlagtrichter von vorhergehenden Angriffen, die noch nicht beseitigt waren. Stahlwerksweg, Rosenplatz das waren schon vor dem letzten großen Angriff alles trostlose Trümmerwüsten.
Als ich auf Höhe des Ratsgymnasiums war, kam Vollalarm. Das war an sich auch noch nichts, was uns schockte. Auch das war noch alltäglich. Meistens flogen die Bomber ja weiter nach Berlin. Ich setzte jedenfalls planmäßig meine Fahrt zur Mozartstraße fort. Als ich den Lieneschweg hochkam, hörte ich jedoch schon das tiefe Brummen der Flugzeugmotoren. Da war mir klar, dass der Angriff Osnabrück galt. Es ist so ein tiefes, elementares Brummen und Dröhnen von den Hunderten Flugzeugmotoren, das den Boden vibrieren lässt und einem durch Mark und Bein geht. Über dem Hörner Bruch konnte ich von der Mozart straße aus einen anfliegenden Pulk sehen. Das muss so gegen Viertel vor zehn Uhr gewesen sein. Die flogen niedrig. Ich sah die Bomben he rauspurzeln wie so Zigarillos. Ich dachte bis dahin, die fallen senkrecht runter. Das taten sie aber nicht, sie glitten so im Winkel in der Flugrichtung des Flugzeugs. Das kann man nur bei sehr niedrigen Anflügen so sehen.
Ich habe ganz fix mein Fahrrad an die Hauswand gelehnt, hab die Eier darauf gelassen, und bin in den Bunker hinein. Das war ein großer, verzweigter Stollen. Zu eng wurde es da eigentlich nie. Man fand immer ein Plätzchen. Im Bunker hörten und spürten wir die Einschläge und Detonationen. Es kam uns aber nicht schlimmer als sonst vor, denn der Westerberg war kaum betroffen. Klar, das Licht fiel aus, aber das passierte häufig. Man war darauf eingerichtet. Viele hatten eine Dynamo-Taschenlampe, die man so drücken musste.
So gegen elf Uhr hieß es dann, die Luftgefahr ist vorbei, wir konnten raus. Es war überall Qualm, auch hier oben am Westerberg, obwohl hier nicht so viel passiert war. Unser erster Weg war runter zur Lotter Straße, um zu sehen, ob unsere Wohnung und die Praxis noch standen. Marien-Gemeindeschwester Elise Bösche kam uns entgegen und warnte uns, nicht über die Lotter Straße zu gehen. Da komme man nicht durch. Da sei alles voller Schutt, und die Straßenbahnoberleitungen seien heruntergestürzt. Wir nahmen die Bismarckstraße. Uns wurde angst und bange, was uns erwarten würde.
Doch Gott sei Dank war unser Haus glimpflich davongekommen. Nur die Scheiben waren herausgeflogen, denn das Haus gegenüber, Lotter Straße 13, das Haus Stahmann, das hatte einen Volltreffer abbekommen. Wir halfen unseren Nachbarn, ihre Habe zu retten."

Helga Städler (Jahrgang 1925) ist in der Luftwaffenleitstelle am Hauswörmannsweg eingesetzt. Ihr heutiger Mann Karl-Heinz Städler (Jahrgang 1920) ist in den letzten Kriegsmonaten in einer Flak-Einheit im Hüggel tätig.
In der Woche vor Ostern sollte unsere Einheit nach Minden verlegt werden", berichtet Helga Städler, " wegen der von Westen heranrückenden Engländer. Ich wollte aber natürlich in Osnabrück bleiben, wegen meines Verlobten, der mit der Flak im Hüggel lag, und wegen meines Elternhauses. Deshalb hatte ich mir vorgenommen, vorher auszubüxen und mich hier in diesem Haus, bei meiner Mutter und meinen Großeltern, zu verstecken. Dann kam Palmsonntag der Angriff dazwischen. Morgens gegen acht, als der Vollalarm gegeben wurde, mussten wir alle runter in den Luftschutzraum der Kaserne.
Als Entwarnung kam, bin ich wieder hoch und durch das Toilettenfenster rausgeklettert, um nicht an der Wache vorbeizumüssen. Ich ging durch die brennende Stadt, kam auch an der Brinkstraße vorbei und sah da am Bunkereingang viele Menschen stehen. Später erfuhr ich, dass es dort die meisten Toten gege ben hatte, weil eine Bombe in den Eingang geschlagen war. Ich hörte nur die Schreie, es war furchtbar. Man konnte nur auf den Bürgersteigen gehen, weil da Steinplatten lagen. In der Mitte auf der Fahrbahn, wo Asphalt war, da brannte alles."
" Ich war damals Oberleutnant und Batterieoffizier bei einer motorisierten Flak-Einheit", berichtet Karl-Heinz Städler. " Wir hatten im März 1945 unsere Stellung im Hüggel bezogen, hatten da unsere Baracken aufgeschlagen. Am Palmsonntag hieß es schon sehr früh, ich meine, es war kurz nach 7 Uhr: ' Starke Verbände im Anflug auf Norddeutschland.' Es waren britische Lancaster-Bomber. Das war ungewöhnlich, denn die Briten flogen sonst nur nachts. Wir konnten relativ früh erkennen, welche Ziele ausschieden und welche noch gefährdet waren. Denn wenn der Bomber eine Kursänderung macht, eine Kurve fliegt, dann kann er nicht sofort Bomben abwerfen. Er muss erst eine gewisse Strecke geradeaus fliegen, sagen wir mal fünf Minuten, damit sich das Richtgerät für den Bombenabwurf einjustieren lässt.
Bald nach den ersten Abwürfen stand eine bestimmt hundert Meter hohe Rauchsäule über der Innenstadt,
sodass kontrolliertes Einzelfeuer der Batterien sowieso nicht mehr möglich war. Vereinzelt wurde Sperrfeuer geschossen, aber das war wegen Munitionsmangels auch bald vorbei."
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