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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Strümpfe stricken für die tapferen Krieger
Zwischenüberschrift:
September/Oktober 1914: Osnabrück richtet sich auf große Zahlen von Verwundeten ein
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. In den ersten Septembertagen berichtet das " Osnabrücker Tageblatt" noch euphorisch vom raschen Vorstoß der deutschen Truppen auf Paris. Zur Monatsmitte werden die Meldungen nüchterner der beginnende Stellungskrieg an der Westfront taugt nicht mehr so recht für Siegesmeldungen. Die Osnabrücker scheinen das nicht wahrhaben zu wollen. Im nationalen Hochgefühl schmücken sie weiterhin die Häuser mit schwarz-weiß-roten Flaggen.

Dazu schreibt das " Tageblatt": " Die Fahnen sollten nicht dauernd zur Tages- und Nachtzeit aushängen. Durch das hierdurch hervorgerufene festliche Bild könnte leicht der Gedanke an den großen Ernst unserer Zeit zurückgedrängt werden. Fahnen, die lange genug unsere Siege gekündet haben, sollten auch einmal wieder eingezogen werden. Die Gelegenheit wird schon kommen, dass wir uns neuer Heldentaten unserer Tapferen freuen können. Dann wollen wir nicht zögern, unseren Jubel erneut zu bekunden und die schwarzweißrote Flagge wieder flattern zu lassen. Aber vorläufig genug der lauten und sichtbaren Freude."

Oberbürgermeister Rißmüller berichtet vor den städtischen Kollegien von den getroffenen Maßnahmen, mit denen die Stadt das " große vaterländische Ringen" unterstütze. Vier Militärlazarette seien eingerichtet worden, nämlich in der Stadthalle, im Hofhaus Bramscher Straße, im Saal des Arbeiterbildungsvereins und das Garnisonlazarett an der Hakenstraße. Daneben habe der Vaterländische Frauenverein ein Lazarett in der Gasuhrenfabrik Kromschröder etabliert. Private Räume seien im früheren Schützenhof, im Ursulinenkloster, im Evangelischen Vereinshaus Seminarstraße 20, auf Gut Sutthausen, auf Gut Osthoff und im Sanatorium Schledehausen angeboten worden. Über das Stadtgebiet verteilt seien fünf Kriegsspeisehallen eingerichtet worden. Um der aufkommenden Preistreiberei bei Lebensmitteln entgegenzutreten, habe man Höchstpreise festgesetzt.

Im Dienste der Verwundetenpflege hat der Vaterländische Frauenverein eine " Verbands- und Erfrischungsstelle" im Güterschuppen des früheren Bremer Bahnhofs eingerichtet. Die Züge mit den Verwundeten können bis an die Rampe heranfahren, was ein bequemes Ein- und Ausladen ermöglicht. Das " Tageblatt" beschreibt es so: " Ein großer Raum dient als Aufenthaltsraum während der Erfrischung der Krieger. Er macht mit seinen weißgescheuerten Tischen einen freundlichen Eindruck, der noch besonders durch Girlanden, Lorbeerbäume und die in allen Fenstern stehenden Blumen und Blattpflanzen erhöht wird. In den großen Küchenräumen wird in gewaltigen Kesseln auf großen Herden Speise und Trank zubereitet." Im Verbandszimmer würden unter Aufsicht von Ärzten neue Verbände angelegt. Bei Akutzuständen erfolge die sofortige Verlegung ins Lazarett. " Sämtliche Räume haben elektrisches Licht. Es ist also alles getan, um den Verwundeten in bester Weise Hilfe und Pflege zuteilwerden zu lassen."

Ein größerer Transport Verwundeter trifft in Osnabrück ein, bestehend aus Deutschen und Franzosen. Sie werden in Automobilen auf die Lazarette verteilt. Über die Reaktionen der Passanten urteilt die Zeitung so: " Dass die Deutschen von dem zahlreichen Publikum mit Hurra begrüßt wurden, kann man geschehen lassen, obgleich man zweifelhaft sein kann, ob solche, wenn auch gewiss gut gemeinte, Kundgebungen gegenüber Verwundeten nicht besser unterbleiben. Ein Hut ab′ passt besser als brausende Hochs. Zu verurteilen sind aber entschieden die feindlichen Zurufe und drohenden Gebärden den Franzosen gegenüber. Die Franzosen sind gewiss alles andere eher als unsere Freunde. Aber es ist zu bedenken, daß die französischen Verwundeten in Uniform keine Franktireurs (Partisanen, d. Red.), sondern Soldaten sind, die auch für ihr Vaterland kämpften. Lassen wir also diese Leute, auch wenn sie unsere Feinde sind, beim Passieren der Straße in Ruhe."

Die Kaiser-Lichtspiele, Große Str. 85, haben ihr Programm der Lage angepasst. " Sieg oder Tod! Großes See-Drama in 4 Akten" steht auf dem Programm. Bereits in der dritten Woche läuft " Leben und Treiben der gefangenen Franzosen und Belgier in Munsterlager".

Das Amtliche Schulblatt verkündet, dass in den Handarbeitsstunden ab jetzt ausschließlich " Liebesgaben für die im Felde stehenden Truppen" gefertigt werden sollen. Gedacht ist an wollene Strümpfe, gestrickte Leibbinden und Unterziehjacken. In Haste erbrachte eine Sammlung des Roten Kreuzes 979, 65 Mark für den Ankauf von Wolle. Sie wurde an die Lehrerinnen übergeben, die sie von den Schulkindern verstricken lassen.

Der Osnabrücker Jagdverein hat beschlossen, dass von den Mitgliedern für jeden in der Feldmarksjagd erlegten Hasen zwei Mark an den Kassenführer einzuzahlen sind und das Ergebnis dieser Selbstbesteuerung an den Magistrat zur Verwendung in der Kriegsfürsorge zu übergeben ist. Vom Schussgeld für Rehböcke sind 10 Mark abzuführen. Auch das erlegte Wild selbst kann oder soll über eine Sammelstelle an die Lazarette gespendet werden.

Am 10. Oktober hält die Zeitung es wieder für angebracht, Fahnenschmuck zu zeigen. Denn die Festung Antwerpen ist gefallen. Glockengeläute von allen Türmen kündet es in der Stadt. " Wir freuen uns über die gewaltige deutsche Waffentat. Antwerpen deutsch! Gott war wiederum mit unseren Waffen", liest man im " Osnabrücker Tageblatt".

Französische gefangene Offiziere treffen in Osnabrück ein. Sie werden in der Artilleriekaserne untergebracht. Wenige Tage später stirbt einer von ihnen an seinen Verwundungen. Er wird auf dem hiesigen Ehrenfriedhof beigesetzt. Im Leichenzug marschiert die Bataillonskapelle des IR 78. Militärpfarrer Regens Lohmeyer hält die Trauerrede. Der Tod lasse alle Gegensätze verschwinden, sagt er, und so werde der gefangene Feind auch mit militärischen Ehren begraben.

Im Garten des Hotels Germania wird eine Sanitäts-Hundekolonne aufgestellt. Die stolzen Besitzer haben insgesamt 61 Hunde vorbeigebracht. 40 von ihnen werden als brauchbar eingestuft. Sie sollen jetzt regelmäßig in der Umgebung üben, um bald an die Front zum Aufspüren von Verwundeten geschickt werden zu können.

Auf ganz andere Gedanken bringt die Zeitung ihre Leser mit dieser Empfehlung: " Erfreuen Sie sich der sonnigen Herbsttage. Ein Spaziergang durch unsere städtischen Anlagen und ihre Herbstfarben-Symphonie bietet jetzt dem Naturfreund einen wahrhaft köstlichen Genuss."
Bildtext:
Warten auf den nächsten Zug: Helferinnen des Vaterländischen Frauenvereins in Osnabrück.
Foto:
Niedersächsisches Landesarchiv

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