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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Osnabrücker Hotelmarkt in Aufruhr
 
Hotels liefern sich gnadenlosen Wettbewerb
Zwischenüberschrift:
Mehr Betten, weniger Übernachtungen: Neue Häuser bringen Markt in Aufruhr
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück. Bei drei anstehenden Neubauten mit knapp 370 Zimmern steht der Hotelmarkt in Osnabrück vor einer großen Herausforderung. Hinzu kommt das erst vor Kurzem errichtete Ibis Budget am Bahnhof mit 148 Zimmern. Angesichts rückläufiger Zahlen bei den Übernachtungen machen sich Hoteliers und Gaststätten- und Hotelverband (Dehoga) Gedanken, wie man Osnabrück als Übernachtungsziel attraktiver machen könnte. Sie sehen auch die Politik in der Pflicht. Maiwoche, Weihnachtsmarkt und " ein Open-Air-Konzert alle paar Jahre im Schlossgarten" genügten nicht, sagt Hans Klute, Inhaber des gleichnamigen Hotels an der Lotter Straße.

Osnabrück. Die Hotellerie in Osnabrück steht bedenklich unter Druck. Während die Zahl der Übernachtungen um über drei Prozent sinkt, wird das Bettenangebot um 40 Prozent ausgeweitet. Existenzen stehen auf dem Spiel.
Wie sich der Markt rasant verändert: An der Hamburger Straße hinter dem Bahnhof haben die Bauarbeiten für ein 100-Betten-Hotel der französischen B& B-Gruppe begonnen. Das Zwei-Sterne-Haus (Investition: 4, 5 Millionen Euro) soll im Herbst an den Markt gehen. Bis dahin wird auch das Arcona Living an der Osnabrück-Halle die 212 Bettdecken in 108 Zimmern für die ersten Gäste aufgeschüttelt haben. Damit nicht genug: Der Inhaber des Alando Palais, Frederik Heede, will auf dem Parkplatz neben dem Tanzpalast ein Holiday Inn Express mit 158 Zimmern bauen. Die Zahl der Hotelbetten wächst damit in Osnabrück in diesem Jahr um 40 Prozent. Auf diese Liste gehört auch das Ibis Budget (148 Zimmer) am Bahnhof, das 2014 in Betrieb gegangen ist.
Auf der Gegenseite steht eine alarmierende Zahl: 2014 registrierte das Osnabrücker Beherbergungsgewerbe einen Rückgang der Übernachtungen um 3, 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Den Grund sieht Stadtmarketingchefin Petra Rosenbach in der geringeren Anzahl großer Kongresse.
Wie Osnabrücker Hoteliers sich dem Verdrängungswettbewerb stellen: Quasi im Auge des Taifuns lebt und arbeitet Horst Strasser, Inhaber des Advena Hotels Hohenzollern. Das Traditionshaus wird bald von Mitbewerbern umzingelt sein: gleich nebenan das Ibis Budget, demnächst in Sichtweite das Holiday Inn Express am Alando und jenseits des Bahnhofs das B& B-Hotel. In den vergangenen drei Jahren hat Strasser nach eigenen Angaben 1, 8 Millionen Euro in das 110-Zimmer-Haus am Bahnhof investiert. Zwei Blockheizkraftwerke sorgen für eine ökologische und im Sommer auch autarke Energieversorgung. Die Fitness- und Saunawelt wurde modernisiert, die technische und atmosphärische Ausstattung der Zimmer des Drei-Sterne-Hauses auf Vier-Sterne-Niveau angehoben. Eine Etage ist bereits renoviert, die nächsten folgen 2016 und 2107. " Das Haus ist dann für die nächsten 15 Jahre auf einem sehr guten Niveau", sagt der Inhaber.
Er will sich damit von den Billigheimern ringsum absetzen. Den Preiskampf werde er nicht mitgehen, sagt Strasser, sondern " durch Qualität und Niveau" seinen Markt behaupten oder sogar noch ausweiten. Dazu gehört auch guter Service: Fünf zusätzliche Vollzeitstellen hat Strasser in den vergangenen zwei Jahren geschaffen. Die Mitarbeiter erhalten nach seinen Worten grundsätzlich unbefristete Verträge. " Fachkräfte sind rar, und guten Leuten muss man etwas bieten", sagt der Hotelier.
Strasser betreibt vier Advena-Häuser in Deutschland und ist damit einer der Großen auf dem hiesigen Markt. Und was machen die Kleinen? Stephan Meyer, in dritter Generation Inhaber des Hotels Meyer am Neumarkt, fürchtet weniger die neue Konkurrenz als die Aussicht, " mehrere Jahre einen Bauzaun vor der Tür zu haben". Das 17-Betten-Haus an der Ecke Johannisstraße lebt von Stammkundschaft und der Nähe zur Osnabrück-Halle, Universität und Innenstadt. Besucher von Events in der Stadthalle steigen gern in dem familiär geführten Hotel ab. Meyer, seine Frau und eine fest angestellte Mitarbeiterin kümmern sich um die Gäste. " Wir kennen unsere Gäste", sagt der Inhaber, " das ist hier ein anderes Klima als in großen Häusern." Die Individualität, die persönliche Atmosphäre das ist seine Nische. " Wir müssen sehen, dass wir in dieser Nische gute Arbeit leisten", sagt Meyer.
Gelitten hat das Geschäft in den vergangenen Monaten unter der Neumarkt-Baustelle. Als es besonders schlimm war mit dem Baggerlärm, ließ Meyer einige Zimmer wochenlang unbesetzt – " damit wir im Internet keine Negativbewertung bekommen".
Seine Sorge ist, dass der Neumarkt auf Jahre hinaus eine Baustelle oder Bauruine bleiben könnte, sollte es beim Bau des Einkaufszentrums Verzögerungen geben. Im Moment gebe es dafür keine Anzeichen, aber man wisse ja nie, ob nicht doch noch einer vor Gericht ziehe.
Hans Klute, Inhaber des gleichnamigen Hotels an der Lotter Straße und Bezirksvorsitzender des Gaststätten- und Hotelverbandes (Dehoga), sieht einen " ganz harten Verdrängungswettbewerb" auf sich und die Stadt zukommen. Der Markt wachse nicht, er stagniere oder verkleinere sich sogar, wenn man auf die Zahlen von 2014 blicke. Die neuen Hotels werden nach seiner Einschätzung ein Drittel des Marktes aufsaugen und zu einer " Kannibalisierung" führen, wenn es nicht gelinge, mehr Geschäftsreisende, Tagungsgäste und Touristen nach Osnabrück zu locken.
Was das Gastgewerbe von der Politik erhofft: " Wir wollen keinen Schutzzaun", sagt Dehoga-Vorsitzender Klute. Die Politik sollte den großen Playern aber nicht so weit entgegenkommen. Es sei ärgerlich, wenn diese Ketten " über den Preis angreifen", sich aber nicht darum kümmerten, den lokalen Markt insgesamt zu vergrößern. Doch genau das müsse das gemeinsame Ziel von Politik, Wirtschaft, Handel und Stadtmarketing sein. Klute: " Osnabrück fehlt ein echter Knaller. Es fehlt ein übernachtungsrelevantes Angebot, das Leute auch von weiter her anzieht." Große Musicals, niveauvolle Kulturereignisse, mehrtägige Tagungen und Großveranstaltungen erfüllten diese Funktion in anderen Städten. Osnabrück habe die Maiwoche und den Weihnachtsmarkt, mehr aber nicht. " Da genügt auch ein Open-Air-Konzert alle paar Jahre im Schlossgarten nicht", sagt Klute. Vor allem nicht, um anspruchsvolles und zahlungskräftiges Publikum anzuziehen.
Ins selbe Horn stößt Horst Strasser vom Advena-Hotel. Er würde sich ein regelmäßiges Event wünschen, das Osnabrück " jung und dynamisch" präsentiere und so weit ausstrahle, das Interessierte dafür mindestens eine Übernachtung einplanten. Dem Advena gelinge es mittels attraktiver Wochenend-Arrangements, Gäste in die Stadt zu holen, die sonst wahrscheinlich nie auf Osnabrück aufmerksam geworden wären. So erfülle die Gastronomie ihren Teil zur Stärkung des Standortes. Strasser: " Die Stadt muss ihren Teil auch dazu beitragen."
Die Hoteliers suchen den Kontakt zu den Kommunalpolitikern, ein erstes Gespräch mit der CDU-Fraktion hat es bereits gegeben. Und auch ein erstes Ergebnis: CDU-Fraktionschef Fritz Brickwedde teilte mit, er habe nach dem Hotelier-Gespräch im Bundesverband der Deutschen Stiftungen die Initiative ergriffen. Der Verband wird den dreitägigen Deutschen Stiftertag im Mai 2017 in Osnabrück austragen. 1700 Teilnehmer werden nach seinen Angaben erwartet. Ein Bewerbungsschreiben des Oberbürgermeisters und eine " mustergültige Präsentation" des Kongressbüros hätten den Beirat des Stifterverbandes überzeugt, so Brickwedde.
Wie die Mehrwertsteuersenkung von 2010 gewirkt hat: Vor fünf Jahren senkte die CDU/ FDP-Bundesregierung den Mehrwertsteuersatz für Übernachtungen von 19 auf sieben Prozent. Das Steuergeschenk, das in der breiten Öffentlichkeit vor allem der FDP negativ angekreidet wurde, war aus Sicht der Gastronomen bitter nötig. " Ohne Steuersenkung würde es einen Teil der Hotels heute nicht mehr geben", sagt Hans Klute.
Horst Strasser hat nach eigenen Angaben die Steuerersparnis in Haus und Mitarbeiter investiert. Stephan Meyer spricht von einem Dreiklang: " Ein Drittel investiert, ein Drittel für höhere Löhne, ein Drittel als Ausgleich für steigende Kosten." Würde der alte Satz wieder eingeführt, müssten die Übernachtungspreise auf einen Schlag um zehn Prozent erhöht werden, meint Hans Klute. " Der Schub der Steuersenkung ist inzwischen aufgebraucht."
Bildtexte:
Hotelmarkt unter Druck: Blick in ein Zimmer im Advena-Hotel Hohenzollern am Osnabrücker Hauptbahnhof.
Modernisiert: Advena-Hotel-Eigentümer Horst Strasser hat unter anderem in ein Blockheizkraftwerk investiert.
Auf einem Grundstück an der Hamburger Straße/ Ecke Hasepark soll ein B& B-Hotel entstehen.
Fotos:
Gert Westdörp, Jörn Martens
Autor:
Wilfried Hinrichs
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