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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Leserbrief
Zwischenüberschrift:
Die junge Generation mit Respekt behandeln
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Zur aktuellen Diskussion um das Thema Inklusion.

" In Niedersachsen werden Förderschulen, auf denen förderbedürftige Schüler in Kleingruppen von fünf bis zehn unterrichtet und persönlich gefördert werden, aufgelöst. Die Schüler werden in ohnehin überfüllte Klassen gesteckt, in denen Lehrer angesichts der Schülerzahl kaum noch den Ansprüchen der Regelschüler gerecht werden können.

Die SPD-Landesregierung verweist auf die Verbesserung der Unterrichtsqualität und damit auf die Lehrer. Die Lehrer als Beamte sind eh schon gewohnt, jeden politischen Blödsinn umzusetzen. Wer es mit der Inklusion erst meint, dürfte ein Inklusionskind nicht in eine Klasse mit mehr als zehn Schülern stecken. Alles andere ist Augenwischerei.

Die Politik bereinigt die Haushalte auf Kosten der Kinder und des Volkes, immer in der Überzeugung, dass das wahre Leben erst nach der Schule anfängt. Die Toleranz in der Gesellschaft gegenüber behinderten Menschen sollte meiner Meinung nach selbstverständlich sein. Es kann jeden treffen, zum Beispiel dass das Kind behindert zur Welt kommt, krank wird, einen Unfall erleidet oder man kann auch selbst plötzlich aus dem Leben gerissen werden.

Es ist doch eigentlich klar, dass mit der Einschulung für jedes Kind die Kindheit schon fast vorbei ist. Sie stehen ständig unter Leistungsdruck, müssen allen gerecht werden, haben Kopfschmerzen, Albträume, steht das überhaupt noch in der Relation? Woran könnte die Inklusion scheitern? Meiner Meinung nach wird hier über etwas gesprochen, das in Familien mit Behinderten längst gelebt wird, das aber in der Gesellschaft noch nicht angekommen ist.

Inklusion ist dann wirklich umsetzbar, wenn sich das Denken aller Menschen etwas ändert. Wir brauchen Schulkonzepte, die den Ansprüchen aller gerecht werden. Damit sind die traditionellen Schulkonzepte nicht mehr praktikabel. Inklusiver Unterricht kann nicht mehr klassisch von einem Klassenlehrer von vorne bewerkstelligt werden. Es bedarf umfassender Bildungssettings mit Teamstrukturen, aus denen Lehrer mit kooperierendem Fachpersonal mit unterschiedlichen Kompetenzen flexibel eingesetzt werden können. Schule muss sich mit außerschulischen Systemen, zum Beispiel Sozial- oder Heilpädagogen, Sozialarbeitern oder Psychologen vernetzen. Es müssen ja auch nicht alle Schüler in der Klasse gleich gefördert werden. Das entspricht ja auch nicht dem Grundgedanken der Inklusion. Flexible Settings sind das Ziel.

In vielen anderen Ländern, zum Beispiel in Skandinavien, werden sehr individuelle Lernsettings geschaffen, der Lehrer ist dann eher eine Art Moderator. Frontalunterricht wie bei uns spielt da auch keine Rolle mehr, ist auch nicht kindgemäß. Lernen muss Spaß machen, und Kinder müssen neugierig bleiben und dürfen keine Angst vor den Schulen haben.

Inklusion ist grundsätzlich realisierbar. Ich meine, dass wir in Deutschland noch weit davon entfernt sind. Wir müssen unsere Geisteshaltung ändern. Wir sind nicht mit der Behinderung aufgewachsen. Es braucht jeden Tag kleine Schritte. Wir können den Lehrern auch nicht etwas überstülpen, wozu viele gar nicht bereit sind. Flächendeckende Inklusion ist noch eine Vision. Unser jetziges Schulsystem ist überhaupt nicht darauf ausgerichtet, unseren Kindern irgendetwas für das Leben beizubringen, zum Beispiel über Noten. Was unsere Kinder nämlich wirklich können, das will doch gar keiner wissen.

Die Schulen definieren über , abgefragtes Wissen′ deren Chancen für den Rest des Lebens. Ich frage, ist das der richtige Weg? Für mich war Schule nur Zwang. Ich habe es gehasst. Wer ich als Mensch war, interessierte doch niemanden. Das Chaos in mir, das jeder Teenager kennt, wurde ignoriert, ich hatte zu funktionieren . . .

So stelle ich mir heute eine Grundschule vor. Unsere Kinder lernen zunächst Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Das wird ergänzt um Wissen und Fähigkeiten in lokaler und Weltgeschichte, musischer Bildung, Religion und Weltanschauungen, Respekt und Toleranz gegenüber seinen Mitschülern sowie Wissen in Technologie und Fremdsprache. Außerdem Naturkunde und wichtig Sport.

Es wird regelmäßig geprüft, wo unsere Kinder stehen, wo es noch ein wenig hapert, wird gefördert. Wo Stärken sind, werden Schwerpunkte gebildet. Natürlich kein Sitzenbleiben, keine Noten. Es ist egal, ob ich in Lesen eine Note habe oder es einfach kann. Darum geht es nämlich. Das ist Schule ' Zukunft'. Wir müssen die junge Generation mit Respekt behandeln. Und dazu gehört auch, dass es keine Willkürherrschaft der Lehrer gibt. Glück und Zufriedenheit, jeder nach seinen Möglichkeiten. Dann lernen unsere Kinder auch fürs Leben."

Karl-Heinz Möckel

Vorsitzender des Stadtelternrates für Schulen und Kindertagesstätten Haselünne

Vorsitzender des Kreiselternrates
Bildtext:
Flächendeckende Inklusion ist nach Ansicht unseres Leserbriefschreibers noch eine Vision.
Foto:
dpa
Autor:
Karl-Heinz Möckel


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