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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Inhalt:
Überschrift:
Schulstandort mit Tradition
Zwischenüberschrift:
Brinkstraße 17: Lehrerseminar, Aufbauschule, Handelslehranstalt und jetzt Berufsschule
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Neue Schulformen und neue Schulnamen am laufenden Band: Die Bildungslandschaft als großes Experimentierfeld ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Auch schon vor 100 Jahren, als der Schulkomplex auf der historischen Ansichtskarte entstand, war der Wandel das einzig Beständige. Gebaut wurde die dreiflügelige Anlage an der Brinkstraße/ Ecke Magdalenenstraße als Königliches Katholisches Lehrerseminar.

Denn die räumlichen Verhältnisse im alten Lehrerseminar an der Kleinen Domsfreiheit waren nicht mehr zumutbar. Das Preußische Staatshochbauamt entwarf für die damals noch völlig unbebaute Brinkstraße auf Grund und Boden der Klosterkammer einen repräsentativen Bau, in dessen Mitteltrakt in drei Stockwerken die Unterrichtsräume untergebracht waren, im östlichen Flügel Aula und Turnhalle, im westlichen Wohnungen für Direktor, Seminaroberlehrer und Hausmeister. Baubeginn war 1913. Der Krieg zögerte die Fertigstellung hinaus, erst im Oktober 1917 zogen die ersten Volksschulabgänger ein, um drei Jahre " Präparandie" und drei Jahre Seminar zu durchlaufen.

1923 steuerte das Preußische Unterrichtsministerium um: Auch angehende Volksschullehrer sollten nun eine Hochschulausbildung erhalten. Dafür gründete man landauf, landab Pädagogische Hochschulen, während die alten konfessionsgebundenen Lehrerseminare aufgelöst wurden. Doch was tun mit den leer stehenden Seminargebäuden? Die Reformpädagogik hatte einen neuen Schultypus hervorgebracht: die Staatliche Aufbauschule. Bischof Berning und Regierungspräsident Sonnenschein setzten sich dafür ein, dass an der Brinkstraße 17 eine der neuen Aufbauschulen Einzug hielt. Gleichzeitig bekamen auch Alfeld, Wunstorf, Bederkesa, Walsrode, Diepholz und Nordhorn Aufbauschulen.

Sie sollten begabte Schüler vor allem " vom flachen Lande" nach sieben oder acht Volksschuljahren in sechs Jahren zum Abitur führen. Vorteile wurden darin gesehen, dass die Kinder drei Jahre länger im Elternhaus bleiben konnten, aufwendige Schulwege oder Internatsunterbringungen entsprechend später einsetzten und dass die Volksschulen ihre begabtesten Schüler nicht schon nach vier Jahren abgeben mussten. Diese neue Form der höheren Schule sollte keine Konkurrenz für die grundständigen höheren Schulen sein, sondern sollte auf einem zugunsten der Volksschule verkürzten Wege begabte Landkinder zur Hochschulreife führen.

Kostenträger der 1926 gegründeten Aufbauschule an der Brinkstraße waren die Kreise Aschendorf-Hümmling, Meppen, Lingen und Iburg. Sie kamen für die Sachkosten wie Gebäudeunterhalt, Heizung, Strom und Reinigung auf, die Personalkosten trug der Staat. Leiter wurde der aus Hildesheim kommende Studienrat Joseph Schwetje. Er verstand es, durch guten Unterricht bei den Eltern bald einen hervorragenden Ruf für sein Haus zu erlangen und alle Geldgeber bei Laune zu halten. Ehrenamtlich ließ er sich in das Bürgervorsteherkolleg wählen. Das politische Amt half ihm wohl auch, die neue Schule konfliktfrei in der Osnabrücker Schullandschaft zu positionieren.

Mit dem Machtwechsel 1933 begannen die Probleme. Neues politisches Personal im Schulzweckverband schützte Geldknappheit vor und kürzte die Zuschüsse. Unausgesprochen war den neuen Machthabern der starke katholische Einfluss ein Dorn im Auge. Denn alle Lehrer und die Mehrheit der Schüler waren katholisch, das Bistum betrieb das Internat im Hause, Thuiner Schwestern führten die Wirtschaft. Der nationalsozialistische Staat aber hatte kein Interesse an einer de facto katholischen höheren Lehranstalt. 1936 verfügte er die Auflösung der Deutschen Oberschule in Aufbauform. Die auslaufenden Klassen wurden dem Gymnasium Carolinum angegliedert, Schwetje degradiert und nach Stade versetzt. 1945 erfuhr er eine vollständige Rehabilitierung. Die Besatzungsmacht vertraute ihm den Wiederaufbau und die Leitung des Carolinums an, die er bis zu seiner Pensionierung 1953 innehatte. 1969 verlieh ihm die Stadt die höchste Auszeichnung, die sie zu vergeben hat: die Möser-Medaille.

In das Gebäude Brinkstraße 17 zog 1936 die Städtische Handelslehranstalt ein. Die schulmäßige Fortbildung der " Handlungslehrlinge" hatte über viele Jahrzehnte in privater Hand gelegen, die Handelskammer hatte sich immer wieder gegen eine kaufmännische Pflichtschule zur Wehr gesetzt. Nach 1933 wurde die Lehrlingsweiterbildung allgemein verbindlich, für die Räume hatte die Stadt zu sorgen. Das Gebäude an der Brinkstraße bot sich dafür an. Beim Palmsonntagsangriff 1945 sank es in Schutt und Asche. Nicht nur das. Im Luftschutzstollen Brinkstraße hinter der Schule ereignete sich eine der größten humanen Katastrophen des Luftkriegs, als eine Luftmine vor dem Stolleneingang einschlug. Die Zugangstür des überfüllten Stollens war nicht richtig verschlossen, mehr als 125 Osnabrücker fanden den Tod.

1960 eröffnete der Landkreis auf dem abgeräumten Trümmergrundstück sein neues Schulzentrum mit einer " Metallberufsschule" und der allgemeinbildenden Kreis-Mittelschule, die 1966 den Namen Agnes-Miegel-Realschule erhielt. Dieser Name fiel in Ungnade, seit 2010 ist Bertha von Suttner die Namenspatronin der inzwischen städtischen und ein Haus weiter zum Stauffenberg-Gymnasium umgezogenen Realschule. An der Brinkstraße legte das Berufsbildungszentrum des Landkreises eine rasante Expansion hin. Mittlerweile sind hier neun verschiedene Schulformen vereinigt, die 4400 Schülern in 220 Klassen eine Fülle technikorientierter Bildungswege und - abschlüsse ermöglichen.
Bildtexte:
Die Adresse Brinkstraße 17 ist ein Schulstandort mit Tradition. Vor der Kriegszerstörung am Palmsonntag des Jahres 1945 waren die Gebäuden nacheinander ein Lehrseminar, eine Staatliche Aufbauschule und eine Städtische Handelslehranstalt untergebracht.
Von 1957 bis 1960 entstanden an gleicher Stelle die Kreis-Mittelschule (später Agnes-Miegel-Realschule) und die Metallberufsschule als Vorläufer des heutigen Komplexes der Landkreis-Berufsschulen.
Foto:
Ansichtskarte aus der Sammlung Helmut Rieken, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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