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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
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Überschrift:
BGH: Geld gehört den Gläubigern
Zwischenüberschrift:
Insolvenzverwalter siegt im Streit um Karmann-Millionen gegen Gesellschafter
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Der Bundesgerichtshof spricht die Karmann-Millionen der pleite-gegangenen " Wilhelm Karmann GmbH" zu. Das Geld fließt in die Insolvenzmasse, sagt Insolvenzverwalter Ottmar Hermann. Die Gläubiger der niedergegangenen Firma dürfen auf mehr Geld hoffen dazu zählen auch ehemalige Mitarbeiter.

Der BGH hat mit seiner Entscheidung in letzter Instanz einen Schlussstrich unter den jahrelangen Rechtsstreit gezogen. Dabei bestätigten die Richter des 12. Zivilsenats das Urteil des Landgerichtes Osnabrück. Das hatte in erster Instanz geurteilt: Die rückerstattete Umsatzsteuer steht der insolventen Produktionsgesellschaft zu, nicht den Karmann-Gesellschaftern. Diese dürfen die Summe zudem nicht verrechnen mit Nachforderungen des Finanzamtes Osnabrück, betonte der BGH.

Insolvenzverwalter Hermann hat damit in allen Punkten recht bekommen. Er zeigte sich " erfreut" über das Urteil, das " die Qualität der deutschen Justiz" unter Beweis stelle. Nach seinen Berechnungen ist die Summe aufgrund von Zinsen von 160 Millionen auf 170 Millionen Euro angewachsen.

Das Geld fließt nun in die Insolvenzmasse, also das, was von dem Autobauer noch übrig ist und unter den exakt 4503 Gläubigern aufgeteilt werden kann. Da nun mehr da ist, kann Hermann auch mehr ausschütten. Der Insolvenz-Experte sprach von einer " namhaften Quote", auf die sich die Gläubiger freuen könnten. Allerdings sei noch nicht abzusehen, wann das Verfahren abgeschlossen werde. Die größte Auseinandersetzung sei nun aber beigelegt.

Profiteure des BGH-Urteils sind auch Ex-Karmann-Mitarbeiter, die Nachforderungen angemeldet hatten. Sie dürften sich jetzt Hoffnungen machen auf eine Ausschüttung, so Stephan Soldanski. Der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Osnabrück sagte: " Heute ist ein guter Tag für alle ehemaligen Beschäftigten."

Ursprung des Streits ist eine 1949 vollzogene Aufteilung von Karmann in die pleitegegangene Produktionsgesellschaft und eine Besitzgesellschaft, der Gebäude und Anlagen gehörten. Die Pleite-Gesellschaft zahlte für beide Unternehmensteile Steuern. Für die Jahre 2006 bis 2009 erstattete das Finanzamt etwa 160 Millionen Euro Umsatzsteuer, zahlte das Geld aber auf das Konto der Besitzgesellschaft, hinter der die drei Gesellschafter-Familien Karmann, Battenfeld und Boll stehen. Parallel streiten sich die Gesellschafter noch mit dem Finanzamt. Das will sie in Ausfallhaftung nehmen für nicht gezahlte Steuern der Pleite-Gesellschaft. Der Bundesfinanzhof wird sich des Falls vermutlich 2015 annehmen.

Teuer wird es auch so schon für die Gesellschafter: Sie müssen nicht nur die eigenen Anwaltskosten, sondern auch die der Gegenseite und die Gerichtskosten für Landgericht, OLG und BGH tragen. Zusammengenommen dürften das mehrere Millionen Euro sein. Ob sie das Urteil von Karlsruhe nun anfechten und vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, war am Donnerstag nicht zu erfahren.

Alle Hintergründe zum Rechtsstreit auf www.noz.de/ karmann
Bildtext:
Ein echter Karmann, belegt das Typenschild aus einem Porsche. Was bis zum Rechtsstreit wenig wussten: Das Unternehmen war in zwei Gesellschaften aufgeteilt.
Foto:
Klaus Lindemann

Kommentar
Recht und gerecht

Ein guter Tag für all diejenigen, die noch eine Rechnung mit dem pleitegegangenen Autobauer Karmann offen hatten. Durch die letztinstanzlich dem Insolvenzverwalter zugesprochenen 160 Millionen Euro plus Zinsen wächst die Insolvenzmasse an. Mehr für alle, auch die ehemaligen Mitarbeiter. Keinen von ihnen erwarten jetzt ungeahnte Reichtümer, im Zweifelsfall werden es nur einige Euro sein. Und dennoch ist das Urteil des Bundesgerichtshofs für die Ex-Karmänner wertvoll: Es entspricht dem Gerechtigkeitsempfinden.

Es wäre wohl kaum vermittelbar gewesen, wäre das Geld der Betriebsgesellschaft und damit den Karmann-Gesellschaftern zugesprochen worden. Unabhängig davon, ob möglicherweise doch ein Fünkchen Berechtigung in deren Sichtweise steckt. Viele geben den Gesellschaftern zumindest eine Mitschuld am Untergang des traditionsreichen Unternehmens.

Ihnen nun ein Vermögen zu überlassen, das eigentlich die Pleite-Firma gezahlt hatte, wäre auch dann nicht verständlich, wäre es Recht gewesen. Umso besser, dass das Urteil nun anders lautet. Aus Sicht der Betroffenen ist das Recht in diesem Fall auch gerecht. Das sorgt für Genugtuung.
Autor:
Dirk Fisser


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