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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Leserbrief
Zwischenüberschrift:
Eklatante Fehleinschätzung
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Zum Artikel " Schulleiter warnen vor Mehrbelastung durch Inklusion" (Ausgabe vom 9. Oktober).

" Die Einlassung der Landeschefin des Schulleitungsverbandes, bei ausbleibender Entlastung werde Inklusion in den Kollegien als Bürde wahrgenommen, geht leider von einer dramatisch verharmlosenden Wahrnehmung der Realität des Schulalltags aus.

Ebenso ist die Erkenntnis der Kultusministerin, dass nicht ' alles sofort und unverzüglich umsetzbar' sei, eher Ausdruck ihrer mangelnden Kompetenz in Sachen Inklusion. Beide Äußerungen enthalten die Botschaft, die Probleme der inklusiven Schule seien ein Problem der Umsetzung und könnten etwa durch Entlastungsstunden für Lehrkräfte sowie die richtige Verteilung der finanziellen Forderungen auf Länder und Kommunen gelöst werden.

Was für eine eklatante Fehleinschätzung der Situation und was für eine Geringschätzung derjenigen, die sich an den Schulen täglich mit der Überforderung inklusiven Unterrichtens konfrontiert sehen und schon jetzt die oben angegebene Bürde tragen.

Das lässt sich am Beispiel einer fiktiven, aber durchaus realistischen ersten Klasse zeigen, die von vornherein mit den normalen Schwierigkeiten des Anfangsunterrichts gesehen werden muss: Eine (!) Lehrkraft mit 22 Kindern einer Klasse, die die ganze Bandbreite individueller Förderung benötigt. Darunter eine Schülerin, die kein Wort Deutsch spricht, zwei Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf (Unterstützungsbedarf wegen Körperbehinderung, Unterstützungsbedarf Lernen), ein hochbegabtes Kind , ein Kind mit gravierenden gesundheitlichen Problemen (Herzfehler). Für diese komplexe Lehr- und Lernsituation stehen wöchentlich zwei Stunden Unterstützungsbedarf zur Verfügung.

Den Lehrkräften und Eltern den Eindruck zu vermitteln, mit gutem Willen und den entsprechenden Anstrengungen sowie fleißiger Fortbildung der Lehrkraft zum Experten bei der Betreuung und Förderung werde sich ein größtmöglicher individueller Lernfortschritt schon bei allen einstellen, ist Augenwischerei. Eine größtmögliche individuelle Förderung ist so unmöglich. Die Situation ist eher eine bewusste Vernachlässigung aller.

Wenn dann noch Betreuungsstunden für verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler (sie sind der oben angegebenen Aufzählung noch hinzuzufügen) mit dem Hinweis auf Einsparungsbedarf gestrichen werden, ergeben sich zwangsläufig Zweifel am Sachverstand der Entscheidungsträger. Für wie dumm muss man Eltern halten, die glauben, Inklusion wäre so auf einem richtigen Weg. Die vorgesehenen finanziellen und personellen Mittel sind, das ist offenbar, ungeeignet, Inklusion an deutschen Schulen auch nur annähernd umzusetzen.

Ein Blick nach Italien könnte den Verantwortlichen einen Lösungsansatz liefern: Jede inklusive Klasse hat zwei (!) Lehrkräfte/ Betreuer. Sich für eine solche Problemlösung einzusetzen wäre eine solidarische Anstrengung aller Beteiligten wert: der Lehrerinnen und Lehrer, die ihren Schulleitungen und den Eltern deutlich ihre tägliche Überforderung signalisieren; der Schulleitungen und Dezernenten, die ihren Vorgesetzten mit Zivilcourage ungeschönt über die unhaltbaren Zustände berichten; der Lehrerverbände und der Eltern, die der Kultusministerin deutlich machen, dass die Überforderung der Lehrkräfte grundlegend behoben und die Lernsituation aller Kinder grundlegend verbessert werden muss. Vielleicht auch die der Presse, die die Kultusministerin nach politischer Verantwortung befragt und sich nicht mit deren lapidaren Lösungsvorschlägen zufriedengibt, die den Kern des Problems ignorieren."

Klaus Brinkmann

Bad Laer
Bildtext:
Wie kann die Inklusion in unseren Schulen sinnvoll umgesetzt werden?
Foto:
dpa
Autor:
Klaus Brinkmann


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