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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Karmann in Osnabrück ist Geschichte: Pleitegesellschaft räumt letztes Büro
 
Die letzte Instanz – vielleicht
 
Karmann: Schlüssel abgegeben
Zwischenüberschrift:
Der Streit um die Karmann-Millionen beschäftigt den Bundesgerichtshof
Artikel:
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Originaltext:
Damals und heute: Die traditionsreiche " Wilhelm Karmann GmbH" hat sich am Montag aus Osnabrück verabschiedet. Für das Unternehmen, das einst Klassiker wie den Karmann Ghia oder den VW Käfer als Cabriolet produzierte, war zuletzt in einem Nebengebäude der ehemaligen Karmann-Geschäftsführung ein Mitarbeiter des Insolvenzverwalters tätig. Am Mon tag übergab er nach Informationen unserer Redaktion die Räumlichkeiten an den heutigen Vermieter Volkswagen. Der Insolvenzverwalter streitet sich indes Mittwoch mit den Karmann-Gesellschaftern vor dem Bundesgerichtshof um 160 Millionen Euro.
Fotos:
privat, Hehmann, Fisser

Osnabrück. Der Streit um die Karmann-Millionen hat die vorerst letzte Instanz erreicht: Am Mittwoch könnte der Bundesgerichtshof eine Entscheidung fällen, wem die gut 160 Millionen Euro gehören: den Karmann-Gesellschaftern oder dem Insolvenzverwalter. Zu Ende ist das juristische Gezerre selbst nach dem Urteil nicht. Das Finanzamt Osnabrück lässt nämlich nicht locker.

Fast drei Jahre ist es her, dass der Osnabrücker Landgerichtspräsident Antonius Fahnemann das erste Urteil in dem Rechtsstreit sprach: Nach Auffassung der 1. Zivilkammer stand die Summe rückerstatteter Steuern zu großen Teilen dem Insolvenzverwalter Ottmar Hermann zu. Der vertritt die Karmann-Betriebsgesellschaft, die am 8. April 2009 Zahlungsunfähigkeit angemeldet hatte. Der Anfang vom Ende des traditionsreichen Autobauers.

Die drei Gesellschafter-Familien waren über das Urteil wenig erfreut und legten Rechtsmittel ein. Aus ihrer Sicht gehört das Geld der sogenannten Besitzgesellschaft, deren Hintermänner sie sind. Tatsächlich hatte das Finanzamt die riesige Summe auch zunächst auf das Konto der Gesellschafter überwiesen. Doch auch in zweiter Instanz befand das Oberlandesgericht Oldenburg, dass das Geld da nicht hingehört, sondern auf das Konto der insolventen Betriebsgesellschaft.

Dennoch brachte das Urteil vor allem Unklarheit, war es doch mit einem großen Aber versehen: Die Summe stand aus Sicht der OLG-Richter zwar dem Insolvenzverwalter zu. Die Gesellschafter, auf deren Konto die Summe zu der Zeit lag, konnten die 160 Millionen Euro aber mit einer möglichen Nachforderung des Finanzamtes Osnabrück verrechnen. So sollte eine doppelte Belastung der Gesellschafter ausgeschlossen werden.

Ausfallhaftung rechtens?

Die Steuerbehörde hatte sich nämlich zwischenzeitlich entschlossen, die Gesellschafter in Ausfallhaftung für die pleitegegangene Betriebsgesellschaft zu nehmen und ausstehende Steuern nachzufordern. Über die Summe ist bis heute nichts bekannt. Sie soll sich aber auf einem ähnlich hohen Niveau bewegen wie die Steuerrückerstattung, heißt es aus Verfahrenskreisen.

Offiziell will sich niemand zu der Nachforderung äußern. Begründet wird das mit dem Steuergeheimnis, behandelt wird das Ganze aber wie ein Staatsgeheimnis. Offenkundig fühlten sich die drei Familien vom Fiskus ungerecht behandelt und klagten vor dem Finanzgericht Hannover gegen den Steuerbescheid. Fortan stritten sie also gleich in zwei Verfahren mit zwei unterschiedlichen Gegnern. Der eine Gegner, Insolvenzverwalter Hermann, legte Revision gegen das Oldenburger Urteil ein, wohl aus Sorge, nach dem möglichen Urteil des Finanzgerichts auf große Teile der 160 Millionen Euro verzichten zu müssen, oder gleich ganz leer auszugehen, wenn das Finanzamt erst seine Forderungen bei den Gesellschaftern durchgesetzt hat. Auch die Gesellschafter legten Revision ein, waren sie doch faktisch auch in zweiter Instanz als Verlierer aus dem Verfahren hervorgegangen.

So landete der Steuerstreit Gesellschafter gegen Insolvenzverwalter beim Bundesgerichtshof, der jetzt in letzter Instanz entscheiden wird. Am Mittwochmorgen will der 12. Zivilsenat ab 9 Uhr öffentlich verhandeln. Es gilt als wahrscheinlich, dass am selben Tag bereits ein Urteil gefällt wird. In aller Regel ist dann Schluss. Der Richterspruch würde rechtsgültig sein. Eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht ist zwar möglich, aber meist nicht erfolgreich. Auch europäische Gerichte könnten angerufen werden.

Niederlage für Fiskus

Weil der Fall der Karmann-Millionen aber alles andere als normal ist, bleibt weiter alles im Unklaren. Das liegt auch an den Finanzbehörden, die nicht lockerlassen. Am 30. Juni 2014 kam das Finanzgericht Hannover im Streit Gesellschafter gegen Finanzamt hinter verschlossenen Türen zu dem Urteil: Die Forderung des Fiskus ist nicht gerechtfertigt, die Gesellschafter würden in ihren Rechten verletzt.

Der Schlusspunkt? Noch lange nicht. Auch gegen dieses Urteil sind Rechtsmittel eingelegt worden. Also geht auch der zweite Steuerstreit in die nächste Runde. Nun muss der Bundesfinanzhof entscheiden, ob die Gesellschafter in Ausfallhaftung genommen werden können. Die durchschnittliche Verfahrensdauer am Finanzhof in München liegt derzeit bei etwa einem Jahr. Bei " normalen" Prozessen wohlgemerkt.

Weil aber beide Fälle verwoben sind, könnte der eine Streit den anderen beeinflussen: Teilen die Richter am Bundesgerichtshof nämlich die Auffassung des Oberlandesgerichtes und stellen die Auszahlung der 160 Millionen Euro unter Vorbehalt einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes, dann können die gut 7000 Karmann-Gläubiger noch lange warten. Denn erst wenn klar ist, was mit den Karmann-Millionen geschieht, kann Insolvenzverwalter Hermann die Summe auch ausschütten. Und das Insolvenzverfahren endlich abschließen.

Die Karmann-Millionen ein unendlicher Rechtsstreit zum Nachlesen auf www.noz.de/ karmann

Das sagt der BGH: Aktuelle Entwicklungen aus Karlsruhe am Mittwoch auf www.noz.de
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Vergangenheit: Das Karmann-Logo über dem Werk Osnabrück strahlt schon lange nicht mehr, der Chrysler Crossfire wurde hier bis 2007 gefertigt. Der Streit um die Karmann-Millionen dauert aber an. Morgen wird der BGH darüber verhandelt, wem das Gelg Gehört.
Foto:
dpa

Osnabrück. Die Handschrift ist mittlerweile verblichen. " W. Karmann GmbH" steht an der kleinen Plastik-Klingel an einem Nebengebäude. Die Gesmolder Straße 36 war die letzte Adresse des einst so schillernden Autobauers aus Osnabrück. Jetzt ist das Unternehmen in seiner Heimatstadt endgültig Geschichte. Niemand reagiert mehr auf die Klingel. Die Räume hinter der Tür sind verlassen. Die Reste der Pleite-Firma werden von den Büros des Insolvenzverwalters Ottmar Hermann aus verwaltet in Frankfurt.
Am Montagmorgen fand dem Vernehmen nach die Schlüsselübergabe statt. Der letzte Mitarbeiter des Insolvenzverwalters am Standort Osnabrück übergab die Räumlichkeiten an Volkswagen. Keine der beiden Parteien wollte das auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigen, nur aus Kreisen ist über das glanzlose Ende des ehemaligen Autobauers in Osnabrück Näheres zu erfahren: Demnach stand der letzte verbliebene Mitarbeiter vor der Rente. Die Gebäude, in denen früher die Karmann-Geschäftsführer, das Marketing oder die Projektleitung residierten, gehören mittlerweile dem Autokonzern aus Wolfsburg.
Fünf Jahre nach Pleite
Der hatte nach der Pleite des Traditionsunternehmens am 8. April 2009 einen Großteil der Produktionsanlagen im Stadtteil Fledder übernommen. Auch den ehemaligen Sitz der Geschäftsführung. Als das Ende von Karmann längst besiegelt war, managten gleich mehrere Mitarbeiter des Insolvenzverwalters von hier aus die Abwicklung. Doch mehr als fünf Jahre nach der Pleite war das meiste wohl erledigt. Der Mietvertrag lief aus, und mit Rentenantritt des Mitarbeiters wurden die Büros besenrein übergeben.
Eine Übergabezeremonie hat es nach Informationen unserer Redaktion nicht gegeben. Still und leise hat sich die Wilhelm Karmann GmbH in Insolvenz aus ihrer Heimatstadt verabschiedet. Was bleibt, ist die Klingel.
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Der alte Sitz der Karmann-Geschäftsführung steht jetzt leer.
Foto:
Dirk Fisser
Autor:
Dirk Fisser


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