User Online: 2 | Timeout: 00:53Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Wie macht er sich denn, der Oberbürgermeister?
 
Finanzen und Krisenmanagement
 
Familie und Soziales
 
Schule und Bildung
 
Kunst und Kultur
 
Städtebau und Umwelt
 
Reden und auftreten
Zwischenüberschrift:
Wolfgang Griesert ist heute ein Jahr im Amt – Ein Zwischenzeugnis der Lokalredaktion
 
Er "merkelt"
 
Er arbeitet sich ein
 
Er hat noch Luft nach oben
 
Er hat einen leisen Akzent gesetzt
 
Er hält sich raus
 
Er kann es
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Am Tag nach der Wahl benannte Griesert im NOZ-Interview die wichtigsten Baustellen. Darunter: die finanzielle Sanierung des Klinikums. Inzwischen ist das Klinikum Osnabrücker Land in der Planinsolvenz und das Stammhaus am Finkenhügel auf strammem Sanierungskurs. Aber Griesert trat in dem Prozess öffentlich nicht in Erscheinung. Es ist gewiss ein kluger Schachzug, seinem hochkompetenten Finanzchef Thomas Fillep das Sanierungsmanagement und den Aufsichtsratsvorsitzenden die politische Bühne zu überlassen. Aber spätestens jetzt, wenn es dem Personal ans Geld geht, ist das Stadtoberhaupt gefordert, integrierend und motivierend zu wirken. Fillep ist der Mann für die Zahlen, Griesert für die Menschen doch davon ist bislang nicht viel zu sehen.

Fillep hat er es auch überlassen, im Rat die unangenehme Nachricht zu überbringen, dass die Stadt die Steuern erhöhen will. Ja, es ist üblich, dass der Kämmerer die Rede zur Haushaltseinbringung hält. Aber Griesert hätte beim ersten Haushaltsplan unter seiner Führung vorweggehen müssen, um die Pfeile auf sich zu ziehen und Duftmarken zu setzen.

Aber so ist sein Führungsstil. Er " merkelt". Er lässt das Team machen, zeigt Vertrauen in seine Leute. Aber manchmal, vor allem in der Krise, muss sich der Chef auch zeigen.

" Frühkindliche Bildung ist der Schlüssel. Aus diesem Grund bin ich für einen kostenfreien Besuch aller Kindergärten", sagte Griesert im Wahlkampf. Und nun soll die Geschwisterfreiheit bei den Kita-Gebühren wieder abgeschafft werden. Der Vorschlag der Verwaltung geht wie alle anderen über den Schreibtisch des Oberbürgermeisters. Er hat ihn nicht gestoppt. Aber vielleicht nimmt er auch an, dass der Vorschlag erneut von der Politik gekippt wird.

Bei den Themen Familie und Soziales kann sich Griesert auf seine gut eingearbeiteten Fachbereiche verlassen. Dennoch dürfte er seine vornehme Zurückhaltung öfter mal aufgeben. Als das Großplakat " Vielfalt ist unsere Stärke" am Stadthaus 1 mutwillig zerstört wurde, dauerte es lange, bis eine Reaktion aus dem Rathaus kam. Die Menschen aus dem Rosenplatzquartier, die eine gute Flüchtlingsbetreuung aufgebaut haben, würde ein Lob von Osnabrücks erstem Bürger sicher weiter anspornen.

Griesert ist sehr präsent als Oberbürgermeister mit der Amtskette. Er hat begonnen, bei Besuchen verschiedene soziale Einrichtungen besser kennenzulernen. Dabei zeigt er sich als guter Zuhörer und lernwillig. Seine soziale Ader dürfte der OB ruhig etwas öfter zeigen.

Ein Thema, das im ersten Jahr der Griesertschen Amtszeit noch nicht so brannte, jetzt aber Fahrt aufnehmen dürfte, ist die Schulpolitik. Noch in diesem Herbst wird die Entscheidung über einen dritten Gesamtschulstandort die bildungspolitische Diskussion im Stadtrat bestimmen.

Im Wahlkampf hatte Griesert sich zu dem Thema verhalten geäußert. Als entscheidend nannte er in unserer Zeitung den Elternwillen mit der Einschränkung, dass Kinder an anderen Schulen und Standorten nicht benachteiligt werden dürften. Damit befindet sich der OB auf CDU-Linie. Die findet an einer dritten Gesamtschule, die dann wohl als Integrierte Gesamtschule aufgestellt würde, ebenfalls nur wenig Gefallen.

" Längst überfällige Sanierungen dürfen nicht durch die Einrichtung einer dritten Gesamtschule auf die lange Bank geschoben werden", stimmte Griesert vor der Wahl in das Credo seiner Partei ein. Allein: Auch der Oberbürgermeister hat im Rat nur eine Stimme, SPD und Grüne stellen als Gesamtschulbefürworter die Mehrheit. Im Übrigen hat die Bildungspolitik im ersten OB-Jahr Grieserts zwar stattgefunden, war aber anderen Themen deutlich untergeordnet. Hier hat der Oberbürgermeister durchaus noch Luft nach oben, um eigene Akzente zu setzen.

Wolfgang Griesert bekennt sich zur Kultur. Er freut sich über den Osnabrücker Musikpreis, den wichtigsten, weil einzigen Musikpreis der Stadt, er lobt das Theater unter anderem für politisch engagierte Produktionen wie das Musical " Evita". Er findet sehr passende, reflektierte und nachdenklich stimmende Worte zur Eröffnung des Morgenland Festivals, und dass er bei der Wiedereröffnung der Kunsthalle nicht zu verstehen war, lag nicht an ihm, sondern ist der problematischen Akustik im leer geräumten Kirchenschiff geschuldet. Kurzum: Griesert bewegt sich gewandt auf dem kulturellen Parkett der Stadt.

Glatte Stellen gibt es derzeit allerdings kaum. Zu Grieserts Amtsantritt stellt sich die Kulturszene einigermaßen situiert dar: Die meisten Einrichtungen haben längerfristige Zuschussverträge, Personalfragen für Kunsthalle und Theater haben sich ohne großes oberbürgermeisterliches Zutun geklärt. Stärker ins Rad gegriffen hat er offenbar bei der Nachfolge für die Kultur-Fachbereichsleiterin Dagmar von Kathen: " Kultur ist auch Stadtentwicklung", hat er die Verpflichtung von Patricia Mersinger begründet. Damit setzt er über eine Personalentscheidung einen ersten eigenen Akzent wenn auch einen eher verhaltenen.

Er kam ja als Stadtbaurat und als Umweltmanager. Da läge es eigentlich nahe, zu städtebaulichen Themen Stellung zu nehmen. Zum Beispiel, ob innerstädtische Verdichtung nicht sinnvoller ist als das Bauen am Stadtrand. Oder wie ein Verkehrskonzept ohne die Westumgehung aussehen könnte. Aber der Oberbürgermeister schweigt dazu. Er sagt auch nichts, wenn " seine" Bauverwaltung die zweite Phase für die Neumarkt-Sperrung auf den Weg bringt.

Beschließt die Ratsmehrheit eine Machbarkeitsstudie zur ÖPNV-Flatrate, kommt Griesert als Bedenkenträger, der auf die Kosten schaut. Aber inhaltlich hält er sich raus. Vielleicht ja auch, weil er gegen Rot-Grün nicht ankommt. Und weil er seinem Nachfolger im Baudezernat nicht reinpfuschen will.

Das lässt sich auch positiv ausdrücken: OB Griesert und Stadtbaurat Frank Otte haben sich professionell zusammengerauft und eine gemeinsame Arbeitsebene gefunden, statt sich anzufeinden. Das kann der Stadt nur guttun.

Aber ein Oberbürgermeister ist nicht nur Verwaltungschef, sondern zugleich Volkstribun. Die Gemeindeordnung will es so. Und die Bürger wollen wissen, woran sie sind, beim ersten Diener ihrer Stadt.

Er galt vielen als Bürohengst, der sich an seinem Schreibtisch begraben unter Aktenbergen sicherer fühlt als auf dem rutschigen Parkett, das Oberbürgermeister kraft Amtes gleichsam zu betreten haben. Doch wer Wolfgang Griesert die große Bühne nicht zutraute, sieht sich eines Besseren belehrt: In der Rolle des Rathauschefs zeigt der frühere Stadtbaurat Showtalent. Zu offiziellen Anlässen erscheint er bestens vorbereitet, wählt Geschenke mit Bedacht. Reden und Gespräche zeugen von Charme und Schlagfertigkeit. Selbst für Facebook-Späßchen, bei denen man sich Eiskübel über den Kopf schüttet, ist er zu haben. Und von grauer Maus kann bei dem Mann, der Anzüge in gedeckten Farben bevorzugt, erst recht nicht die Rede sein. Mit bunten Schals und knalligen Armbanduhren, farblich treffsicher aufeinander abgestimmt, setzt Griesert modische Akzente. Fazit: Repräsentieren kann er.

Schnell ins OB-Büro

Dienstbeginn mitten in der Woche: Am Donnerstag, 10. Oktober 2013, um 10 Uhr stellte der Wahlausschuss das Ergebnis der Stichwahl vom 6. Oktober offiziell fest. 19 Minuten später unterschrieb Griesert die Erklärung, dass er die Wahl annehme. Damit begann seine achtjährige Amtszeit. Die Stichwahl hatte er mit 54, 8 Prozent gegen Birgit Bornemann (SPD) gewonnen.
Autor:
Wilfried Hinrichs, Ulrike Schmidt, Dietmar Kröger, Ralf Döring, Sebastian Stricker


Anfang der Liste Ende der Liste