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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Lkw-Parade auf altem Exerzierplatz
Zwischenüberschrift:
Der Schwarze Platz hat schon viel erlebt – Derzeit wird er gerade wieder bebaut
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Stolz präsentierte die Osnabrücker Spedition Hellmann im 50. Jahr ihres Bestehens ihren Fuhrpark. Sie hatte für das Paradefoto am 1. April 1956 extra den Schwarzen Platz an der Natruper Straße angemietet. Der Blick geht vom Dach des Eckhauses an der Nobbenburger Straße in nördliche Richtung. Man erkennt links am Horizont den Piesberg und unterhalb davon die südliche Bebauung der Wachsbleiche.

Die eingeschossigen Baracken und Garagen davor sind längst dem Neubau des Berufsschulzentrums gewichen. Die vordere Steinbaracke mit den weißen Fenstersprossen diente dem Deutschen Roten Kreuz in der Nachkriegszeit als behelfsmäßiger Stützpunkt. Erst im Jahr darauf bezog man das neue DRK-Haus an der Spindelstraße. Rechts hinter der Pappelreihe ist der weiß geputzte Komplex der Gewürzmühle Avo-Werke August Beisse zu erkennen, die in den Siebzigerjahren nach Belm abwanderte.

Die Aufstellung der Fahrzeugflotte lässt generalstabsmäßige Planung erkennen. Erst mussten die großen, langen Züge in Position manövriert werden, dann davor die kleinen. Es fällt auf, dass die Zeit der Sattelauflieger noch nicht angebrochen war. Der klassische Lkw-Zug bestand noch aus Zugmaschine und Anhänger, jeweils mit Pritsche, Plane und Spriegel bestückt. Rechts vorne erkennen wir die eleganten Magirus-Rundhauber, dahinter Hanomag- und Henschel-Fahrzeuge mit Kofferaufbauten für Möbeltransporte. In der linken Abteilung erfreuen uns Hanomag-, Borgward- und Tempo-Matador-Laster und nicht zuletzt drei Gespanne, die nicht mit Otto- und auch nicht mit Diesel-, sondern mit " Hafermotoren" unterwegs waren.

Bei aller Fortschrittlichkeit bekannte sich Hellmann aber immer auch zur Tradition und hatte 1956 noch drei Pferdefuhrwerke im Einsatz. Die gute alte Lisa zog als Letzte ihres Standes bis 1961 den Wagen durch die Innenstadt-Straßen, bis sie schließlich ihr Gnadenbrot im Stall genießen konnte.

1871 begann Fuhrmann Carl Heinrich Hellmann (1847–1913), für andere Leute Waren von A nach B zu transportieren. Geld für ein Pferd hatte er nicht. Das musste ihm August Haarmann vorstrecken, der Direktor des Stahlwerks, der gleichzeitig auch sein erster Kunde war. Leider starb die erste Vorgängerin von Lisa schon im nächsten Jahr an einer Kolik. Aber da hatte Carl Hellmann, damals mit Sitz an der Kokschen Straße 53, schon genug Fuhrmannslohn zusammengefahren, um aus eigener Kraft für Ersatz sorgen zu können.

Die nächsten Standorte orientierten sich an den Bahnhofsanlagen. Denn die Güterbeförderung über weite Strecken war Sache der Bahn. Der Spediteur kam erst für den Zustellverkehr ab dem jeweiligen Bahnhof ins Spiel. Hellmann zog an die Dammstraße und die Niedersachsenstraße, später an die Karlstraße, wo die Schuppen des alten Hannoverschen Güterbahnhofs für Umschlag, Lagerung und Kohlenhandel gerade recht waren. Erst 1960, also vier Jahre nach dieser historischen Aufnahme, begründete Hellmann das Logistikzentrum an der Elbestraße, von wo aus die rasante Expansion bis zum heutigen Stand von 11 700 Mitarbeitern, die mit 245 Niederlassungen auf allen fünf Kontinenten einen Jahresumsatz von 2, 9 Milliarden Euro erwirtschaften, ihren Ausgang nahm.

Unternehmenshistoriker Professor Gerhard Lohmeier kennt den Grund, weshalb die Hellmänner am 1. April 1956 ihr Fünfzigjähriges feierten obwohl die eigentliche Unternehmensgründung durch Carl Hellmann doch eigentlich schon 85 Jahre zurücklag: " Man ging damals noch von 1906 als Gründungsjahr aus, als Carl Hellmann an die Söhne Friedrich und Heinrich übergab, die fortan als ' Gebrüder Hellmann' firmierten." Inzwischen bekenne die Firma sich jedoch zum Gründungsjahr 1871.

Einen schrecklichen Blutzoll forderte der Erste Weltkrieg: Vier von sechs Söhnen des Gründerpaares fielen. Neben dem Spediteur Friedrich wurden auch dessen Brüder Karl, Wilhelm und August im Krieg getötet. Der jüngste Bruder Emil füllte daraufhin die Lücke und wurde einer der geschäftsführenden " Gebrüder Hellmann".

Der Schwarze Platz, der 1956 zur Bühne für die Hellmann-Flotte wurde, hatte zuvor schon viele Paraden erlebt. Im Kaiserreich diente er als Exerzierplatz des Infanterieregiments 78. Er lag günstig zwischen der Infanteriekaserne an der Natruper Straße (heute Altbau der BBS) und der Kaserne der Maschinengewehr-Compagnie an der Nobbenburger Straße (heute Alt-Gebäude der Feuerwache). Nach dem letzten Krieg ging es rund auf dem Schwarzen Platz: Zwischen 1955 und 1961 fand hier der Jahrmarkt statt. In den Folgejahren wurde er Standort für Osnabrücks zweites Hallenbad. Das Niedersachsenbad existierte 40 Jahre. 2006 zog man endgültig den Stöpsel, weil eine energetische Sanierung unwirtschaftlich gewesen wäre. Nach einer Zwischennutzung als Parkplatz drehen sich derzeit die Baukräne: Der Schwarze Platz wird Standort eines " Combi"- Verbrauchermarkts der Bünting-Gruppe.
Bildtexte:
Paradeaufstellung zum Jubiläum: Am 1. April 1956 feierte die Spedition Hellmann 50-Jähriges und hatte den Schwarzen Platz als Bühne zur Präsentation ihrer Fahrzeugflotte gemietet.
Heute ginge das nicht mehr: Derzeit wächst der Neubau eines Combi-Supermarkts mit 1900 Quadratmeter Verkaufsfläche auf dem Schwarzen Platz heran.
Fotos:
Hartmut Strenger, aus: Jahreskalender des Museums Industriekultur 2011, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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