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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Mit Volldampf nach Löhne
Zwischenüberschrift:
Am Stahlwerk entlang führten die Hauptbahngleise Richtung Hannover
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. 54 Jahre liegen zwischen den beiden Fotos, die den Blick von der Hamburger Straße über die Bahngleise Richtung Hannover zeigen. Der Stockumer Berg am Horizont ist natürlich der alte geblieben, aber ansonsten verraten doch viele Details, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist.

1960 kannte man im Stahlwerk (am linken Bildrand) das Wort " Stahlkrise" noch nicht. Über 1, 5 Kilometer führten die Gleise direkt am florierenden Montanbetrieb mit zeitweilig fast 5000 Beschäftigten vorbei. Nach dem siebenstöckigen Verwaltungsbau folgten Ringwalzwerk, Hammerwerk, Putzerei, Pressbau und die mechanische Großbearbeitung.

Die Produktion des Werks war in erster Linie auf den Eisenbahnbedarf ausgerichtet. Insofern war die Gründung des Werks 1868 direkt am Eisenbahnkreuz kein Zufall. Der Eisenbahnbau boomte und brauchte Stahl ohne Ende, sowohl für die Gleise wie auch für das rollende Material. Waggonräder und - achsen, Schienen und Weichen konnten auf kurzem Weg an die Bahn übergeben werden.

Doch in den 1970er-Jahren rutschte der Stahlabsatz europaweit in eine Krise. Konzentrationsprozesse führten auch in Osnabrück dazu, dass eine Abteilung nach der anderen schließen musste. 1989 schließlich war der Ofen ganz aus. In den 1990ern wurden zwei Drittel des Betriebsgeländes abgeräumt. Nur im hinteren Teil blieben die Mechanische Bearbeitung und einige Nebenwerkstätten erhalten, die als Firma Magnum weiterhin Kaltbearbeitungen vornehmen. Dazwischen liegen weite Teile des konzipierten Gewerbeparks noch brach. Die erhaltene ehemalige Klöckner-Verwaltung bietet heute als " Bürocenter Hasepark" an der Franz-Lenz-Straße 2 bis 8 einer Vielzahl von Einrichtungen Unterkunft.

Die beiden nach rechts abbiegenden Gleise führten damals auf das weitläufige Areal des Güter- und Rangierbahnhofs und heute ebenfalls in eine Brache. Der Gleisstrang überquert zunächst die " Neue Hase". Auf dem alten Foto ist der Brücken-Überbau deutlicher zu erkennen. Vor mehr als hundert Jahren war der Hauptstrom der Hase im Zuge von Stahlwerks- und Güterbahnhofbau in ein neues Bett gelegt worden. Es verläuft südlich der Fernbahngleise, auf dem neuen Bild an der hochgewachsenen Pappelreihe zu erkennen. Weiter links, zwischen dem ehemaligen Stahlwerksgelände und der Mindener Straße, liegt die " Klöckner-Hase" in ihrem alten Bett, das jetzt mit schönem Erfolg renaturiert wurde. Zwischen Hauptbahnhof und Ringlokschuppen vereinigen sich die beiden Hase arme wieder.

Funktionslos sind die nach rechts abzweigenden Gleise indes nicht geworden, wie auch an ihrer blitzblanken Oberfläche zu erkennen ist. Sie versorgen die Industriebetriebe des Fledders wie etwa das im Hintergrund sich abzeichnende Volkswagen-Werk. Etwa auf Höhe des Seilerweges münden die Industriegleise wieder in das Streckengleis Richtung Löhne ein. Die Zeiten überlebt hat das jetzt gelb gestrichene Gebäude der Hochbau-Bahnmeisterei. Aber auch nur das Gebäude. Es war Sitz der Dienststelle, die für die Instandhaltung aller Bahn-Bauwerke mit Ausnahme des Fahrwegs zuständig war. Im Zuge der mannigfachen Umstrukturierungen bei der Deutschen Bahn ist die Dienststelle abgewickelt worden.

Ein beherrschender Unterschied zwischen einst und jetzt ist natürlich auch die Antriebsart im Bahnverkehr. 1960 beherrschten Dampfloks die Szene. Im Bahnbetriebswerk " Kamerun" an der Strecke nach Bremen waren zuletzt noch 37 Dampfrösser für Schnellzüge stationiert, am unteren Personenbahnhof (" Pu") bis zu 66 Loks überwiegend für den Güterzugverkehr. Darunter auch die " 42er" mit der Nummer 042 052-1, die 1979 als Denkmal an der Rotenburger Straße aufgestellt wurde. Sie wird derzeit von den Osnabrücker Dampflokfreunden am Piesberg wiederaufgearbeitet.

Die Elektrifizierung der Strecke Hamburg–Köln war 1968 abgeschlossen, während die Loks sich zwischen Rheine und Hannover erst 1976 das Rauchen abgewöhnten. Ein Jahr später war die " Plan-Dampf-Zeit" für Osnabrück endgültig vorbei. Bei Lothar Hülsmann, dem Chronisten des Eisenbahnwesens in Osnabrück, kann man auch die kuriosen Aspekte der Elektrifizierung nachlesen: " Großer Bahnhof" für den ersten elektrischen Schnellzug, der Osnabrück anfährt, die E-Lok mit Girlanden geschmückt, Schulkinder singen, Blumenmädchen überreichen Blumen, Bürgermeister Erpenbeck und Bahnfunktionäre preisen den Fortschritt. Und dann kurze Zeit später die Ernüchterung: Die schnellen Vorzeige-Züge wie der TEE " Parsifal" oder der F 131 " Toller Bomberg" halten nicht mehr in Osnabrück. Wer die Paradepferde sehen wollte, konnte sie nur bei der raschen Durchfahrt durch den Hauptbahnhof erleben. Das war technisch möglich geworden, weil der traditionelle Lok- und Personalwechsel in Osnabrück nicht mehr nötig war. Es dauerte einige Jahre, bis im Rahmen des Intercity-Verkehrs auch wieder alle schnellen Züge in Osnabrück haltmachten.
Bildtexte:
Der Eilzug nach Hannover passiertkurz nach der Ausfahrt das Klöckner-Stahlwerk, von einer Dampflok gezogen. Der Blick geht von der Überführung Hamburger Straße in Richtung Lüstringen.
Die ehemalige Klöckner-Verwaltung (links) und die Hochbau-Bahnmeisterei (rechts) sind geblieben. Ansonsten breiten sich hinter Grüngürteln Brachflächen aus.
Foto:
Alfred Spühr, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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