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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Gemeinsam schaffen und feiern
Zwischenüberschrift:
Die Siedlergemeinschaft "In den Heidekämpen" besteht seit 80 Jahren
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. " Was einst öd und Heide, ist heute unsere Freude." Dieser Wahlspruch der " Siedlergemeinschaft In den Heidekämpen" hat auch 80 Jahre nach dem Erstbezug der Siedlung auf dem Sonnenhügel seine Gültigkeit bewahrt. " Viele Häuser sind inzwischen nicht mehr in Händen der Familien der Gründungssiedler, aber der Zusammenhalt ist unverändert groß", urteilt der heutige Vorsitzende der Siedlergemeinschaft, Guido Gottwald.

Als Osnabrück nach dem Ersten Weltkrieg zur Großstadt heranwuchs, aber der Wohnungsbau nicht Schritt halten konnte und die Wohnungsnot groß war, lautete der sozialpolitische Auftrag, nicht neue Mietskasernen, sondern insbesondere für kinderreiche Familien Eigenheime mit relativ großen Selbstversorger-Grundstücken zu bauen. An den Stadträndern entstanden zahlreiche neue Siedlungen, so auch auf der Nordseite des Gertrudenbergs. Unterstützt von der Stadt, begann der Gemeinnützige Bauverein 1929 mit der Errichtung des " Vogelviertels" am Sonnenhügel.

1932 stieg die Stadt selbst als Bauträger in die Planungen für eine Kleinsiedlung im Bereich der späteren Straßen " In den Heidekämpen" und " Falkenweg" ein. Als 1934 die drei Siedlungszeilen mit je sieben bis acht Doppelhaus-Komplexen mit Stallanbauten auf 1000-Quadratmeter-Grundstücken fertig wurden, hatte sich der politische Wind bereits gedreht, zum Richtfest musste die Hakenkreuzflagge wehen. Individuelle Wünsche in der Grundrissplanung oder der Bauausführung mussten sich die Siedler verkneifen, alles hatte streng nach den Plänen des " Reichskommissars für die vorstädtische Kleinsiedlung" zu erfolgen. Die Stadt hatte zwar Bauunternehmer für Anleitung und Überwachung eingeschaltet, aber die wesentliche Arbeitsleistung musste von den Siedlern selbst kommen, " im Wege der Selbst- und Nachbarhilfe", wie es im amtlichen Vertragstext heißt. Wenn ein Siedler sich in der Bauphase als " offensichtlich ungeeignet" erwies, konnte ihm die Anwartschaft auf die Erbpacht-Siedlerstelle entzogen werden. Darüber befand der Regierungspräsident ohne die Möglichkeit des Rechtsweges. Die bis dahin geleisteten Arbeitsstunden verfielen.

Den Enkeln der Erstsiedler ist jedoch nicht bekannt, dass es in den Heidekämpen zu derartigen Maßnahmen kam. Dirk Simon oder Gudula Maßmann etwa haben nur positive Erinnerungen aus den Anfangstagen vermittelt bekommen. " Ist doch klar, gegenseitige Hilfe schweißt zusammen", meint Simon. Gerade weil es die vielen Arbeit erleichternden Werkzeuge und Materialien aus dem Baumarkt damals noch nicht gegeben habe, sei man hinterher umso stolzer auf das Erreichte gewesen. Und man hatte sich gegenseitig gut kennengelernt. Die Siedlergemeinschaft wurde noch 1934 aus der Taufe gehoben, um den Erfahrungsaustausch auch in Sachen Gemüseanbau und Tierhaltung zu fördern. Und natürlich, um die Gemeinschaft zu pflegen, ganz nach dem Motto: " Feste feiern ist immer noch besser als feste arbeiten".

Nach dem Krieg halfen sich die Siedler gegenseitig beim Beseitigen der Bombenschäden, verhandelten mit der Stadt über die Bedingungen des Frischwasser- und des Kanalanschlusses und stritten für einen festen Straßenbelag. " Wir mussten immer noch durch den Matsch laufen, als andere Straßen am Sonnenhügel längst befestigt waren", weiß Erstsiedler-Enkelin Elke Kasch, " unsere Mütter erkannte man beim Einkaufen an den schmutzigen Schuhen." 1971 wurde die Straße In den Heidekämpen endlich gemacht. Beim Falkenring dauerte es noch ein Jahr länger, weil der Bunker unter der Straße Probleme bereitete.

Zur Siedlergemeinschaft zählen heute 55 Familien, die etwa zur Hälfte Nachkommen der Gründungssiedler in zweiter oder dritter Generation sind. Die Gemeinschaft gehört als nicht eingetragener Verein dem Verband Wohneigentum Niedersachsen (VWE; bis 2006: Siedlerbund) an. " Ohne die Ankoppelung an den VWE könnten wir keine größeren Veranstaltungen stemmen, das Haftungsrisiko wäre zu groß", sagt die zweite Vorsitzende Maria Simon.

In Sachen Veranstaltungen stellt die Gemeinschaft so einiges auf die Beine: jährlich im Wechsel ein Straßenfest und eine Ausflugsfahrt, das Maibaum-Errichten, das gemeinsame Schmücken der Weihnachtstanne und die Weihnachtsfeier im Gemeinschaftszentrum Lerchenstraße. Im Jahr des 80-jährigen Bestehens ist die Veranstaltungsdichte besonders hoch. So steigt am Freitag ein Oktoberfest als Straßen- und Zeltfete.

Auch politisch sind die Siedler aktiv. Zu den Zusammenkünften laden sie häufig Kommunalpolitiker ein. Zuletzt haben sie denen ihren Wunsch nach einer Sanierung der Vehrter Landstraße (" Das Knallen der Reifen über den Betonfugen macht uns wahnsinnig") und die Ablehnung einer E-Kart-Bahn neben dem Nettebad ins Stammbuch geschrieben. " 750 Unterschriften haben wir schon gesammelt, wir brauchen nicht noch mehr Lärm hinter unseren Gärten", bezieht Guido Gottwald klare Position.
Bildtexte:
Über dem Richtfest eines Siedlungs-Doppelhauses musste 1934 die Hakenkreuzfahne wehen.
In den Heidekämpen ist heute eine ruhige Wohnstraße. Die modernisierten Siedlungshäuser lassen die einheitliche Grundstruktur überwiegend noch erkennen
Der Eismann kommt! Wenn er mit seinem Handkarren angeschoben kam und klingelte, hier etwa vor Hausnummer 17, gab es für die Kinder kein Halten mehr. Der Blick geht in Richtung Lerchenstraße. Vor 1955 gab es die Heilig-Geist-Kirche noch nicht.
Fotos:
Archiv Siedlergemeinschaft, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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