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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Bombe in Schinkel-Ost auch ein Stück Stadtgeschichte
Zwischenüberschrift:
Blindgänger dieser Größenordnung "typisch für Osnabrück"
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Der Grund, warum rund 6000 Osnabrücker im Stadtteil Schinkel-Ost am Sonntag bis 10 Uhr ihre Wohnungen verlassen müssen, ist vermutlich ein Bombenblindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. Auch wenn es viele Details gibt, die sich erst bei der Entschärfung klären, erzählt der Sprengkörper aber jetzt schon ein Stück Stadtgeschichte. Eines, das nun hoffentlich unschädlich gemacht werden kann.

Noch im Jahr 1945, kurz vor der Kapitulation des Deutschen Reiches am 7. Mai, flogen die Alliierten Luftangriffe auf deutsche Großstädte. Dabei hatten sie nur ein Ziel: den Willen der Bevölkerung zu brechen und das NS-Regime an sein Ende zu bringen. Allein auf Osnabrück gingen in den letzten Kriegsmonaten 24 Luftangriffe nieder der letzte am 25. März 1945 kurz vor dem Einmarsch britischer und kanadischer Truppen in die Stadt am 4. April.

Bei mehreren dieser Angriffe im Frühjahr des letzten Kriegsjahres warfen die alliierten Bomber ihre Bomben wohl auch über Schinkel ab. Während ein Großteil der Bomben den östlichen Stadtteil in Schutt legte, versagte bei einem Teil die Zündung. In den Wirren des Kriegsendes gerieten sie in Vergessenheit und wurden so zu einer schleichenden, unüberschaubaren Gefahr unter den Füßen der Osnabrücker zu unentdeckten Blindgängern.

Um diese Gefahr langsam abzubauen, genießt die Suche nach den unexplodierten Sprengkörpern aus dem Zweiten Weltkrieg eine hohe Priorität. Nach Angaben der Stadt werden jedes Jahr zwischen 150 und 200 potenzielle Verdachtspunkte ermittelt und dann systematisch untersucht. Wie auch bei dem mutmaßlichen Blindgänger in Schinkel-Ost sind oft Bauarbeiten ein Anlass für eine genauere Untersuchung.

" Nach der Analyse der Luftbilder und einer Untersuchung des Bodens mit einer speziellen Metallsonde können wir uns ziemlich sicher sein, dass wir am 28. September wirklich eine Bombe vorfinden", bestätigt Jürgen Wiethäuper, Kampfmittelexperte der Stadt. Er schätzt den Blindgänger auf mindestens 250 Kilo eine typische Größe für Osnabrück, wie er sagt. " Wir haben in der Stadt bisher fast ausschließlich Fünfzentner- und Zehnzentnerbomben gefunden, das waren die typischen Sprengkörper der Alliierten."

Die zuletzt im Güterbahnhof und in Schinkel gefundenen 50-Kilo-Bomben seien hingegen eher die Ausnahme. Welchen Zweck der Sprengkörper erfüllen sollte, ließe sich hingegen nur schwer nachvollziehen. " Es gibt keine Informationen darüber, ob die amerikanische und britische Luftwaffe besonders große Bomben für bestimmte Ziele, etwa militärischer oder wirtschaftlicher Art, vorgesehen hatte", erklärt Wiethäuper. Dass dies unwahrscheinlich ist, davon zeugt auch die enorme Menge an Sprengkörpern, die während der Kriegsjahre über deutschen Städten abgeworfen wurde.

Schätzungsweise 25 000 Sprengbomben und über 650 000 Brandbomben gingen bei 79 gezielten Angriffen auf Osnabrück nieder, töteten nach offiziellen Angaben fast 1500 Menschen und zerstörten 65 Prozent der Bebauung im Stadtgebiet. Das hatte System: Vom Organisator des anglo-amerikanischen Bomberkriegs Arthur Harris ist überliefert: " Die Zerstörung von Industrieanlagen erschien uns stets als eine Art Sonderprämie. Unser eigentliches Ziel war immer die Innenstadt."

Entsprechend willkürlich war wohl auch die Auswahl der Sprengkörper. " Auch zur Zünderart können wir kaum Aussagen machen", bedauert Jürgen Wiethäuper. In den standardmäßig gebrauchten Bomben sei nahezu jeder Zündertyp verwendet worden.

Die Art und Beschaffenheit dieses Bauteiles ist jedoch entscheidend für die Gefahr, die von einer Bombe heute noch ausgeht entgegen der landläufigen Meinung, dass eine größere Bombe generell gefährlicher sei. Wiethäuper erklärt, warum: " Man muss sich vorstellen, dass ein 250 Kilo schwerer Klotz aus mehreren Kilometern Höhe mit einer enormen Geschwindigkeit fällt da ist eine Beschädigung des Zünders fast zwangsläufig."

Und der Zünder könne die Arbeit des Sprengmeisters erheblich erschweren, wenn er etwa verkeilt sei oder kaum mehr aus dem Korpus der Bombe herausrage. Bestimmte Zündertypen hätten zudem eine Ausbausperre, um eine Entschärfung zu behindern, so wie die problematischen Langzeitzünder. Bei diesen Bomben wird die Explosion erst nach einer bestimmten Zeit durch eine chemische Reaktion ausgelöst. Sei diese noch nicht vollständig abgelaufen oder noch gar nicht eingeleitet, werde der Blindgänger zur sprichwörtlichen Zeitbombe, sagt Wiethäuper. " Der Zustand im Inneren ist uns nicht bekannt, und deswegen können wir auch weder zur Dauer noch zur Gefährlichkeit der Maßnahme am Sonntag Aussagen treffen das Meiste klärt sich erst, wenn die Bombe frei liegt."
Bildtext:
Bis kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs bombardierten die Alliierten Osnabrück. Auch der Blindgänger in Schinkel-Ost fiel wohl in den letzten Monaten des Krieges.
Foto:
Archiv
Autor:
Nils Stockmann


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