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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
"Putin-Versteher" gegen "kalte Krieger"
 
Russlands Aggression nicht gerechtfertigt
Zwischenüberschrift:
Streit um Osnabrücker Friedensgespräch beigelegt?
 
Putins Interpretation der Ukraine-Politik von EU und Nato besteht aus Halbwahrheiten
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück. Nach heftigen Kontroversen um die Einladung von Vitali Klitschko zum Osnabrücker Friedensgespräch am 26. März steht nun die Besetzung: Als Gegenpart zum Bürgermeister von Kiew haben die Veranstalter den Journalisten Reinhard Lauterbach eingeladen, der vor faschistischen Tendenzen in der Ukraine warnt. Im Podium sitzen außerdem die Journalistin Sabine Adler (Deutschlandradio) und der CDU-Politiker Hans-Gert Pöttering.

" Ukraine Land in der Zerreißprobe" heißt der Titel des ersten Friedensgesprächs 2015. das schon im Vorfeld reichlich Staub aufgewirbelt hat. Hinter den Kulissen ringen zwei Lager um Einfluss es geht um Ost gegen West, und sie diffamieren sich gegenseitig als " kalte Krieger" oder " Putin-Versteher".

Als Publikumsmagnet setzen die Veranstalter Stadt und Uni Osnabrück vor allem auf den Bürgermeister von Kiew, Ex-Boxchampion Vitali Klitschko. Weil viele Zuhörer erwartet werden, soll das Gespräch in der Osnabrück-Halle stattfinden (Beginn: 19 Uhr).

Klitschko aber ist nicht unumstritten. Die Hans-Calmeyer-Initiative (HCI) und eine Reihe von Kritikern aus dem linken Spektrum sehen das Renommee der Friedensgespräche durch ihn beschädigt. Mit seiner Haltung auf dem Maidan habe er faschistische Kräfte salonfähig gemacht, argumentieren sie. Gemeint sind die Anhänger der judenfeindlichen Swoboda-Partei.

Das Büro der Friedensgespräche sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, das Verständnis für die Interessen Russlands komme zu kurz und der Expansionsversuch der Nato werde verharmlost. Um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, setzten die Veranstalter auf die TV-Journalistin Gabriele Krone-Schmalz, doch die sagte wegen Terminschwierigkeiten ab. An ihrer Stelle wurde Sabine Adler eingeladen, Osteuropa-Korrespondentin des Deutschlandradios. Aber von den Kritikern wird sie nicht als Klitschko-Gegenpart akzeptiert. Die Fraktion der linken Nato-Kritiker verortet sie ins westliche Lager .

Als dritter Gesprächspartner sitzt Hans-Gert-Pöttering mit am Tisch. Der ehemalige Präsident des EU-Parlaments und derzeitige Vorsitzende der Adenauer-Stiftung gilt als Klitschko-Vertrauter. Damit ist er denen, die mehr Verständnis für Putin fordern, ebenfalls suspekt.

Um einer Gegenposition aufs Podium zu verhelfen, hat die Hans-Calmeyer-Initiative den freien Journalisten Reinhard Lauterbach ins Spiel gebracht, bis 2011 Osteuropa-Berichterstatter für den Hessischen Rundfunk. Er veröffentlichte kürzlich ein Buch über den Bürgerkrieg in der Ukraine. Ralf Steiner von der HCI bezeichnet ihn als " exzellenten Kenner der Materie", der die Diskussion durch seine Kenntnisse " fundiert bereichern" werde.

Konflikt in Europa: Der Verlauf der Krise auf noz.de/ ukraine
Bildtexte:
Dieser Mann polarisiert: Vitali Klitschko, Kiewer Bürgermeister und ehemaliger Profiboxer.
Die Hoffnung der Klitschko-Gegner ist der Journalist und Buchautor Reinhard Lauterbach.
Osteuropa im Blick: Journalistin Sabine Adler, Korrespondentin für das Deutschlandradio.
An Klitschkos Seite: Hans-Gert Pöttering ist Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung
Fotos:
dpa, privat, Deutschlandradio

Osnabrück. Krieg in der Ukraine Hat Europa versagt?
Was im November 2013 als inner-ukrainische Protestbewegung gegen den Präsidenten Janukowitsch begann, hat im vergangenen Jahr die Dimension eines kriegerischen Konfliktes angenommen. Deutungen gehen auseinander, ob es sich (noch) um einen Bürgerkrieg in der Ukraine handelt, oder um einen Krieg Russlands gegen die Ukraine. Sowohl die Annexion der Krim durch Russland im März 2014 als auch der Nachweis, dass Aufständische mit militärischer Unterstützung durch Russland für die Abspaltung der Regionen Donezk und Lugansk kämpfen, verweisen darauf, dass Russland die politische Instabilität der Ukraine zur Befriedigung eigener geopolitischer Machtansprüche nutzt.
Die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft um eine Beilegung des Konflikts waren bislang erfolglos. Krisengipfel blieben ineffektiv, Sanktionen zögerlich, Waffenlieferung sind (noch) tabu, kurzfristige Waffenruhen wurden immer wieder gebrochen. Ob das Gipfeltreffen in Minsk einen Ausweg aus dem Konflikt aufzeigt oder nur eine Station in der Eskalation des Konflikts bleibt, ist offen.
Nicht nur in Russland, sondern auch in Teilen der westlichen Berichterstattung wird " Europa" gemeint ist die Europäische Union für die fortwährende Krise in der Ostukraine verantwortlich gemacht. Es heißt: Europa habe Russland mit der Osterweiterung von EU und Nato provoziert und sei mit seiner auf wirtschaftliche Entwicklung sowie den Aufbau demokratischer Strukturen gerichteten Nachbarschaftspolitik und Assoziierungsabkommen in einem Ausmaß in die Einflusssphäre von Russland eingedrungen, dass mit einer Abwehrreaktion von Russland zu rechnen war. Insbesondere habe man den Anspruch Russlands auf einen Großmachtstatus in der Welt nicht hinreichend ernst genommen, Präsident Putin und die russische Regierung während der Auseinandersetzungen brüskiert und regionale Sensibilitäten missachtet.
In der Tat entspricht dies der historischen und geopolitischen Interpretation Putins. Doch sie besteht aus Halbwahrheiten und rechtfertigt die Aggression Russlands nicht. So hat es nie formale Zusagen gegeben, eine Osterweiterung der Nato zu unterlassen. Dass es zur Osterweiterung sowohl der EU als auch der Nato gekommen ist, ist dem nachdrücklichen Interesse der Bewerberländer und sicher nicht einer " Rattenfängermentalität" des Westens zu verdanken.
Provokation
Bezüglich der Ukraine steht die Nato-Mitgliedschaft aktuell nicht auf der Tagesordnung, genauso wie die EU-Mitgliedschaft nicht am Ende der geplanten Wirtschaftsassoziation stand. Dennoch wäre eine pluralistische und demokratische Ukraine mit EU-Orientierung eine Provokation für die russische Integrations- und Stabilitätspolitik vis-à-vis der eigenen Peripherie. Das Abwehren entsprechender Bestrebungen der Ukraine durch die EU, verstanden als respektvolle Geste gegenüber Russland, wie von einigen Vertretern der politischen Prominenz gefordert, wäre ein Versagen gegenüber der Ukraine.
Die Ukraine war schon im post-sowjetischen Arrangement der Verlierer. So hat sie auf Druck Russlands und der internationalen Gemeinschaft die hier stationierten Nuklearwaffen Russland überlassen müssen Waffen, mit deren Einsatz Putin im August 2014 gedroht hat. Dass die Ukraine aktuell weit entfernt ist, EU- oder Nato-Mitglied zu werden, ist nicht zuletzt der Bereitschaft des Westens, das Land dem Einflussbereich Russlands zuzurechnen, geschuldet.
Nun ist die Ukraine nicht nur Opfer in einer heiklen geopolitischen Gemengelange. Die Wirtschaft des Landes ist seit den 1990er-Jahren um die Hälfte geschrumpft, da das Land von einer ungesunden Mischung aus alter Nomenklatura und neuen Opportunisten in kleptomanischer Manier regiert wurde. Massenarmut und die Macht mafiöser Wirtschaftsbosse gegenüber schwachen staatlichen Akteuren nicht ethnische Zugehörigkeiten haben den Osten des Landes destabilisiert und angreifbar gemacht für anti-westliche Propaganda und (russisch unterwanderte) separatistische Milizen.
Der Europäischen Union kann man diese Zustände in der Ostukraine nicht zur Last legen. Aber man sollte nicht unkritisch sein. Tatsächlich verweist die Möglichkeit eines Auseinanderbrechens der Ukraine auf die Grenzen einer allein auf positive Anreize setzenden Nachbarschaftspolitik. Ein missregiertes Land wird man so weder vor sich selbst noch vor einer weiter destabilisierenden Infiltration von außen retten. Doch demokratische und liberale Kräfte in der Ukraine bedürfen dringend der Vergewisserung durch die EU auch in Opposition zu Russland.
Beim 7. Osnabrücker Wissensforum im November 2014 haben 33 Professoren auf Einladung der NOZ und der Uni Osnabrück Fragen unserer Leser beantwortet. Alle Antworten werden in dieser Serie abgedruckt einige, so wie dieser, in einer aktualisierten Version. Über das Internetangebot der Uni sind die Beiträge auch als Video abrufbar unter www.uni-osnabrueck.de/ wissensforum.
Bildtext:
Andrea Lenschow ist Professorin für Europäische Integration an der Universität Osnabrück.
Foto:
Michael Gründel
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert, Andrea Lenschow


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