User Online: 2 | Timeout: 21:10Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Rot-Grün in Osnabrück ohne Mehrheit
 
Rot-Grün verliert absolute Mehrheit im Rat
Zwischenüberschrift:
Michael Florysiak verlässt die Grünen-Fraktion und amtiert künftig als Fraktionsloser
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Überraschung im Stadtrat: Michael Florysiak hat seinen Austritt aus der Grünen-Fraktion erklärt und damit der rot-grünen Zählgemeinschaft die absolute Mehrheit genommen. SPD und Grüne verfügen jetzt nur noch über 25 der 51 Ratssitze und benötigen bei ihren Vorhaben fremde Hilfe. Die Gründe für seinen Austritt lägen nicht in Osnabrück, sondern in Berlin, sagte Florysiak. Die Partei habe durch " Flügelkämpfe und Führungsschwäche" die wirklich wichtigen Ziele aus dem Blick verloren. Er habe diese Politik vor Ort nicht mehr vertreten können. Der 68-Jährige will als Unabhängiger im Rat weiterarbeiten und plant die Gründung einer neuen Partei " im Sinne einer ökologischen, ökonomischen, sozialen und demokratischen Mitte".

Osnabrück. Die rot-grüne Zählgemeinschaft im Rat verliert ihre absolute Mehrheit: Michael Florysiak kehrt der Grünen-Fraktion frus triert den Rücken und will ohne Fraktionsbindung im Rat weiterarbeiten.

Es wurde still im Ratssitzungssaal, als Michael Florysiak am Dienstagabend zu einer persönlichen Erklärung ans Mikro trat. Der Schritt falle ihm nicht leicht. Er trenne sich von " kompetenten Kollegen, die mit viel Sachverstand und Herz kämpfen, um ihre Ziele zu erreichen". Aber diese Ziele und die Wege dorthin seien nicht mehr dieselben, sagte der 68-Jährige. Er könne sich nicht mehr mit der Partei identifizieren. Die Ursachen lägen in " Flügelkämpfen und Führungsschwächen" auf Bundesebene und weniger in Osnabrück. " Aber ich stehe hier in der grünen Ecke und muss Dinge vertreten, die ich nicht vertreten kann."

Die rot-grüne Zählgemeinschaft verfügt künftig über 25 Sitze und verliert damit ihre absolute Mehrheit. Der Rat hat 51 Mitglieder. Rot-Grün kann aus eigener Kraft keine Initiativen mehr durchsetzen, sondern ist auf Hilfe einer dritten Kraft angewiesen.

Florysiak sprach von " bedenklichen Strömungen" in der Grünen-Partei. Realpolitiker hätten " leidvoll" erfahren müssen, dass sie von " grünen Eiferern boykottiert werden, die nur in einer althergebrachten Demo ihr Ziel erkennen". Auf keinen Fall könne er Tendenzen bei den Grünen mitverantworten, die auf Koalitionen mit der Linkspartei hindeuteten. " Ich möchte nicht einmal den Anschein erwecken, mit ehemaligen und jetzt wieder amtierenden SED- und Stasi-Akteuren irgendwo, irgendwie und irgendwann gemeinsame Sache zu machen", sagte der Ratsherr. Dabei denke er auch an die nächste Kommunalwahl in Osnabrück.

Florysiak kündigte an, die Ratsarbeit als Unabhängiger ohne Fraktionsbindung fortzusetzen: " Im Sinne einer ökologischen, ökonomischen, sozialen und demokratischen Mitte."

Sein Rücktritt beeinflusst die Besetzung der Ausschüsse. Die wichtigste Änderung betrifft den Verwaltungsausschuss: Die rot-grüne Zählgemeinschaft, die dort mit sechs stimmberechtigten Beigeordneten eine Ein-Stimmen-Mehrheit hat, muss ein Stimmrecht an eine der drei kleinen Fraktionen abgegeben. Es wird ausgelost, wer das Stimmrecht bekommt Thomas Thiele (FDP), Wulf-Siegmar Mierke (UWG/ Piraten) oder Christopher Cheeseman (Linke). Florysiak will weiter im Finanzausschuss mitwirken, hat dort aber kein Stimmrecht.

Die Entfremdung zwischen ihm und der Partei hatte schon vor Monaten eingesetzt. Florysiak bewarb sich 2012 um das Bundestagsmandat im Stadt-Wahlkreis, scheiterte in der parteiinternen Auswahl aber klar gegen Dorothea Steiner. 2014 gab er das Parteibuch zurück. Jetzt folgte der endgültige Bruch.

Neue Partei

Der Unternehmensberater will eine neue Partei gründen, die er " in der demokratischen Mitte" verortet. Sie werde " ökologisch und sozial" ausgerichtet sein und sich auf " das Machbare" konzen trieren. Die Grünen machten den Fehler, immer neue Ideen in die Welt zu setzen, ohne über die Finanzierbarkeit zu reden. Außerdem lehne er deren Hang zur Bevormundung ab. Das Grundthema seiner neuen Partei laute: " Leben und leben lassen und bereit sein, für soziale Dinge Geld auszugeben." Satzung und Programm lägen bereits dem Bundeswahlleiter vor. " Ich gehe davon aus, dass wir in ein paar Wochen loslegen können."

Grünen-Fraktionschef Michael Hagedorn sagte, er bedauere die Entwicklung, die zu dem Rücktritt geführt habe. Es habe niemals offenen Streit mit Florysiak gegeben, allenfalls " kleinere Diskussionen in Einzelfragen". Hagedorn sagte: " Die Motivation liegt meines Erachtens darin, dass Herr Florysiak unbedingt in die bezahlte Politik möchte und dies mit den Grünen für ihn nicht zu erreichen ist." Florysiak glaube offenbar, mit einer eigenen Partei dieses Ziel erreichen zu können.

" Fragwürdig" findet es Hagedorn, dass Florysiak sein Mandat nicht an die Grünen zurückgibt, sodass ein Parteimitglied nachrücken könnte. Jeder Ratsvertreter der Grünen hat zu Beginn der Wahlperiode eine entsprechende Selbstverpflichtung unterschrieben. Florysiak fühlt sich daran nicht mehr gebunden, denn: " Nicht ich habe mich verändert, sondern die Partei."

Bewegte Bilder und weitere Hintergründe im Internet: www.noz.de
Bildtexte:
Michael Florysiak kämpft jetzt allein.
SPD und Grüne verlieren im Rat ihre absolute Mehrheit.
Fotos:
Grüne, Archiv/ Michael Gründel

Kommentar
Mit Partner

Mit dem Abweichler Florysiak verliert die rot-grüne Zählgemeinschaft ein Stück ihrer Macht. Die absolute Mehrheit ist dahin. Im Zweifel brauchen SPD und Grüne einen dritten Partner, um ihre Ziele zu erreichen. Das ist aber nicht schlimm, wie wir in der vergangenen Wahlperiode gelernt haben.

Nach der Wahl 2006 gab es keine klare Mehrheit im Rat. Die Fraktionen übten sich darin, mit wechselnden Mehrheiten Politik zu machen. Das hat überraschend gut funktioniert, auch weil die Akteure trotz öffentlicher Schaukämpfe sich persönlich achteten und im Stillen konzentriert an der Sache arbeiteten. So wird auch seit Jahren der Haushalt gemeinsam erarbeitet und vertreten.

Eine Blockade durch die Opposition muss Rot-Grün nicht fürchten. Dafür fehlt der kleingliedrigen und bunten Gegenseite die gemeinsame Basis. Es ist kaum zu erwarten, dass die CDU, der Oberbürgermeister, Linke, UWG, Piraten, FDP und der Einzelkämpfer Florysiak sich plötzlich verbünden.
Autor:
Wilfried Hinrichs


Anfang der Liste Ende der Liste