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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
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Überschrift:
Domhof noch ohne Theater
Zwischenüberschrift:
Das protestantische Ratsgymnasium hatte von 1817 bis 1906 seinen Sitz neben dem Dom
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. " Theater am Domhof" konnten vor 1906 allenfalls die Schüler des Ratsgymnasiums machen, wenn sie ihren Lehrern einen Streich spielten oder sich eine Schneeballschlacht lieferten. Das alte Foto zeigt einige unternehmungslustige Knaben, die mit ihren Schlitten vielleicht auch weiter zum Herrenteichswall ziehen wollen, dessen Flanke als Rodelstrecke die Ansprüche waren bescheiden geschätzt wurde.

Die älteste Lateinschule der Stadt, das Gymnasium Carolinum, ist ihrem angestammten Sitz in Nachbarschaft zum Bischof und zur Bischofskirche seit dem Jahre 804 treu geblieben. Die zweitälteste Schule, das Ratsgymnasium als protestantischer Gegenentwurf zum katholischen Carolinum, bringt es " nur" auf 420 Jahre Geschichte, hat in dieser Zeit aber zweimal den Standort gewechselt. Gegründet wurde die Schule, wie es der Name schon sagt, vom protestantisch geprägten Rat der Stadt. Das erste Schulgebäude war ein beengtes kleines Häuschen hinter der Marienkirche gewesen, " in jenem dumpfen Winkel, den die Sonne so recht nicht finden konnte", wie es in einer zeitgenössischen Schilderung heißt.

Als Napoleon geschlagen und die Zeit der Fremdherrschaft vorüber war, brachen endlich auch für das Osnabrücker Ratsgymnasium bessere Zeiten an. Der damalige Direktor Johann Heinrich Benjamin Fortlage und seine Fürsprecher in der Bürgerschaft verstanden es, die Gunst der Hannoverschen Regierung auf die Schule zu lenken. Allen Lehrern wurde eine Gehaltsaufbesserung gewährt. Aber viel wichtiger noch: Das Ratsgymnasium bekam die ehemalige von Boeselager′sche Kurie am Domhof als neuen Schulstandort geschenkt. Bürgermeister Stüve soll von eigener Hand Zeichnungen für den Umbau des heruntergekommenen Adelssitzes gefertigt haben.

Nach 222 Jahren, von den Gründungstagen im Jahr 1595 bis zum 24. Oktober 1817, hatte der alte Standort an der Marienkirche nun ausgedient. Der Umzug an den Domhof an die Stelle, wo heute das Theater steht, war ein Freudentag sondergleichen für die Schule. Um zehn Uhr versammelten sich sämtliche Lehrer und Schüler und die Honoratioren der Stadt noch einmal im alten Gebäude hinter der Kirche. Jeder Raum, jede Treppe war bis hinunter auf den Marienkirchhof voll gedrängt. " Eine erns te, feierliche Instrumentalmusik eröffnete die Trennungsszene. Dann sprach Rektor Fortlage in einer Abschiedsrede den Dank gegen die Stifter, Patrone und entschlafenen Lehrer der Schule aus und schloss mit inbrünstigem Dank gegen die Vorsehung, die 222 Jahre lang die Stätte bewacht und bewahrt hatte. Unmittelbar darauf erscholl unter festlicher Posaunenbegleitung Nun danket alle Gott′, das mit herzerhebender Andacht und tiefer sichtbarer Rührung von allen Anwesenden mitgesungen wurde", heißt es in den Aufzeichnungen der Schule.

Anschließend zogen Lehrer und Schüler, vom Rektor angeführt, " in feierlicher Ordnung durch die mit sanftem Orgelgesange sie begrüßende Marienkirche" wieder hinaus zum Markt und über die Domstraße nach dem neuen Gymnasialgebäude, wo sie " unter Pauken- und Trompetenschall" von den in der Aula versammelten Behörden in Empfang genommen wurden. Fortlage hielt eine Rede unter dem Thema: " Wie das Gymnasium seine Dankbarkeit und Freude über den neuen Lehrsitz auf die würdigste Art beweisen kann." Die Gymnasiasten brachten am Abend des Weihetags den Behörden, den Lehrern und ihrem Direktor bei Fackelschein und fröhlicher Musik ein " Vivat!" dar.

Osnabrück wuchs zur Industriestadt, die Schülerzahlen stiegen. Bald wurde es auch in dem alten Kuriengebäude zu eng. Es hatte nur sieben Klassenräume. Nach 1860 mussten die schlecht beleuchtbare Aula als Unterrichtsraum mitgenutzt und die Vorschulklassen in ein Gebäude an der Hasestraße ausgelagert werden. Das preußische Provinzialschulkollegium attestierte gravierende Mängel: die Klassen zu klein und zu niedrig, Aula und Bibliothek zu dunkel, die Wände zu feucht, das physikalische Kabinett nicht heizbar, Zeichensaal und Lehrerzimmer nicht vorhanden. Nicht nur der Wochenmarkt störte den Unterricht, sondern vor allem der Straßenlärm auf der stark befahrenen, gepflasterten Nord-Süd-Achse durch die Stadt. Eine umfassende Lösung war unvermeidlich. Sie wurde dadurch beflügelt, dass die Stadt den Domhof als Standort für ein Theater favorisierte. 1903 fiel die Entscheidung für einen Neubau des Ratsgymnasiums am Schlosswall, 1906 zog die Schule dorthin um.

Nach einem Entwurf des Dresdner Architekten Martin Dülfer wurde 1908 das Jugendstil-Theater am Domhof im Rohbau fertiggestellt. Am 29. September 1909 feierte man die Einweihung, erstmals hob sich der Bühnenvorhang – " ein Geschenk der Osnabrücker Frauen und Jungfrauen" zum Shakespeare-Drama Julius Cäsar.
Bildtexte:
Das alte Ratsgymnasium im ehemaligen Kuriergebäude der Domherren von Boeselager. Von links mündet die Keine Domsfreiheit ein, nach hinten rechts verläuft der Straßenzug Domhof in Richtung Nikolaiort. Das Foto eines unbekannten Fotografen ist erschienen im " Bild-Archiv Alt-Osnabrück", Band 1, Wido Spratte, Verlag H. Th. Wenner Osnabrück, 1996
Seit 1908 bildet das Jugendstil-Theater den südlichen Abschluss des Domhofs.
Foto:
Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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