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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Stadt braucht Raum für Flüchtlinge
 
Mieter müssen für Flüchtlinge Platz machen
Zwischenüberschrift:
Stadt sucht weiter nach Wohnraum – Vermieter ignoriert Kündigungsfrist
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die Mieter der ehemaligen Soldatenunterkünfte in der Kaserne Eversburg müssen ausziehen, weil die Stadt die Zimmer für Flüchtlinge braucht. Verärgert sind Bewohner, weil ihnen der OSC als Vermieter nur drei Wochen Zeit für den Auszug geben wollte.

Osnabrück. Die Folgen der Kriege in aller Welt werden in Osnabrück spürbar. Die Mieter eines Wohnheims in der früheren Landwehrkaserne in Eversburg müssen raus, weil die Stadt die Wohnungen für Kriegsflüchtlinge braucht. " Dafür habe ich Verständnis", sagt ein Mieter. Aber dass alle etwa 30 Mieter unter Missachtung der Kündigungsfrist binnen drei Wochen ausziehen sollten, ärgert ihn gewaltig.

Vermieter des Wohnheims ist der Osnabrücker Sportclub (OSC), der das Haus wiederum von der Stadtwerke-Tochtergesellschaft Esos gepachtet hat. Mit Schreiben vom 9. September teilte der OSC den Mietern mit, dass das Mietverhältnis zum 30. September gekündigt werde. Die Stadt benötige die Wohnungen zur Unterbringung von Flüchtlingsfamilien. " Wir waren alle sehr erschrocken darüber", sagt Dirk Bock, der seit vier Jahren ein Apartment bewohnt. Die dreiwöchige Frist, die der OSC setzte, widerspricht dem Mietvertrag, der eine dreimonatige Kündigungsfrist garantiert.

Eine Welle der Empörung schlug dem OSC-Geschäftsführer Peter Abs entgegen. Warum diese Eile? " Das war ein Fehler von uns, da brauchen wir gar nicht drum herumreden", sagt Abs. Die Kündigungen hätten viel früher verschickt werden müssen. Spätestens seit Februar dieses Jahres wusste die OSC-Geschäftsführung Bescheid. Die Stadtwerke-Tochter Esos hatte den Sportclub damals schriftlich von den Umnutzungsplänen der Stadt informiert. " Das ist uns durch die Lappen gegangen", räumt Abs freimütig ein. Er selbst trage dafür die Verantwortung.

Das Versäumnis des OSC bringt die Stadt möglicherweise in Schwierigkeiten. Die Wohnungen stehen nicht wie geplant ab Oktober für Flüchtlingsfamilien zur Verfügung, sondern frühestens ab Januar 2015. Dann ist die dreimonatige Kündigungsfrist abgelaufen. " Wir halten uns natürlich an die gesetzlichen Vorgaben und machen auch keinen Druck auf die Mieter", versicherte Stadträtin Rita Maria Rzyski. Die Stadt werde die Wohnungen je nach Freiwerden Schritt für Schritt übernehmen.

OSC-Geschäftsführer Abs sagt, er habe die Kündigungen bewusst mit der Fristsetzung 30. September ausgesprochen, " um Schwung in die Sache zu bringen". Selbstverständlich werde niemand unter Bruch der vertraglichen Vereinbarung aus der Wohnung geworfen. Mit der dreiwöchigen Frist habe er den Mietern die Dringlichkeit deutlich machen wollen. Der OSC werde den Betroffenen beim Umzug entgegenkommen und zum Beispiel Entrümpelungen und Renovierungen übernehmen. Auch über die Miete ließe sich reden, wenn jemand vorzeitig das Haus verlasse.

Die ehemalige Mannschaftsunterkunft der britischen Streitkräfte ist nach Rzyskis Worten " super in Schuss" und eignet sich sehr gut für Familien, weil ihnen zwei nebeneinander liegende Wohnungen zur Verfügung gestellt werden können. Der Zwillingsblock nebenan wird bereits von Flüchtlingen bewohnt. Die Menschen dort seien sehr zufrieden, so Rzyski, weil es Einkaufsmöglichkeiten und gute Busanbindungen in der Nähe gebe. Rzyski bedauerte, dass die Mieter in der Landwehrkaserne Platz machen müssen. Die Stadt sei aber in der Pflicht, Unterkünfte für weitere 333 Menschen zu schaffen, die in den kommenden Monaten in Osnabrück erwartet werden. Das Land Niedersachsen rechnet in nächster Zeit mit insgesamt 13 200 Flüchtlingen.

Geld reicht nicht

Deshalb ist die Verwaltung weiter auf der Suche nach geeignetem Wohnraum. Im August stimmte der Stadtrat in nicht öffentlicher Sitzung der Anmietung von 25 Plätzen in einem ehemaligen Bordell an der Möserstraße zu. Auch im ehemaligen Nord-Hotel an der Hansastraße (20 Plätze) und in einem Gebäude an der Peiner Straße (35 Plätze) werden Flüchtlinge untergebracht. Geprüft wird auch, Container aufzustellen.

Das Land zahlt den Kommunen eine Pauschale von 5900 Euro pro Flüchtling und Jahr. Das Geld reiche bei Weitem nicht aus, sagt Rita Maria Rzyski. Allein für das vergangene Jahr bleibe die Stadt auf Kosten von 1, 3 Millionen Euro sitzen, die nicht erstattet würden. Erschwerend komme hinzu, dass das Land die Zuschüsse erst zwei Jahre später erstatte. Zurzeit würden die Pauschalen für 2012 ausgezahlt.
Bildtext:
In den ehemaligen Mannschaftsunterkünften an der Landwehrkaserne sollen Flüchtlinge untergebracht werden. Die derzeitigen Mieter müssen ausziehen am besten noch bis Ende des Monats.
Foto:
hin

Kommentar
Neue Qualität

Osnabrück ist nicht die einzige Kommune, die Probleme hat, alle Flüchtlinge angemessen unterzubringen. Duisburg und Hamburg bauen Zeltstädte, der Landkreis Harburg erwägt, aus Turnhallen Herbergen zu machen. Osnabrück ist bislang trotz des angespannten Wohnungsmarktes in der Lage, die Hilfe suchenden Menschen dezentral unterzubringen. Doch jetzt erreicht auch die Friedensstadt die nächste Eskalationsstufe: Mieter müssen ihre Wohnungen räumen, um für Flüchtlinge Platz zu machen.

Dass den Betroffenen im Kündigungsschreiben nur drei Wochen Zeit zum Packen eingeräumt wurde, hat sich gottlob nur als böser Patzer erwiesen. Diese Sache ist vom Tisch. Was bleibt, ist das ungute Gefühl, dass unser Gemeinwesen nicht die richtigen Antworten auf die Herausforderungen hat, die die Kriege im Nahen Osten oder die Not in Afrika stellen. Sind wir fähig zusammenzurücken, wie die Generation nach dem Krieg, die sich gewiss noch gut an Einquartierungen erinnern kann?

Was die Stadt in der Landwehrkaserne umsetzt, ist das letzte Mittel. Sie tut es nicht freiwillig, sondern unter dem Druck der Ereignisse und in dem Wissen, dass dieser Vorgang nicht gerade die Akzeptanz fördert, den heimatlosen Flüchtlingen dieser Welt bei uns Schutz zu bieten,
Autor:
Wilfried Hinrichs


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