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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Alles verbrannt und verglüht
 
Industriell betriebene Brandstiftung
Zwischenüberschrift:
Der Luftangriff vom 13. September 1944 brachte das Ende Alt-Osnabrücks
 
Der Bombenkrieg war ein Kriegsverbrechen
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Mannshoch ist das schmiedeeiserne Osnabrücker Wappenrad, das heute an der Kleinen Domsfreiheit neben dem Diözesanmuseum aufgestellt ist. Es ist ein Mahnmal an den Untergang des alten Osnabrück: Heute vor 70 Jahren, bei dem verheerenden Luftangriff vom 13. September 1944, brannten auch die beiden Domtürme aus. Und das tonnenschwere Rad stürzte in dieser Nacht von der barocken Turmspitze herab. Der Abdruck im Pflaster war noch lange zu sehen, als ein Menetekel dessen, was noch kommen sollte.

Der 13. September 1944 war ein Mittwoch. Als um 17.52 Uhr zum wiederholten Mal die Luftschutzsirenen heulten, war das noch bittere Routine. Und die Osnabrücker ahnten wohl kaum, dass nicht einmal eine Stunde später das historische Stadtbild untergegangen sein würde: Bei diesem 36. Luftangriff des Zweiten Weltkriegs fielen in nur 14 Minuten ungeheure Mengen an Spreng- und Brandbomben auf den Bahnhof, die Industrieanlagen und die Innenstadt von Osnabrück. Die Statistik zählte 1263 Tonnen Sprengmaterial: Minen, Phosphorkanister, Sprengbomben aller Kaliber. Und vor allem jede Menge Brandbomben, die Flächenbrände und einen Feuersturm entfachen sollten. Das Ergebnis waren 145 Todesopfer und ungezählte Verletzte, 1500 zerstörte und 8000 beschädigte Gebäude. 22 000 Menschen, immerhin ein Viertel der Einwohner der Stadt Osnabrück, waren in dieser Nacht obdachlos geworden. Es war der bis dahin schwerste Luftangriff auf Osnabrück, ein halbes Jahr später nur noch von dem Palmsonntags-Angriff am 25. März 1945 übertroffen.

Was in dieser Nacht geschah, was das apokalyptische Erleben des Bombenkriegs überhaupt bedeutete, haben viele Zeitzeugen überliefert, der Chronist Wido Spratte hat es aufgezeichnet. Flächenbrände erfassten die Bier- und Krahnstraße, die Hasestraße und die Nebengassen bis zum Vitihof, die Kleine Domsfreiheit und die Herrenteichstraße ebenso wie das Viertel um die Redlingerstraße: An der Großen und Kleinen Gildewart wütete ein alles verzehrender Flächenbrand. Von hier aus sprang das Feuer über auf die alten Gebäude der Heger Straße, Marienstraße und Dielingerstraße", so listete Spratte auf, " Feuer, die wohl nur mit dem großen Stadtbrand von 1613 zu vergleichen sind".

Mit den Häusern der Altstadt wurden an diesem Septemberabend auch das Rathaus, der Dom und die Marienkirche getroffen. Auf dem Turm von St. Marien waren vier weibliche Turmbeobachterinnen stationiert, die um 18.27 Uhr noch eine letzte Meldung zur Luftschutzpolizei durchgaben: " Klöckner-Werke Bombenabwürfe." Dann mussten sie selbst aus dem bereits brennenden Turm fliehen. In Rauch und Qualm der brennenden Stadt ringsum war ohnehin nichts mehr auszumachen und zu melden.

Mit einer solchen Katastrophe war die Feuerwehr naturgemäß völlig überfordert. Eine Gruppe hatte noch versucht, das brennende Rathaus zu löschen, sah sich dann aber plötzlich selbst vom Feuer eingeschlossen und konnte nur mit Mühe das eigene Leben retten: " Um 21 Uhr", so berichtete der Feuerwehrmann Westermann, " krachte das Turmgerüst von St. Marien wie eine Fackel auf die Stadtwaage und setzte sie in Brand. Gegen Mitternacht hatte die Feuersbrunst, die durch den scharfen Ostwind immer neue Nahrung erhielt, auch das Rathaus erfasst. Am Markt war nichts mehr zu retten."

Mit dem barocken Turmhelm und dem Kirchendach von St. Marien ist in jener Nacht des 13. September 1944 auch die Innenausstattung dieser Kirche verbrannt und verglüht. Eine Brandbombe war zwischen Turm und Stadtwaage niedergegangen und hatte die Orgel und die hölzernen Emporen entzündet. Die Flammen schlugen bis in die Gewölbekappen empor. Nur der Flügelaltar, das Triumphkreuz und andere besonders wertvolle Ausstattungsstücke waren ausgelagert worden und blieben deshalb erhalten.

Weitere 43 Luftangriffe, mehr als bisher schon über die Stadt hinweggegangen waren, sollten bis zum Kriegsende noch folgen. Aber manche Bombe pulverisierte jetzt nur noch den Trümmerschutt, selbst beim letzten Großangriff am Palmsonntag 45.

Denn die vertraute Silhouette der Stadt mit ihren barocken Kirchtürmen gab es nicht mehr. Und erst zum Friedensjubiläum 1948 konnte in der provisorisch hergerichteten Marienkirche ein Gedenkgottesdienst abgehalten werden. Die ausgeglühten und schrundig geborstenen Säulen erinnerten noch bis in die 60er-Jahre wie so manche Ruine in der Innenstadt an das Inferno des von Hitler und Goebbels entfesselten " totalen Krieges"
Bildtexte:
Fanal des Untergangs: Am Abend des 13. September 1944 verglühten auch die Domtürme in einem Feuersturm, der am Ende die ganze Altstadt erfasst hatte.
Berge von Trümmerschutt: Wenige Tage nach dem Angriff vom 13. September wurde dieser Blick auf den Chorumgang von St. Marien aufgenommen.
Fotos:
Büttner/ Medienzentrum, Hasekamp/ Medienzentrum

Osnabrück. Mit dem Abstand von zwei Generationen haben uns die Historiker heute auch gelehrt, hinter den grauenhaften Ereignissen der Bombennächte das Kriegsverbrechen einer industriell betriebenen Brandstiftung zu sehen.
" Forscherstäbe studierten Bebauungskarten und Luftphotographien, trugen die Brandabschnitte farbig ein, berechneten die erforderliche Komposition der Abwurfmasse, werteten Bilder der letzten Luftattacke aus und lernten daraus für die nächste", so der Militärhistoriker Jörg Friedrich in seinem Buch " Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945". Letztlich bedeutete der Luftkrieg eine pervertierte Umkehrung der Gesetze von Architektur und Städtebau. " Es stellte sich dabei heraus, dass Städte grundsätzlich aus der Luft abzubrennen waren, selbst die stabil aus Ziegeln errichteten deutschen."
Noch einmal Jörg Friedrich: " Vom Entzündungsstandpunkt wächst die Relevanz einer Stadt von außen nach innen." Das war die zynische Logik des " area bombing": Die verschachtelten Innenstädte mit ihrer mittelalterlichen Bausubstanz brannten nun einmal besser als locker bebaute Vorstädte. Und deshalb wurden in ganz Deutschland historische Altstädte ohne jegliche militärische Bedeutung zum Ziel der alliierten Bomberflotten.
Die Geschwader luden stets ihre Fracht in drei Wellen ab und orchestrierten damit die Abfolge des Geschehens am Boden. Zunächst fielen schwere Sprengbomben, die Dächer abdeckten und Fenster und Türen zerrissen, sodass offene Kamine entstanden. Dann rauschten massenhaft Brandbomben hinab, um die zündfähige Masse am Boden anzufachen. Dann noch einmal Sprengkörper, gern auch mit Langzeitzündern, die für die erwünschte Thermik sorgten und zugleich die Löschkräfte in Deckung halten sollten.
Bildtext:
Todesengel über der Stadt: Ein viermotoriger amerikanischer Liberator-Bomber über dem Osnabrücker Hauptbahnhof.
Foto:
Archiv
Autor:
Frank Henrichvark


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Bestandsbeschreibung
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