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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
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Überschrift:
Hochschulen wollen die Muesenburg
Zwischenüberschrift:
Innovatives Agrarzentrum für den Westerberg geplant – Landwirt bangt um Existenz
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die beiden Hochschulen wollen auf dem Westerberg ein Zukunftslabor für innovative Agrartechnik einrichten. Es soll ein Vorzeigeprojekt des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz werden, mit Arbeitsplätzen für 40 Wissenschaftler, überwiegend Robotik-Spezialisten. Als Standort haben Uni-Präsident Wolfgang Lücke und Hochschulpräsident Andreas Bertram die Muesenburg ins Auge gefasst, den Bauernhof an der Caprivistraße. Für dessen Pächter geht es nun um die Existenz.

Seit 1958, schon in der dritten Generation, wird die Muesenburg von der Familie Kemna bewirtschaftet. Sie hat die Hofgebäude und einen Teil ihrer Flächen von der Stadt gepachtet, doch die will den Vertrag nicht verlängern. Heute will der Rat in nichtöffentlicher Sitzung über die Kündigung beraten. Zur Debatte steht der 31. März 2016. Für die Zeit danach soll ein Pachtvertrag mit der Hochschule abgeschlossen werden.

Pächter Thomas Kemna (36) wollte gegenüber unserer Redaktion keine Stellungnahme abgeben, aber der Bürgerverein Nord-West hat die beabsichtigte Kündigung in einem Schreiben an Oberbürgermeister Wolfgang Griesert und die Ratsfraktionen scharf kritisiert.

Die landwirtschaftliche Nutzung sei ein Segen für die Stadt, schreibt die Bürgervereinsvorsitzende Elisabeth Michel. So werde der grüne Finger erhalten und gepflegt, der sich über den Westerberg bis in die Innenstadt zieht, 2011 habe die Stadt den Pächterwechsel vom Vater auf den Sohn in " unanständiger" Weise genutzt, um sich eine jährliche Kündigungsfrist zu sichern, kritisiert der Bürgerverein. Ein Pachtvertrag für einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einer so kurzen Laufzeit könne nur als " sittenwidrig" bezeichnet werden, schreibt Michel. Sie weist darauf hin, dass Thomas Kemna mit der Kündigung 23 Hektar Nutzfläche verlieren würde, die der Stadt gehören. Weitere 60 Hektar von anderen Eigentümern seien aber langfristig angepachtet. Wenn der Bauer die Betriebsgebäude nicht mehr nutzen könne, nehme die Stadt ihm die Grundlage, um diese Flächen weiterhin zu bewirtschaften. So werde eine Existenz zerstört, empört sich der Bürgerverein.

Auf diesen Aspekt gehen auch die beiden Hochschulpräsidenten ein, die sich in einem gemeinsamen Schreiben an die Stadt für die Übernahme der Muesenburg einsetzen. Es müsse auch " die Frage eines fairen Umgangs mit dem bisherigen Pächter geklärt werden", heißt es da. Die Hochschule könnte sich " gegebenenfalls in vertretbarem Umfang an einer einvernehmlichen Lösung beteiligen".

Die Präsidenten sehen gute Chancen, die Muesenburg zu einem Zukunftslabor " Agricultural Robotics Laboratory" ARoLab) des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz zu machen. Dieses Zukunftslabor werde die " Innovationsfähigkeit der insbesondere im Landkreis Osnabrück überaus starken Branche der Landtechnik langfristig stärken", versichern Lücke und Bertram. Darüber hinaus soll in der Muesenburg ein Forschungszentrum entstehen, in dem Lehrer und Wissenschaftler ihren Beitrag leisten, um Schüler für die Ingenieurwissenschaften zu begeistern. Als dritter Schwerpunkt ist eine multimediale Dauerausstellung geplant, die auch auf " umweltschonende und tiergerechte Produktionsverfahren" eingeht.

Die Hochschulplaner wollen die denkmalgeschützten Gebäude der Muesenburg sanieren und ergänzen. Neben den Forschungseinrichtungen schlagen sie einen Hofladen und ein Hofcafé vor, um den neuen Standort auf dem Westerberg zu einem Anziehungspunkt zu machen.

Der Westerberg und die Hochschulen: Lesen Sie mehr auf www.noz.de
Bildtexte:
Kündigung nach 57 Jahren: Die Stadt will, dass Familie Kemna die Musenburg für die Hochschule räumt.
Für die Landwirtsfamilie Kemna geht es um die Existenz.
Bauernhof Muesenburg.
Fotos:
Michael Gründel

Die Muesenburg war nie eine Burg
Die Muesenburg ist keine Burg, sondern ein Bauernhof, der auf die Familie Mues zurückgeht. Carl Friedrich Mues kaufte 1836 die Graupenmühle an der Bergstraße und baute eine Landwirtschaft auf. Sein Nachfolger Carl Mues verlegte den Hof Ende des 19. Jahrhunderts an die Caprivistraße.
1906 entstand dort das Hofensemble, das wohl eher scherzhaft den Namen Muesenburg erhielt und später unter Denkmalschutz gestellt wurde. Als der Betrieb 1937 durch Erbschaft an die Familie Dincklage fiel, setzte sie einen Verwalter namens Albert Kemna ein. Gleich zweimal wurden die Gebäude im Zweiten Weltkrieg zerstört und wiederaufgebaut. 1958 verkauften die Dincklages das Gut an die Stadt Osnabrück, und der Verwalter Albert Kemna pachtete den Betrieb. Sein Sohn Josef folgte ihm, und seit 2011 ist Thomas Kemna (36) Pächter in der dritten Generation.

Kommentar
Roter Teppich für die Forschung?

Künstliche Intelligenz, Roboter, selbstfahrende Mähdrescher mit immer mehr Technik soll die Landwirtschaft auf Fortschritt getrimmt werden. Probleme wie Massenviehhaltung, Güllegestank und die Vermaisung der Landschaft ließen sich beheben, versprechen die Wissenschaftler. Mag sein, dass da überzogene Erwartungen geweckt werden. Es ist aber verständlich, dass die Stadt für die Uni und die Hochschule den roten Teppich ausrollt, wenn es darum geht, ein Zukunftslabor mit Arbeitsplätzen für 40 Wissenschaftler einzurichten.

Wenn wir die Fortschrittseuphorie einmal beiseite- lassen, stellen sich allerdings Fragen: Ist es erstens vertretbar, einer Landwirtsfamilie, die in der dritten Generation tätig ist, die Existenzgrundlage zu entziehen? Ist es zweitens so eminent wichtig, das Lieblingsprojekt der beiden Hochschulpräsidenten auf den Westerberg zu bauen? Oder dürfte es auch Haste sein? Die Ratsmitglieder müssen entscheiden, mit Kopf und Herz. Künstliche Intelligenz hilft in diesem Fall nicht weiter.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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