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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Sonntagszeitung: Teilhaber fordern Schadenersatz
 
Medienbrief-Inhaber werden noch mal zur Kasse gebeten
Zwischenüberschrift:
Verleger und Medienbrief-Inhaber streiten vor dem Zivilgericht
 
Insolvenzverwalter fordert "Vorabvergütungen" zurück
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Inhaber von Medienbriefen der " Osnabrücker Sonntagszeitung" haben Ex-Verleger Norbert Fuhs auf Schadenersatz verklagt. Eine Zivilkammer des Landgerichts verhandelte am Donnerstag die ersten Fälle. Es geht um Summen von knapp 3000 Euro bis 30 000 Euro.
Die Fälle, die Rechtsanwalt Dimitri Rimscha vor die Zivilkammer getragen hat, sind ähnlich gelagert: Vor allem ältere Menschen suchten nach einer sicheren Anlagemöglichkeit für ihre Ersparnisse und stießen auf die Medienbriefe, die der Verleger Norbert Fuhs in der " Osnabrücker Sonntagszeitung" bewarb. Fuhs versprach als Geschäftsführer der Enorm-Verlagsgesellschaft Renditen von 4, 75 bis 6, 25 Prozent. Nach der Insolvenz der Verlagsgesellschaft Anfang des Jahres ist das Geld wahrscheinlich komplett weg.
Die klagenden Medienbrief-Zeichner fühlen sich von Fuhs betrogen. " Er sagte, das ist eine hundertprozentige Geschichte", schilderte ein 74-jähriger Rentner, der 2003 einen Medienbrief für 5000 Euro gezeichnet hatte. Eine 73-jährige Osnabrückerin hatte ab 2006 viermal Medienbriefe gekauft, insgesamt elf Stück für 55 000 Euro. Die versprochene Rendite sei " gut und hoch" gewesen, Herr Fuhs habe die Zinsen pünktlich gezahlt. Von etwaigen Risiken und einem möglichen Totalverlust sei nie die Rede gewesen. Mit dem Wissen hätte sie die Briefe " wahrscheinlich nicht" gekauft.
Keiner der Klagenden hat jemals Einsicht in die Bilanzen genommen oder danach verlangt. Alle erklärten, dass ihnen nicht klar gewesen sei, mit dem Kauf eines Medienbriefes " stille Gesellschafter" geworden zu sein. Ein Kläger präsentierte dem Gericht eine Notiz aus dem Beratungsgespräch mit Fuhs: " garantierter Zins". Das Wort sei in dem Gespräch gefallen. Zinsschwankungen habe Fuhs ausgeschlossen.
Das Geschäftsmodell der Sonntagszeitung sei auf Betrug begründet gewesen, sagte Rechtsanwalt Dimitri Rimscha. Fuhs habe in einem Schneeballprinzip die Renditen mit der Herausgabe neuer Medienbriefe finanziert.
Außerdem seien die Opfer falsch beraten worden. Es habe eine große Diskrepanz zwischen den schriftlichen Unterlagen und der " gelebten Realität" gegeben, so Rimscha am Rande der Sitzungen. Norbert Fuhs habe den Zeichnern ein florierendes Geschäft vorgegaukelt und die Medienbriefe als sichere Anlage verkauft. Die Risiken seien in den Verkaufsgesprächen nicht oder nur oberflächlich thematisiert worden. Über die Möglichkeit eines Totalverlustes habe Fuhs nicht aufgeklärt.
Der Ex-Verleger zeichnete vor Gericht ein anderes Bild. Er habe die Interessenten zunächst in einem Info-Schreiben über das Finanzierungsmodell in Kenntnis gesetzt. " Ich habe jedem gesagt, wenn wir pleitegehen, ist das Geld weg", so Fuhs vor dem Zivilrichter. Die Rendite habe er jeweils " aus dem laufenden Geschäft gezahlt". Dem Unternehmen sei es gut gegangen, bis Ende Mai 2013 Berichte über eine angebliche Schieflage erschienen und viele Kapitalgeber ihre Einlagen kündigten. Von Verlusten habe er " nichts gewusst", so Fuhs vor Gericht. Laut Vertrag zahlte Fuhs " Vorabvergütungen auf zu erwartende Gewinne". Doch Gewinne warf der Verlag nach den im Bundesanzeiger veröffentlichten Bilanzen seit mindestens 2006 nicht mehr ab.
Die Kläger fordern von Fuhs ihre Einlagen abzüglich der gezahlten Vorabvergütungen zurück. Eine Entscheidung will das Gericht am 31. Oktober verkünden.
Bildtext:
Werbung für die " Osnabrücker Sonntagszeitung" an einem Haus an der Bohmter Straße.
Foto:
Jörn Martens

Medienbriefe der Sonntagszeitung

Der Verlag der " Osnabrücker Sonntagszeitung" finanzierte sich über Medienbriefe, diezu 5000 Euro pro Stück gezeichnet wurden. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft konnte der Verlag die Ausschüttungen seit 2010 nur durch Herausgabe neuer Medienbriefe bedienen. Die Ermittler sehen darin ein betrügerisches System. Die stillen Einlagen beliefen sich Ende 2013 auf 8, 4 Millionen Euro. Im Januar 2014 meldete die Enorm-Verlagsgesellschaft Insolvenz an.

Osnabrück. Wer in den vergangenen vier Jahren Medienbriefe besaß, hat in diesen Tagen unschöne Post von Insolvenzverwalter Klaus Niemeyer bekommen. Er fordert die von Verleger Norbert Fuhs gezahlten " Vorabvergütungen" zurück.
Was in den Verträgen als " Vorabvergütung auf zu erwartende Gewinne" beschrieben wurde, verstanden die Medienbrief-Inhaber so: als garantierten Zins. Verleger Fuhs zahlte in der Tat stets pünktlich die versprochene Rendite aus, obwohl der Verlag keine Gewinne abwarf. Der Insolvenzverwalter betrachtet diese Ausschüttungen als " Schenkungen", die er rückgängig machen will, um das Geld in die Insolvenzmasse zu geben. Das betrifft auch jene, die ihre Medienbriefe in den vergangenen vier Jahren gekündigt haben. Denn wer kündigte, bekam seine volle Einlage zurück. Damit verstieß Fuhs gegen das Gesetz ohne es zu wissen, wie er vor Gericht versicherte. Er hätte den stillen Gesellschaftern je nach Laufzeit eines Medienbriefes anteilig die Verluste oder Gewinne anrechnen müssen.
Ralf Neumann, Gründer des Vereins der Medienbrief-Geschädigten, hält die Rückforderung des Insolvenzverwalters für unberechtigt. Das Geschäftsprinzip sei betrügerisch, der Verkauf der Medienbriefe sittenwidrig gewesen. Der Vorgang müsse nach dem Verbraucherschutzgesetz beurteilt werden und nicht nach dem Gesellschaftsrecht. Die Vereinsmitglieder wollen sich am Montag, 29. September, um 18 Uhr im Haus der Jugend treffen, um das weitere Vorgehen zu beraten.

Kommentar
Und die Moral?

Das Zivilgericht entscheidet nach Recht und Gesetz. Deshalb wird es für die Medienbrief-Geschädigten nicht leicht werden, ihre Forderungen durchzusetzen. Wie es scheint, haben viele einen Vertrag unterschrieben, ohne wirklich zu wissen, was drinsteht.

Aber es gibt auch eine moralische Ebene. Ex-Verleger Norbert Fuhs hat, das zeigen die gestern verhandelten Fälle, den Interessenten nicht die ganze Wahrheit gesagt. Er malte die Zukunft des Verlages in schillernden Farben, als dieser schon sechs- und siebenstellige Verluste schrieb. Er will es nicht gewusst haben. Kaum zu glauben, mit welcher Chuzpe der Unternehmer seine Vernebelungstaktik selbst vor Gericht fortsetzt.

Offenbar passte das, was er in den Verkaufsgesprächen ausschmückte, nicht zu dem, was er den blauäugigen Kapitalgebern im Vertrag schriftlich vorlegte. Das reicht vielleicht juristisch nicht, um einen Schadenersatz zu begründen. Aber das moralische Urteil muss vernichtend ausfallen.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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