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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Das Großprojekt im kleinen Steinbruch
Zwischenüberschrift:
Neue Serie über geplatzte Pläne: Das Klinikum sollte ursprünglich auf dem Westerberg gebaut werden
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Kaum zu glauben: Das Osnabrücker Klinikum sollte ursprünglich im alten Steinbruch auf dem Westerberg gebaut werden, dort, wo sich heute der Botanische Garten befindet. 1965 gab es schon konkrete Pläne. Vier Jahre später fiel dann ziemlich überraschend die Entscheidung für den Standort Finkenhügel.

So könnte ein Landeplatz für Ufos aussehen, ein Hochregallager für Goldbarrenformatierungsanlagen oder vielleicht auch die Zentrale der NSA. Aber es ist der Entwurf für ein Krankenhaus in der niedersächsischen Provinz: Aus einem quadratischen Sockel mit zwei Geschossen wachsen drei jeweils achtstöckige Bettentürme in den Himmel. Etwas abseits, vor der nördlichen Bruchwand, haben die Planer einen lang gestreckten Baukörper platziert, der als Wohnheim für Personal und Schwesternschülerinnen deklariert ist.

Erstmals zu sehen war die Skizze der Aachener Architekten Wolfgang Weber und Peter Brand in der Dezemberausgabe 1965 der Zeitschrift " Bauwelt". Das Fachblatt erschien in Berlin, aber ein Exemplar verirrte sich in die Redaktion des " Osnabrücker Tageblatts", das sich in einem Kommentar über die Arroganz der Planer ausließ: " In Osnabrück muss man ja nicht wissen, wie das neue Krankenhaus gebaut wird."

Dass ein neues Klinikum im stillgelegten Kalksteinbruch gebaut werden sollte, war damals Konsens in der Osnabrücker Politik. Jahrelang hatte die Stadt schon mit dem Land Niedersachsen verhandelt. Das Stadtkrankenhaus von 1931 war sanierungsbedürftig und galt als den Erfordernissen einer modernen Medizin nicht mehr gewachsen. 1965 kaufte die Stadt das 8, 5 Hektar große Areal und verabschiedete einen Bebauungsplan, um das Großprojekt im kleinen Steinbruch auf die Schiene zu setzen.

So aberwitzig der Standort auf dem Westerberg heute erscheint damals wurden die zentrale Lage und die geringe Lärmbelastung als Vorzüge genannt. Um den Verkehr, der über die Albrechtstraße und die Caprivistraße abgewickelt werden sollte, machte sich wohl niemand Sorgen. Autos waren Mitte der 60er-Jahre ja noch längst nicht so verbreitet wie heute. Und der Einwand, dass es an Erweiterungsflächen fehle, spielte in der Diskussion keine Rolle.

Vorbehalte gab es beim Regierungspräsidenten, dem die Stadt den Bebauungsplan vorzulegen hatte. Er ließ sich Zeit und forderte die Gutachten der Technischen Hochschule Hannover und der Wetterwarte Osnabrück an, die in das Verfahren eingegangen waren. Die Zweifel bezogen sich offenbar auf die Luftqualität im Steinbruch-Kessel. Am Ende bekam der Plan doch den amtlichen Segen. Aber damit war das Krankenhaus noch nicht gebaut. Die Stadt konnte das Geld nicht aufbringen.

50 Millionen DM (25 Millionen Euro) wurden für das neue Klinikum kalkuliert, 1971 sollte Baubeginn sein. Doch im November 1969 hieß es plötzlich, das Krankenhaus solle am Finkenhügel errichtet werden. Weil man mehr Fläche brauche, um auch das Kinderhospital dort anzusiedeln. Weil man sich erhoffte, die noch nicht einmal gegründete Universität würde eines Tages auch Medizinstudenten ausbilden und mit dem Klinikum kooperieren. Und weil es hieß, die Autos könnten über die spätere Westumgehung anrollen.

Alles kam ganz anders, aber es blieb beim Finkenhügel. Am Ende kostete das Klinikum 240 Millionen DM, der Baubeginn verzögerte sich bis in die 80er-Jahre, und die ersten Patienten kamen 1993. Da war aus dem alten Steinbruch durch eine glückliche Fügung der Botanische Garten der Universität geworden.
Bildtexte:
Als wäre ein Ufo am Westerberg gelandet: So sollte das Klinikum im Steinbruch aussehen.
In einem Fachblatt für Bauwesen wurde der Entwurf für das Klinikum im Steinbruch erstmals vorgestellt das gab Ärger.
Foto:
Gert Westdörp, Matthias Michel

Kühne Pläne, geplatzte Träume: In einer neuen Serie stellen wir Projekte aus den vergangenen Jahrzehnten vor, die in Osnabrück einmal verwirklicht werden sollten, obwohl sie uns heute kurios erscheinen.

Kommentar
Das war wohl nix!

Das war wohl nix! Wie oft müssen Pläne korrigiert oder gar verworfen werden, wie oft kommt alles ganz anders als in den Sandkastenspielen der Zukunfts designer?

Heute erscheint es naiv, einen Krankenhausstandort zu wählen, der kaum Erweiterungen zulässt. In einem Wohngebiet, das schon den Verkehr von Uni und Hochschule verkraften muss. Aber die Stadt hat ja damals gerade noch die Kurve gekriegt.

Wer Weichen für die Zukunft stellt, kann nicht allein auf Fakten bauen, sondern folgt zugleich Moden und diffusen Erwartungen. Heute wissen wir, dass es falsch war, 1960 die Straßenbahn zu verschrotten. Oder ein paar Jahre später den Neumarkttunnel zu bauen. Lassen sich solche Pannen verhindern? Vielleicht, indem sich mehr Menschen interessieren, einmischen und ganz uneigennützig kritische Fragen stellen.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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