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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Flüchtlinge ziehen in ehemaliges Bordell
 
Wohnen im ehemaligen Bordell
Zwischenüberschrift:
Stadt weiter auf der Suche nach Flüchtlingsunterkünften – Container nicht ausgeschlossen
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Auf der Suche nach Wohnraum für Asylbewerber nutzt die Stadt alle Möglichkeiten. Angemietet wurden jetzt ein ehemaliges Bordell und eine frühere Mannschaftsunterkunft der britischen Garnison. Dennoch fehlen weiterhin 333 Plätze. Nicht ausgeschlossen wird, dass Flüchtlinge künftig auch in Containern wohnen könnten.

Osnabrück. Wohnen in einem ehemaligen Bordell: Auf der Suche nach Unterkünften für Flüchtlinge will die Stadt nun auch ein ehemaliges Bordell an der Möserstraße anmieten. Im Erdgeschoss des Hauses befindet sich noch ein Erotikshop.

Trotz Kritik aus Reihen der CDU und der Linken gab der Rat in nicht öffentlicher Sitzung grünes Licht für die Anmietung dieser 25 Plätze. Die Ratsfraktion der Linken protestiert dagegen in einer Pressemitteilung. " Ob es um Vandalismus, Gewaltdelikte, Drogenkriminalität oder Prostitution geht wir können in diesem Umfeld, in diesem Gebäude keine Menschen unterbringen, die wir schützen wollen", schreibt der Fraktionsvorsitzende Christopher Cheeseman.

" Wir haben den Standort kritisch diskutiert", sagte Stadträtin Rita Maria Rzyski auf Anfrage unserer Zeitung. Die Mehrheit der Ratsmitglieder sei zu dem Schluss gekommen, dass ein Sexshop " Teil unserer westlichen Gesellschaft" sei. Selbstverständlich würden dort keine Familien mit Kindern untergebracht.

Der Mietvertrag mit dem Geschäft laufe in Kürze aus. Wenn die Stadt eine passende Verwendung finde, werde sie die Räume vielleicht selbst anmieten. Für Wohnzwecke sei der Laden aber ungeeignet. " Wenn wir einen entspannten Wohnungsmarkt hätten, wären wir auf dieses Objekt sicher nicht gekommen", räumt Rzyski ein.

Angesichts der weiter steigenden Flüchtlingszahlen stehe die Stadt dem Land gegenüber aber in der Pflicht. In den nächsten Monaten rechne Niedersaschen mit 13 200 Asylantragstellern. Eine Entlastung biete ein zweites Haus in der ehemaligen Landwehrkaserne. Die einstige Mannschaftsunterkunft ist nach Rzsykis Auskunft " super in Schuss".

Die Flüchtlinge, die im Nachbarhaus lebten, seien sehr zufrieden, da es in der Nähe Einkaufsmöglichkeiten und gute Busverbindungen gibt. Das Haus eigne sich auch für Familien mit größeren Kindern, denen zwei nebeneinander liegende Wohnungen abgeboten werden können. 54 Plätze böten die Möglichkeit, Ethnien sinnvoll zusammenzubringen.

In trockenen Tüchern sei auch die Anmietung des ehemaligen Nord-Hotels an der Hansastraße mit 20 Plätzen. Weitere 35 Plätze sollen an der Peiner Straße entstehen. Hier habe der Rat darüber diskutiert, ob das Viertel wegen der anderen nahe liegenden Flüchtlingsunterkünfte weitere Asylsuchende aufnehmen könne. Angesichts der freundlichen Aufnahme der Flüchtlinge durch viele ehrenamtliche Helfer seien Bedenken ausgeräumt worden. Im vergangenen Jahr wurden bereits zahlreiche neue Wohnungen angemietet: an der Meller Straße, An der Petersburg, am Heiligenweg, an der Kurzen Straße, das komplette Haus 89 in der Landwehrkaserne. Alle neuen Unterkünfte reichten jedoch nicht aus, um die Aufnahmequote des Landes zu erfüllen. Laut Rzyski müsse die Stadt Platz für weitere 333 Menschen auf der Flucht schaffen.

Parallel zur Suche nach Häusern werde auch eine " Containerlösung" geprüft. Mögliche Standorte würden auf den Anschluss an Versorgungsleitungen untersucht. Diese Form der Unterbringung sei generell teurer als die Anmietung von Wohnungen.

Die Pauschale von 5900 Euro, die das Land Niedersachsen der Stadt pro Flüchtling im Jahr zahle, reiche bei Weitem nicht aus, sagte Rzyski. Allein für das Jahr 2013 blieben für die Stadt 1, 3 Millionen Euro nicht gedeckte Kosten. Mit der steigenden Zahl der Flüchtlinge stiegen auch diese Kosten. Eine Anhebung der Pauschale sei zwar angekündigt, aber noch in der Beratung.

Hinzu komme, dass die Kommunen die Flüchtlingskosten erst immer zwei Jahre später erstattet bekämen. " 2014 erhalten wir die Pauschale für die Flüchtlinge von 2012", erläuterte Rzyski: " Wir würden gerne zeitnah jeden Asylbewerber einzeln abrechnen."
Bildtexte:
In dem Anbau des Hauses Möserstr. 39 sollen die ersten Asylbewerber einziehen, später auch im Vorderbau, wo heute noch Studenten wohnen. Im Erdgeschoss befindet sich ein Erotik-Shop, dessen Mietvertrag ausläuft.
Die ehemalige Mannschaftsunterkunft in der Kaserne an der Landwehrstraße 88 bietet Platz für 54 Flüchtlinge. Das Haus 89 ist bereits ein Asylbewerberheim.
Fotos:
Michael Gründel

Kommentar
Den Ball flach halten

Ein bisschen weniger ist manchmal mehr: Die Aufregung der Linken über die Unterbringung von Asylbewerbern in einem ehemaligen Bordell ist überzogen. Die Stadt räumt selbst ein, dass sie bei einer besseren Lage auf dem Wohnungsmarkt sicher nicht so schnell auf diese Lösung gekommen wäre.

Was aber ist so schlimm daran, dass im Anbau des Hauses an der Möserstraße früher Prostituierte gearbeitet haben? Für die Flüchtlinge ist allein wichtig, dass sie vernünftigen Wohnraum bekommen. Bei dem, was sie auf der Flucht vermutlich alles erlebt haben, dürfte die Vergangenheit des Hauses nebensächlich sein. Ebenso werden es die im Vorderhaus lebenden Studenten empfinden.

Bleibt der Sexshop im Erdgeschoss. Der Mietvertrag läuft aus, vielleicht findet sich eine andere Art der Vermarktung. Wenn nicht, werden die Asylbewerber damit leben müssen.

Zweifelsfrei richtig ist die Förderung der Linken, auch weiter darüber nachzudenken, wie die Ausbeutung von Frauen durch die Sexindustrie wirksam bekämpft oder eingeschränkt werden kann.

Ein ehemaliges Bordell ist dennoch allemal besser als ein Container oder gar ein Zelt. Das Beste ist also, wir halten den Ball flach, dann kann sich die Aufregung wieder legen.
Autor:
Ulrike Schmidt


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