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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Als Reisen ein Privileg der Reichen war
Zwischenüberschrift:
Hauptbahnhof-Führung beleuchtet mehr als 100 Jahre lokaler Eisenbahngeschichte
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Er ist nicht nur Ausgangspunkt ungezählter Reisen, sondern auch Schauplatz vieler Geschichten: Seit mittlerweile 119 Jahren steht der Osnabrücker Hauptbahnhof etwas östlich der Innenstadt und verbirgt hinter seiner im Stil des Historismus gestalteten Fassade den Kreuzungspunkt zweier wichtiger Eisenbahnmagistralen.

Im Inneren hat sich im Laufe der Jahrzehnte viel geändert: Umbauten und Renovierungen bezeugen eine sich stetig wandelnde Reisekultur. Einen Eindruck einstiger Bahnherrlichkeit und ihrer verschlungenen Pfade in die Gegenwart vermitteln die Stadt-Land-Führungen Osnabrück: Eisenbahnromantiker und Geschichtsinteressierte kommen dabei gleichsam auf ihre Kosten.

Die Hauptbahnhofsführungen bieten keinen Blick hinter die Kulissen. Sie führen auch nicht in Räume, die nicht ohnehin jeder Passant frei betreten könnte. Das Pfund, mit dem sie wuchern, ist die Erinnerung: Die Lebensgeschichten der Führer sind eng mit dem Bahnhof verwoben, die Erzählung historischer Fakten ist angereichert mit persönlichen Erlebnissen und Anekdoten. " Da vorne war früher ein Friseursalon", erzählt Dietmar Koch und deutet dorthin, wo heute die Nordwestbahn ihren Sitz hat. " Ich habe mir dort im Dienst öfter die Haare schneiden lassen." Einmal sei sein Vorgesetzter dahintergekommen und habe ihm Vorhaltungen gemacht. " Wieso? Die sind doch auch im Dienst gewachsen", habe Koch sich daraufhin gerechtfertigt.

40 Jahre war Koch bei der Bahn, zuletzt als kommissarischer Leiter des Hauptbahnhofs. Immer wieder streifen seine Ausführungen die persönlich erlebte Zeit. Als die Bahn in Osnabrück noch ein großer Arbeitgeber war, ein Staatsunternehmen, das auf dem Bahnhofsgelände einen eigenen Sportverein unterhielt: Noch heute steht das Vereinsheim an der Peripherie des Bahnhofs, noch heute prangt das " Eisenbahnerturn- und Sportverein" ganz selbstverständlich auf dem Wappen jenes Clubs, der längst nur noch als TSV Osnabrück bekannt ist.

Es war die zunehmende Enge in der Stadt, die Ende des 19. Jahrhunderts den Neubau eines Zentralbahnhofes vor den Toren erforderlich machte. Ein Prestigeprojekt, das 1895 vollendet wurde. Offiziell zumindest. Auf dem Eingangsportal prangt indessen die Zahl 1894. " Wahrscheinlich hätte der Bahnhof auch da schon in Betrieb gehen können", sagt Koch. " Aber ein Bahnhof musste im Beisein des Kaisers eröffnet werden. Man munkelte, Wilhelm II. habe erst im Frühjahr 1895 Zeit für einen Besuch in Osnabrück gefunden."

Die Aufwartung Seiner Majestät fügt sich in das Gesamtbild, das Koch von der Frühzeit des Bahnhofs zeichnet: Bahnreisen waren primär ein Privileg vermögender Kreise. Über dem Zugang zum heutigen " Raum der Stille" prangt noch heute ein altes Adelswappen. " Früher war hier ein separater Warteraum für Blaublüter", weiß Koch zu berichten. Auf alten Fotos zeigt er den prächtigen " Schorn′schen Speisesaal", der, im Bereich des späteren Wartesaals angesiedelt, zu den bevorzugten gastronomischen Adressen der besseren Osnabrücker Gesellschaft zählte.

Neben einstigem Glanz dokumentiert die Führung zugleich wirtschaftliche und mitunter militärische Aspekte der Bahnhofsgeschichte. Vom Dach des Parkhauses im südlichen Bereich des Bahnhofplatzes früher war hier eine Postregistratur zeigt sich die einstige Dimension der Bahn in Osnabrück: Der Blick schweift über das Areal des längst stillgelegten Güterbahnhofs. Koch erklärt die Funktion der sogenannten Schinkelkurve, einer von mehreren Schienenführungen, über die beide Gleis-Ebenen miteinander verknüpft sind. Man ahnt ihren lang gestreckten Verlauf von hier oben. Und man ahnt ein wenig die Gefühlslage des alten Bundesbahners, als unten der IC nach Bremen einfährt, und er sagt: " Wahrscheinlich wird die Strecke ja auch bald privatisiert." Ein Grund mehr also, vergangenes Bahnhofsflair noch einmal lebendig werden zu lassen und sei es nur für die Dauer einer Führung.

Geführte Rundgänge in der Region: Alle Beiträge der Serie auf www.noz.de/ fuehrungen
Bildtext:
401 Jahre war Dietmar Koch bei der Bahn. Seine teils wehmütigen Erinnerungen teilt er bei seinen Führungen durch den Hauptbahnhof mit den Besuchern.
Foto:
Markus Pöhlking

Infos im Überblick
Für 2015 sind noch drei offene Hauptbahnhofsführungen geplant. Am 29. März, 28. Juni und 27. September startet der Rundgang durch den Hauptbahnhof und das angrenzende Areal jeweils um 13.30 Uhr. Um vorige Anmeldung wird gebeten. Insgesamt beträgt die Laufstrecke der eineinhalbstündigen Führung rund 1, 5 Kilometer, eine barrierefreie Passage ist möglich. Jeweils zu Beginn zahlen die Teilnehmer den Beitrag in Höhe von 5 Euro (Kinder: 2 Euro). Treffpunkt ist der DB-Info-Point in der Haupthalle. Optional sind über das ganze Jahr Gruppenführungen beispielsweise für Schulklassen oder einen Betriebsausflug buchbar, wobei die maximale Gruppenstärke bei zwanzig Personen liegt. Buchungen und weitere Infos unter Telefon 05 41/ 2 02 99 72 oder www.osnabrueck-fuehrungen.de.
Autor:
Markus Pöhlking


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