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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Vor 250 Jahren war ein Baby Bischof von Osnabrück
Zwischenüberschrift:
Friedrich von York (1763–1827) regierte das Fürstbistum von England aus
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Am 16. August 1764 wurde der englische Prinz Friedrich von York (1763–1827) ein Jahr alt und war doch schon seit sechs Monaten Fürstbischof von Osnabrück. Minderjährige Herrscher hatte es ja schon seit dem Mittelalter immer wieder gegeben, aber ein Baby auf dem Bischofsstuhl ausgerechnet in der Epoche der Aufklärung, dem Zeitalter der Vernunft? Das war mehr als ungewöhnlich.
Das Fürstbistum Osnabrück war im 18. Jahrhundert einer von zahlreichen Kleinstaaten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation einzigartig allein aufgrund der sogenannten Alternativsukzession: Seit dem Westfälischen Frieden regierten hier abwechselnd ein katholischer und ein evangelischer aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg (sprich: Hannover) stammender Fürstbischof. Osnabrück war damit ein Außenposten des Herzogtums und späteren Kurfürstentums Hannover geworden, der der Versorgung nachgeborener Prinzen diente.
Der erste evangelische Fürstbischhof Ernst August I. (1629–1698) hatte freilich von Osnabrück aus geschickt seine Chancen genutzt, um als Shootingstar im Alten Reich zum Herzog und Kurfürsten von Hannover aufzusteigen. Für ihn wurde Osnabrück das Sprungbrett in die große Politik, und die Heirat mit Sophie von der Pfalz (1630–1714 ) hatte für die Anwartschaft auf den englischen Thron gesorgt, die 1701 im Act of Settlement fixiert wurde. Kurz nach Sophies Tod avancierte mit Georg I. von Braunschweig-Lüneburg (1660–1727) erstmals ein Welfe zum englischen König, der 1727 auf der Iburg starb, als er seinen Bruder, den Osnabrücker Bischof Ernst August II. (1674–1728), besuchte.
Als der Kölner Erzbischof Clemens August von Bayern (1700–1761), der über 30 Jahre auch Osnabrück regiert hatte, während des Siebenjährigen Krieges starb, hatte mit Georg III. (1738–1820) allerdings 1760 gerade erst ein englischer Monarch die Bühne betreten, der anders als sein in Hannover geborener Vater und Vorgänger Georg II. (1683–1760) zwar praktisch keine Beziehung zu seiner deutschen " Heimat" hatte, dafür aber schon mal daran dachte, Osnabrück zu säkularisieren und Kurhannover einzuverleiben.
Georg III. fehlte für den Osnabrücker Bischofsstuhl ein Kandidat. Sein bis dato einziger Sohn Georg war natürlich als Thronfolger vorgesehen. Also spielte er auf Zeit: Bei getreulicher Wahrnehmung ehelicher Pflichten sollte sich das Problem über kurz oder lang von selbst lösen. Die Geburt Friedrichs von York kam dann auch nicht völlig überraschend, und tatsächlich wird dieser am 27. Februar 1764 vom Osnabrücker Domkapitel zum Bischof gewählt. Die Vormundschaftsregierung übernahm der Vater von London aus. Die juristische Verteidigung der Vormundschaft oblag Justus Möser (1720–1794), der die Regierung in Osnabrück bei allen auftretenden Fragen beriet.
Möser reiste 1763/ 64 nach London, um finanzielle Forderungen Osnabrücks an das britische Königreich zu vertreten, die im Siebenjährigen Krieg entstanden waren. Möser verhandelte erfolgreich und war einer der ersten Osnabrücker, der den kleinen Bischof zu Gesicht bekam. In einem Brief erinnerte er Friedrich später daran, dass er " einst die Gnade gehabt hat, Höchstdieselben auf den Armen der besten Mutter zu sehen". Möser sendete Friedrich 1779 seine Patriotischen Fantasien und widmete ihm 1780 die neue Ausgabe seiner Osnabrückischen Geschichte, damit der Prinz sich auf seine zukünftige Herrschaft vorbereiten und über das Osnabrücker Land und dessen Bewohner umfassend informieren könnte. Doch die Hoffnung, mit der Volljährigkeit 1783 werde Friedrich wie einst Ernst August II. in Osnabrück residieren und in eigener Person regieren, erfüllte sich nicht. Ihm war eine militärische Karriere wichtiger, und nur gelegentlich kam er in " sein" Fürstbistum. Friedrich von York erhielt eine jährliche Rente, als Osnabrück 1802 schließlich säkularisiert dem Kurfürstentum Hannover übertragen wurde.

Bildtexte:
Friedrich von York im Alter von sechs JAhren (Miniatur auf Elfenbein, um 1769).
Martin Siemsen ist Historiker und Vorsitzender der Justus-Möser-Gesellschaft.
Fotos:
Grovermann, Archiv/ Wiesmann
Autor:
Martin Siemsen


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