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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Extrablätter finden reißenden Absatz
Zwischenüberschrift:
Im Juli 1914 verfolgen die Osnabrücker mit atemloser Spannung den Strudel der weltpolitischen Ereignisse
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Die Juli-Krise der europäischen Diplomatie nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers am 28. Juni 1914 findet ihren Niederschlag auf den Politikseiten der Osnabrücker Presse, während die lokalen Meldungen zunächst noch das weitgehend normale Alltagsleben widerspiegeln. Das ändert sich mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli.

" Die ernste kriegerische Lage hält begreiflicherweise auch in Osnabrück das Publikum in der größten Spannung und Erregung. Das ganze Interesse konzentriert sich, wo immer man auch steht und geht, auf den österreichisch-serbischen Konflikt und die Möglichkeit europäischer Verwicklungen", schreibt das " Osnabrücker Tageblatt" am 29. Juli 1914. Atemlos verfolgen die Osnabrücker den Ablauf von Ultimaten, Erklärungen und Mobilmachungen der handelnden Mächte. " Vor der Geschäftsstelle des Osnabrücker Tageblattes und im Hausdurchgang drängte und staute sich stundenlang eine nach Hunderten zählende Menge. Die Extrablätter gingen reißend ab. In den Restaurants und Cafés werden deutsche und österreichische Nationallieder gesungen, wie die ' Wacht am Rhein' und ' Deutschland, Deutschland, über alles'", schreibt die Zeitung.

Insgesamt verhalte sich das Publikum ruhig und gefasst, heißt es. Daraus spreche das große Vertrauen auf die Stärke der deutschen Wehrmacht. Mit großem Verständnis wird die Ankündigung kommentiert, dass Bauwerke von strategischer Bedeutung wie Eisenbahnlinien und Brücken auch in und um Osnabrück wegen der Sabotagegefahr ab sofort bewacht würden. " Angesichts der vielen hier beschäftigten Ausländer, darunter Serben und Russen, scheint diese Maßnahme am Platze zu sein."

Mit deutlichen Worten tritt die Zeitung der Befürchtung entgegen, Sparguthaben könnten im Kriegsfall gefährdet sein, nachdem es in Berlin schon zu Massenabhebungen verunsicherter Sparer gekommen war. " Nirgendwo sind die Gelder sicherer aufgehoben und geschützt als gerade auf den Sparkassen. […] Auch vor dem Feinde ist das Geld sicher, denn der vornehmste Grundsatz des Völkerrechts ist der, daß das Privateigentum unverletzlich ist. Der Feind im Lande darf nur Staatseigentum angreifen, das der eigentlich kriegführenden Partei gehört."

Mitte Juli rücken die in Osnabrück stationierten Bataillone des Infanterieregiments 78 zum Manöver ins holsteinische Lockstedter Lager aus. Das hat nichts mit der politischen Lage zu tun, sondern stellt eine turnusmäßige Übung dar. Munster (Lüneburger Heide) und Lockstedt (bei Itzehoe) würden immer im Wechsel aufgesucht, klärt die Zeitung auf, da die unterschiedlichen Geländeformen auf den beiden Truppenübungsplätzen beste Ausbildungserfolge ermöglichten. Eigentlich sollte die Übung bis zum 12. August dauern. Wegen des Ernstes der Lage kehrt die Truppe jedoch vorzeitig am 29. Juli in die Garnison zurück. Drei Tage später ergeht der Befehl zur Mobilmachung.

Friedliche Bilder vermitteln die lokalen Meldungen noch Anfang Juli. " In die Bickbeeren sieht man jetzt täglich Alt und Jung hinauseilen. Besonders nach Vehrte, Oesede, Malbergen und Ostercappeln fahren die emsigen Sammler meist mit den Morgenzügen hinaus, um nach Erwerb der Erlaubnisscheine, die einzelnen Gemeinden ein ganz nettes Sümmchen einbringen, der Sammelarbeit obzuliegen", schreibt das " Tageblatt". Da die vierwöchigen Sommerferien begonnen haben, seien auch viele Schüler darunter. Für die sei das Pflücken der Bickbeeren (Heidelbeeren) " in der ozonreichen Waldluft ein nicht zu unterschätzender Vorteil". " Wie man hört, soll die Bickbeere dieses Jahr besonders süß und schmackhaft sein."

Der Hausfrauenbund veranstaltet für die Dienstmädchen der Damen einen Ausstellungsbesuch " in den Sälen der Harmonie" (Harmonieclub Hakenstraße). Dort sind einige Räume musterhaft möbliert, um " Anregungen für die Wohnungsfrage" zu geben. Der Hausfrauenbund hält es für seine Pflicht, " auch den zukünftigen Frauen des Kleinbürgertums einen Einblick in die Anforderungen der Gegenwart für das Wohnen im eigenen kleinen Heim zu geben". Viele Mädchen hätten reges Interesse an der Sache gezeigt, schreibt die Zeitung, und schließt mit dem Wunsch: " Möge ein Samenkorn, jetzt gesät, später Frucht bringen."

Im Bürgervorsteherkollegium berichtet Stadtsyndikus Reimerdes, dass der Kläranlagenbetrieb jetzt gut laufe. Man habe entschieden, die Senkstoffe aus der Anlage den im Stadtgebiet wohnenden kleineren Eigentümern und Pächtern von Gärten zu Düngungszwecken für den Eigenbedarf unentgeltlich zur Verfügung zu stellen solange der Vorrat reiche. Damit solle ein gewisser Ersatz geboten werden für den schon oft beklagten Verlust des Hausdungs, nachdem die Häuser an die öffentliche Kanalisation angeschlossen worden waren. An Auswärtige sollen diese Dungstoffe dagegen nur gegen Bezahlung abgegeben werden.

Vor dem Landgericht erschien der Schneider K. Ihm wurde Kirchenraub zur Last gelegt. Er soll in den Kirchen zu Boke loh und Teglingen bei Meppen die Opferstöcke erleichtert haben. Er hatte sich auf das Herausangeln des Geldes mittels einer Leimrute spezialisiert. " Eine mit Vogelleim bestrichene dünne Fischbeinstange war sein Handwerkszeug." Dem Küster in Bokeloh war er aufgefallen, weil er sich als Ortsfremder in der Nähe des Opferstockes aufgehalten hatte. Doch der Küster ließ den Fremden unbehelligt, weil der eine andächtige Miene machte. Später entdeckte man am Geldeinwurfschlitz Leimspuren. In Teglingen wurde er schließlich auf frischer Tat ertappt. Er floh aus der Kirche, es entwickelte sich eine wilde Verfolgungsjagd, bis man ihn schließlich in einem nahe gelegenen Wald stellte. " Trotz der untrüglichen Schuldbeweise leugnete er die Taten und beteuerte mit treuester Biedermannsmiene, nur zum Beten in die Kirche gegangen zu sein." Es nützte ihm nichts. Das Landgericht verurteilte ihn zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus.
Bildtext:
Einstimmung auf Kriegswirtschaft: Kupfer und andere Edelmetalle wurden in Osnabrück an der Johanniskirche gesammelt.
Quelle:
Staatsarchiv
Autor:
Joachim Dierks


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