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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
"Lebensquelle" macht der Stadt Druck
Zwischenüberschrift:
Online-Petition "Ja zum christlichen Zentrum" – Freikirchler fühlen sich diskriminiert
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Mit einer Online-Petition will die evangelische Freikirche " Lebensquelle" bundesweit Druck auf die Stadt ausüben. 2858 Unterstützer haben den Appell " Ja zu einem christlichen Kulturzentrum in Osnabrück" bislang unterschrieben, darunter allerdings nur 524 aus Osnabrück. Die Initiatoren werfen der Stadt vor, sie verzögere das Bauprojekt auf dem Güterbahnhof. Das Christentum sei eine bedrohte Religion, heißt es in der Begründung. Auf den Kommentarseiten zur Petition werden auch antiislamische Töne angeschlagen.

Ende 2012 wurde bekannt, dass die Freikirche auf dem ehemaligen Güterbahnhof ein drei Hektar großes Grundstück gekauft hat, um dort eine Kirche zu bauen. Mit 3000 Sitzplätzen so viele sollten es nach dem schrittweisen Ausbau sein wäre sie deutlich größer als der Dom. Politiker gingen auf Distanz zur " Lebensquelle", als deren Vertreter eine ausgrenzende Haltung gegenüber Homosexuellen erkennen ließen. Fast zwei Jahre danach ist über das Bauvorhaben noch nicht entschieden. Die Stadt will den Güterbahnhof als Gewerbegebiet ausweisen, aber das Bebauungsverfahren zieht sich in die Länge. Weil das Grundstück der Freikirche im Zen trum dieses Plangebiets liegt, lässt die Stadt sie warten.

Es fehlten noch verschiedene Gutachten, sagt Stadtbaurat Frank Otte, etwa zum Verkehr oder zur Umweltverträglichkeit. Über den Antrag der " Lebensquelle" könne erst beraten werden, wenn alle Fakten auf dem Tisch lägen. Derzeit gebe es aber noch so viele offene Fragen, dass sich die nächsten Schritte nicht terminieren ließen. Verzögert wird die Planung auch durch einen Rechtsstreit: Die Zion GmbH, die über den weitaus größten Teil des Güterbahnhofs verfügt, liegt mit der Stadt Osnabrück in wesentlichen Fragen über Kreuz. Hauptknackpunkt ist die die Weigerung der Zion GmbH, eine relativ kleine Fläche abzugeben, die für den Neubau der Eisenbahnbrücke an der Hamburger Straße erforderlich ist.

Diese Behandlung durch die Stadt empfindet die Freikirche " Lebensquelle" als Schikane. In ihrem Zentrum am Goethering ist es ihr zu eng geworden, die von ihr bereits erworbene Güterabfertigungshalle unterliegt einer Veränderungssperre. Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, dem Adressaten der Petition, wird vorgehalten, dass Christen systematisch diffamiert würden und das " in einem christlichen Land, mit christlich geprägter Geschichte und Tradition", wie es im Text heißt. Die freievangelische Kirchengemeinde beruft sich auf die Religions- und Meinungsfreiheit und bekundet, sie wolle dem Trend der " Unterminierung der christlich-abendländischen Kultur" entgegenwirken.

Mit " Open petition" bedient sich die zur Pfingstkirche gehörige " Lebensquelle" einer Internetplattform, die nach ihrem Selbstverständnis politisch neutral ist und für eine Modernisierung der parlamentarischen Demokratie eintritt. Ziel sei es, Bürgern zu helfen, ihre Anliegen " auf die politische Tagesordnung" zu setzen. Dabei muss sie auch Kritik einstecken, weil in der Debatte ebenso ihre Gegner zu Wort kommen. Die Gemeinde schüre Homophobie, heißt es da, in den Predigten würden fundamentalistische Thesen gepredigt und andere Menschen ausgegrenzt. Ein Pfingstler wendet ein, in Osnabrück werde allenfalls ein Großbau abgelehnt, nicht aber das Christentum.

Die Größe des geplanten Zentrums war auch in den politischen Diskussionen immer wieder ein Thema. Eine Kirche mit 3000 Sitzplätzen wird von Planern und Politikern kritisch gesehen, auch mit dem Hinweis auf die Lage in einem Gewerbegebiet. Im Raum steht noch eine Zahl, die Oberbürgermeister Griesert genannt hat: 800 Plätze seien akzeptabel, ließ er 2013 einmal verlauten. Das wäre das Doppelte der aktuellen Mitgliederzahl, die auf der Internetseite der Gemeinde angegeben ist.

Andere Politiker haben sich gänzlich gegen den Bau eines Zentrums für die " Lebensquelle" ausgesprochen. Die Entscheidung wird demnächst im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt fallen.

Güterbahnhof, Zion GmbH, " Lebensquelle": Alles auf www.noz.de
Bildtext:
Die alte Güterabfertigungshalle gehört der " Lebensquelle" seit mehr als zwei Jahren. Eine Veränderungssperre der Stadt verbietet jedoch deren Nutzung. Jetzt sammelt die Freikirche Unterschriften für ihr Bauvorhaben.
Foto:
Gert Westdörp

Kommentar
Bitte keine Verschwörungstheorien

Werden Christen in Osnabrück diskriminiert? Mit ihrer Begründung zur Online-Petition stilisiert sich die Freikirche " Lebensquelle" zu einer gedemütigten Minderheit, der das Recht auf Religions- und Meinungsfreiheit nicht zugebilligt werde. Das hört sich ein bisschen wie bei Pegida an, und in beiden Fällen mag der fehlende Überblick den Weg in diese Märtyrerrolle gebahnt haben.

Ohne der Bürokratie das Wort reden zu wollen für Verschwörungstheorien bietet sich das Thema nicht an. Ein Planungsverfahren für ein Gewerbegebiet dieser Größenordnung mit sehr speziellen Fragestellungen ist extrem arbeitsaufwendig. Und weil das Grundstück der " Lebensquelle" im Zentrum dieses Gewerbegebiets liegt, lässt sich die Entscheidung zur Kirche nicht abkoppeln von anderen zentralen Planungsfragen. Das dauert.

Fest steht allerdings, dass der Rat, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, über das Bauvorhaben der " Lebensquelle" abstimmen muss. Auch über die vertretbare Größe dieser Kirche. Einige Politiker haben sich im Rausch der Empörung zu Aussagen hinreißen lassen, die mit der Glaubensfreiheit nicht kompatibel sind. Kann sein, dass der eine oder andere demnächst zurückrudern muss.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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