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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Leserbrief
Zwischenüberschrift:
Worthülsen statt Förderung
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Zum Artikel " Lüstringer Bergschule steht vor dem Aus" (Ausgabe vom 30. Dezember).

" Aha, die Lüstringer Bergschule, zurzeit einzige Sprachförderschule in Osnabrück, wird geschlossen. Zuerst wurden die Lernhilfeeinrichtungen abgeschafft, jetzt sind also die Sprachförderschulen dran. Warum eigentlich? Welches Problem soll durch diese Einschnitte ins Bildungssystem gelöst werden?

Das große Wort, das im Hintergrund dieser Entwicklungen steht, heißt ' Inklusion'. Es ist ein schwieriges Wort, über dessen Bedeutung sich auch Experten nicht einig sind. Das mit ihm verbundene Problem ist jedoch einfach zu beschreiben: Einerseits soll kein Kind, etwa aufgrund einer Behinderung oder Beeinträchtigung, aus seinem sozialen Umfeld ausgeschlossen (' exkludiert') werden, sondern alle (gleichaltrigen) Kinder sollen unabhängig von Entwicklungsstand und Leistungsvermögen gemeinsam unter einem Dach unterrichtet werden.

Andererseits gibt es Kinder mit besonderem Förderbedarf, die von gemeinsamem Unterricht kaum oder gar nicht profitieren können. Für sie wurden Spezialeinrichtungen (Förderschulen) entwickelt, die über ein besonderes Know-how verfügen. Diese haben einen großzügigeren Personalschlüssel, setzen auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Fachleuten aus verschiedenen Berufsgruppen und können oft beachtliche Erfolge nachweisen.

Da die Kinder [...] nun einmal nicht alle am selben Ort wohnen, hat der Besuch einer Spezialeinrichtung die unerwünschte Nebenwirkung, dass viele Kinder längere Wege in Kauf nehmen müssen und eben nicht mit den Nachbarskindern dieselbe Schule besuchen können. Die Eltern stehen vor einem Dilemma: Ihr Kind soll bei seinen Freunden sein können, zugleich soll es in seiner Entwicklung optimal gefördert werden [...]. Die Eltern entscheiden in diesem Zwiespalt unterschiedlich. Da ich selbst seit mehr als zwölf Jahren in einer Sprachheil einrichtung tätig bin, weiß ich, dass die meisten Eltern, die sich für die Spezialeinrichtung entscheiden, im Nachhinein glücklich über ihre Wahl sind. Dies hat zwei wesentliche Gründe: Erstens sind sie erfreut über die häufig überraschend positive Entwicklung ihres Kindes, und zweitens sind sie froh und erleichtert, dass ihr Kind seinen Bildungsweg auf einer Regelschule (meistens Grundschule) fortsetzen kann. Denn viele Spezialeinrichtungen sind Durchgangseinrichtungen: Sie führen nicht aus dem Regelbereich heraus, sondern vielmehr über einen erforderlichen Umweg hinein.

Für Politiker mag es paradox klingen, aber: Spezialeinrichtungen sind inklusiv! Sie sind es, weil sie den Kindern, die spezifische Förderung benötigen, erst ermöglichen, gemeinsam mit ihren Freunden in der Schule das zu erleben, was sie dort erleben sollen: dass sie vom Unterricht profitieren und gut lernen können, dass sich ihre Anstrengung lohnt und dass sie anerkannte Mitglieder einer Klassengemeinschaft sind.

[...] Das neue Schulgesetz ist noch nicht einmal fertig formuliert geschweige denn verabschiedet, aber das Aus der Schule ist bereits beschlossene Sache. Wer kann so etwas verstehen? Wer versteht alle diese Worthülsen, dass die Lüstringer Bergschule sich ' auf den Weg zu einer Profilgrundschule Sprache' machen oder ' sich mit der Waldschule Lüstringen zu einem Förderzentrum mit angeschlossenen Sprachheilklassen zusammenschließen' kann? Was ist denn nun beschlossen? Bleiben die Sprachheilklassen bestehen oder nicht? Wovon hängt dies ab? Werden sie weiterhin benötigt? Und falls ja: Wer hat die Verantwortung und sorgt dafür, dass es sie auch weiterhin geben wird? Sehr nebulös! Über das, was die nun einmal existierenden sprachgestörten Kinder brauchen und ihnen zu einem gelingenden Bildungsweg verhilft, wird anscheinend gar nicht mehr nachgedacht."

Dr. Matthias Leder

Bad Essen
Autor:
Dr. Matthias Leder


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