User Online: 8 | Timeout: 01:16Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Die Eiche als Stehimweg
Zwischenüberschrift:
Der Tannenkamp im Stadtteil Sonnenhügel verbreitete vor 50 Jahren ländlichen Charme
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. " Wir haben früher immer gesagt, eigentlich müsste unsere Straße ' Am Eichenkamp' heißen und nicht ' Am Tannenkamp'." Das fällt der 86-jährigen Elisabeth Kremer beim Blick auf die dicke Eiche auf dem historischen Foto als Erstes ein. Sie wohnt seit 1955 Am Tannenkamp und kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, als die östliche Seite mit Eichen bestanden war.

" Die kamen weg, als 1960 die Kanalisation gelegt wurde." Ob das damals ein Thema war, in Zeiten, als das Wort Baumschutzsatzung noch nicht erfunden war? Nein, meint sie, es sei ja nicht anders gegangen, weil die Straße nicht nur erstmals asphaltiert, sondern auch breiter ausgebaut werden sollte und Bürgersteige mit Hochbord bekam. Im gleichen Zug sei der Graben, der auf dem Bild rechts neben der Eiche noch abschnittsweise zu sehen sei, durchgehend verrohrt worden. " Alle waren froh, als die alte Schotterstraße unter dem Asphalt verschwand."

Noch ein wenig " städtischer" wurde die Straße, als die Masten für die Versorgung mit Strom und Telefon wegkamen. Nach Elisabeth Kremers Erinnerung war das Anfang der 1970er-Jahre. " Wir empfanden es als deutlichen Fortschritt. Nicht nur wegen des schöneren Straßenbildes, sondern auch weil die alten Leitungen bei Wind immer so geheult und gedröhnt haben."

Möglicherweise ist das Zeitungsfoto damals entstanden, weil die Eiche längere Zeit dem Straßenausbau im Wege stand. " Ich erinnere mich, dass es einen Engpass gab und die Stadt einigen Aufwand treiben musste, um das Problem mit dem Baum zu lösen", so Kremer. Eigentlich, so könnte man heute meinen, hätte er stehen bleiben können. Denn bei der bislang letzten größeren Baumaßnahme wurde die Durchfahrt wieder verengt. Bauminseln in der Fahrbahn sollen den Verkehr ausbremsen. Und immer noch macht der Tannenkamp seinem Namen keine Ehre. Gepflanzt wurden Eichen und andere Laubbäume aber keine einzige Tanne.

Kremer wohnt in der einen Hälfte des Doppelhauses Nr. 65/ 67, dessen Mansarddachgiebel am linken Rand des historischen Bildes zu sehen ist. Auf dem aktuellen Foto ist dieser Giebel durch das neue Eckhaus am Prof.-Brinkmann-Weg verdeckt. " Wir sind das drittälteste Haus am ganzen Tannenkamp", weiß die Seniorin zu berichten, " die Rohbauabnahme war 1920." Ein Jahr später erst erhielt die Straße, die parallel zur hundert Meter weiter östlich verlaufenden historischen Landwehr angelegt wurde, ihren Namen.

Kremers Haus stellt die " Wasserscheide" des Tannenkamps dar. Von hier aus hat der Abwasserkanal sowohl Richtung Lerchenstraße als auch Richtung Knollstraße Gefälle. " Ich bin auf dem höchsten Punkt, ich habe den besten Überblick", scherzt Elisabeth Kremer, wohl wissend, dass der Anstieg mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar ist.

Auf der rechten Straßenseite erkennt man damals wie heute an den charakteristischen Gauben die Doppelhäuser der Siedlungsgenossenschaft. Sie wurden in den frühen 1930er-Jahren als sogenannte " vorstädtische Kleinrandsiedlung" gebaut, um die Not- und Behelfsquartiere der Zwischenkriegszeit zu ersetzen und kinderreichen Familien öffentlich geförderten und daher erschwinglichen Wohnraum zu bieten.

Die frei stehenden Häuser entsprachen " dem Bedürfnis des Siedlers nach Land und Luft, nach eigenem Heim und Garten", wie es im Städtischen Verwaltungsbericht hieß. Die Siedlergemeinschaft hat ihren Zusammenhalt auch über mehrfachen Generations- und Eigentümerwechsel hinaus gewahrt. Mittlerweile ist aus dem Siedler- ein Straßenfest geworden, das keinen mehr ausschließt, egal wann und von wem sein Haus gebaut wurde. Auf dem Grundstück gegenüber dem Prof.-Brinkmann-Weg wurde in diesem Jahr erstmals ein Maibaum gemeinsam errichtet. Die Nachbarschaftsseite tannenkamp.net Symbol übrigens drei Tannen, die aus einem Eichenblatt herauswachsen informiert über die nächsten anstehenden Aktionen.

Heute reihen sich rund 140 Ein- und Zweifamilienhäuser entlang des Tannenkamps, der wegen seiner ruhigen und doch recht zentrumsnahen Wohnlage beliebt ist. Richtig laut wurde es nur einmal in seiner Geschichte: Am 22. Dezember 1986 krachte ein britischer Panzer gegen Wohnhaus und Garage eines Hauses am Tannenkamp. Ein liebestoller Soldat hatte sich im Suff das Kriegsgerät gekapert und wollte es einer dort wohnenden jungen Dame, die ihn verschmäht hatte, mal so richtig zeigen. Die Bewohner glaubten, nun sei wieder Krieg, und flüchteten aus dem Haus in den Garten. Zum Glück so rechtzeitig, dass niemand körperlich zu Schaden kam.
Bildtexte:
Um 1961 hatte die Straße Am Tannenkamp noch einen dörflichen Charakter. Der Blick geht von Hausnummer 66/ 68 in Richtung Lerchenstraße.
Der Doppelhausgiebel Nr. 70/ 72 auf der rechten Straßenseite bietet sich als optischer Anker in dem ansonst stark gewandelten Stadtbild an.
Foto:
Archiv/ Harms, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


Anfang der Liste Ende der Liste