User Online: 5 | Timeout: 13:12Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Dr. Oetker: Interesse an Coppenrath & Wiese
 
"Hoffentlich stirbt die Marke nicht"
Zwischenüberschrift:
Offenbar auch Kontakt zu Nestlé
 
Traditionsunternehmen Coppenrath & Wiese vor dem Verkauf – Dr. Oetker bekundet Interesse
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Neben dem Bielefelder Nahrungsmittelkonzern Dr. Oetker hat auch Weltmarktführer Nestlé Interesse am Kauf des Osnabrücker Familienunternehmens Coppenrath & Wiese bekundet. Das verlautete gestern aus dem Umfeld des Herstellers von Tiefkühlbackwaren. Zudem hätten Finanzinvestoren Kontakt zu dem Unternehmen aufgenommen. Oetker-Konzernchef Richard Oetker teilte am Donnerstag mit: " Wir werden uns das Unternehmen genau anschauen." Er will nun zunächst die Zahlen und das wirtschaftliche Umfeld analysieren.
Mitarbeiter, Gewerkschafter, Lokalpolitiker und Kunden äußerten sich besorgt über den angekündigten Verkauf. Als Grund für die Entscheidung gilt Uneinigkeit unter den Erben des 2013 verstorbenen Mitgründers Aloys Coppenrath.

Osnabrück/ Bielefeld. Der Bielefelder Nahrungsmittelkonzern Dr. Oetker signalisiert Interesse an einem Kauf des Tiefkühltorten-Herstellers Coppenrath & Wiese. Doch offenbar weckt die starke Marke des Osnabrücker Unternehmens auch Begehrlichkeiten beim Weltmarktführer Nestlé aus der Schweiz.
" Wir werden uns das Unternehmen genau anschauen", teilt Konzernchef Richard Oetker mit. Dazu werde man die Zahlen und das wirtschaftliche Umfeld analysieren. Coppenrath & Wiese steht zum Verkauf. Die Gesellschafter des Familienunternehmens hatten in dieser Woche bekannt gegeben, mit möglichen Investoren verhandeln zu wollen.
Erste Gespräche gab es offenbar bereits. Aber nicht nur mit Branchenkollegen in Bielefeld. Nach Informationen unserer Zeitung hat auch der schweizerische Nestlé-Konzern Coppenrath & Wiese gegenüber Kaufinteresse bekundet. Einige Finanzinvestoren sollen sich ebenfalls ins Spiel gebracht haben.
Das Unternehmen gilt in der Branche als attraktiver Übernahmekandidat. " Coppenrath & Wiese ist eine starke Marke mit einem wahnsinnig guten Qualitätsruf", sagt Peter Pirck, Mitgründer der Agentur Brandmeyer Markenberatung in Hamburg.
Selbst jene Produkte, die Coppenrath & Wiese im Werksverkauf am Standort Osnabrück als " zweite Wahl" deklariert, gelten als erstklassig. Viele Kunden haben von dem geplanten Verkauf aus den Medien erfahren und fragen sich, wie es weitergehen wird. Rudolf Leimkuhle ist einer von ihnen: " Das Interesse anderer Unternehmen zeigt, dass der Betrieb gut geführt wird. Ich hoffe, dass er uns erhalten bleibt." Christian Scholz fände es " schade, wenn sich etwas ändern würde", und meint damit sowohl " das sehr gute Angebot" wie auch " die Arbeitsplätze". Auch Kai Schwerdtner zeigt sich besorgt: " Hoffentlich stirbt die Traditionsmarke nicht."
Am Eingang des Betriebsgeländes unterbricht der Pförtner sein Schweigen nur kurz: Er könne sich nicht äußern. Und Außenstehende dürfen das Betriebsgelände nicht betreten, um Fragen zu stellen. Mitarbeiter, die auf dem Weg in den Feierabend den Betrieb verlassen, schweigen. Auch wollen sie nichts über die Stimmung in der Belegschaft sagen. Nur einer sagt im Vorbeigehen: " Bis jetzt bin ich noch gelassen."
Beinahe scheint es, als gebe es eine Übereinkunft darüber, dass niemand Fragen Fremder beantwortet. Doch der Betriebsratsvorsitzende Karl-Heinz Hukriede zerstreut diese Vermutung. " Sie schweigen, weil sie geschockt sind." Auch er ist enttäuscht darüber, dass " die Kinder den Familienbetrieb verkaufen wollen". Es handele sich schließlich um einen besonderen Arbeit geber: " Die Mitarbeiter sind stolz darauf, bei Coppenrath & Wiese zu arbeiten." Das Betriebsklima sei immer sehr gut gewesen, ebenso das Vertrauen in die Geschäftsleitung. Und nun gehe eine Ära zu Ende.
Die Betroffenheit in der Belegschaft ist groß, die Erwartungen sind hoch. " Wir bedauern, dass dieser Verkauf die einzige Option ist", sagt Mohamed Boudih, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung - Genuss - Gaststätten (NGG) im Münsterland und zuständig für Coppenrath & Wiese. Komme es zur Übernahme, sei die NGG für " strategische Investoren, die das Unternehmen weiterentwickeln und die Arbeitsplätze sichern". Fatal wäre es aus Boudihs Sicht, wenn die Eignerfamilie einem Finanzinvestor den Zuschlag gäbe.
Christina Rählmann, die Bürgermeisterin von Mettingen bei Osnabrück mit 1900 der 2200 Mitarbeiter ist der Ort größter Standort des Unternehmens –, hat die Verkaufsentscheidung " mit einer gewissen Überraschung" aufgenommen, wie sie sagt. Denn noch im Mai seien Verkaufsabsichten dementiert worden. Für die kommende Woche ist sie zu einem Gespräch mit der Geschäftsführung verabredet.
Rählmann sähe die Firma gern weiterhin in der Hand der Familie. Aber die will nicht mehr. Die drei Kinder und die Witwe des 2013 gestorbenen Aloys Coppenrath hätten der Geschäftsführung zwar relativ freie Hand gelassen, heißt es im Umfeld des Unternehmens. Doch sie hätten sich nicht über die weitere Strategie einigen können. Demnach stehen seit Langem wichtige Investitionsentscheidungen an etwa für die stark wachsende Produktgruppe Tiefkühlbrötchen. Aber sie fallen nicht.
Bildtext:
Bekannt für hohe Qualität: Werksverkauf bei Coppenrath & Wiese (l.) - demnächtst möglicherweise unter Regie von Dr. Oetker.
Foto:
Michael Gründel/ Imago

Kommentar
Zeit zu handeln

Den Mitarbeitern von Coppenrath & Wiese und der Osnabrücker Region steht ein Traditionsbruch bevor, vielleicht sogar die Entwurzelung ihres Unternehmens. Die Eigentümerfamilie verkauft, eine Ära endet. Wird " Cowi", wie manche den Tiefkühltortenbäcker liebevoll nennen, vom großen Dr. Oetker geschluckt, vom Nahrungsmittelgiganten Nestlé oder gar von einem Finanzinvestor?

Oh Graus, mag es einem entfahren. In Ordnung. Danach aber gilt es, in Ruhe die Fakten zu sichten. Und die zeigen: Bei Coppenrath & Wiese muss etwas passieren. Der Markt für Tiefkühl lebensmittel ist in Bewegung. Wachstumschancen tun sich auf und sie vergehen, wenn man nicht handelt. Das Patt in der Eignerfamilie verhinderte zuletzt wichtige Investitionsentscheidungen. Ein detaillierter Investitionsplan verstaubt seit zwei Jahren in der Schublade.

Mit einem Verkauf verhindern die Coppenrath-Erben Schlimmeres. Sie machen das Unternehmen handlungsfähig. Allerdings nur, wenn sie sich nicht zwingend für den Meistbietenden entscheiden. Der Richtige kann Dr. Oetker sein. Aber auch Nestlé, ja auch ein umsichtiger Finanzinvestor kann das Unternehmen in eine gute Zukunft führen, solange ihm zwei Dinge heilig sind: die Marke Coppenrath & Wiese und das Wohl der Mitarbeiter.
Autor:
Christian Schaudwet, Jann Weber, dpa


Anfang der Liste Ende der Liste