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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Frühstück vor Flüchtlingsheim
Zwischenüberschrift:
Die nächste Abschiebung: Osnabrücker sind wieder zur Stelle
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Es werden immer mehr: Über hundert Osnabrücker haben am frühen Dienstagmorgen erneut die geplante Abschiebung eines Flüchtlings verhindert. Zum fünften Mal stellten sich Menschen aus der Friedensstadt den Behörden in den Weg, die den Auftrag hatten, Hasseb aus Pakistan nach Ungarn zu bringen. Dort war der Flüchtling zuerst eingereist und registriert worden.
Polizei und Ausländerbehörde hatten sich zu 6 Uhr angekündigt, um den Pakistani abzuholen. Um kurz nach 5 Uhr sammelten sich die ersten Demonstranten vor der Tür des Wohnheims an der Petersburg. " Es waren mehr als bei den anderen Terminen", sagte ein Teilnehmer. Die Gruppe der Demonstranten ist bunt gemischt, Jugendliche und Rentner, Kirchentreue und Autonome verbindet dasselbe Anliegen.
Eine Gruppe breitete auf dem Gehweg ein Frühstücksbuffet aus. Die Stimmung blieb gelöst auch weil das Ritual inzwischen eingespielt ist: Polizei und Ausländerbehörde verzichteten darauf, die Abschiebung mit unmittelbarem Zwang durch zusetzen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte schon im März vergangenen Jahres kurz nach seinem Amtsantritt eine humanere Asylpolitik angekündigt. Familien sollen nicht mehr getrennt, nächtliche Abschiebungen vermieden werden.
Telefonkette
Für Hasseb aus Pakistan war es der dritte Abschiebeversuch. Den ersten Termin hatten die Behörden zu spät zugestellt, beim zweiten Mal funktionierte bereits die friedliche Blockade der Demonstranten. Die Unterstützer informieren sich gegenseitig mittels einer Telefonkette, die die Arbeitsgemeinschaft Flüchtlingshilfe im Rosenplatzquartier organisiert hat. Rund um den Rosenplatz, wo rund 100 Asylsuchende einquartiert wurden, haben sich Bürger, Kirchenvertreter und der Raspo Sportverein zusammengeschlossen, um die Flüchtlinge willkommen zu heißen und ihnen das Einleben in Osnabrück zu erleichtern.
Die Abschiebungen gründen sich auf dem Dubliner Übereinkommen, wonach Asylanträge dort bearbeitet werden, wo der Flüchtling zuerst eingereist ist.
Bildtext:
6 Uhr morgens, Frühstückszeit. Erneut verhinderten gestern Demonstranten die Abschiebung eines Flüchtlings aus Osnabrück.
Foto:
Michael Gründel

Kommentar
Humanität

Eigent- lich sind es unerhörte Dinge, die sich morgens an der Petersburg zutragen. Hundert Demonstranten nehmen das Gesetz selbst in die Hand. Sie verhindern durch ihre bloße Anwesenheit, dass Polizei und Ausländerbehörde Recht und Gesetz vollziehen. Ein Rechtsstaat dürfte sich das eigentlich nicht bieten lassen.

Aber er duldet es, und das ist gut so. Denn in Wahrheit sind die morgendlichen Versammlungen ein starkes Zeichen der Humanität. Die Demonstranten geben den Flüchtlingen das Gefühl, willkommen zu sein, und sie bringen zugleich zum Ausdruck, dass Deutschland in der Flüchtlingsfrage nicht mit dem Finger auf sichere Drittstaaten zeigen darf. Es hebt ebenso das Vertrauen in die Staatsgewalt, dass die Polizei sich nicht gewaltsam einen Weg in das Flüchtlingsheim bahnt. Die Mittel werden mit Augenmaß gewählt.

Die Frage ist, wie lange dieses Spielchen fortgeführt werden soll. Wie lange reichen die Ausdauer der Demonstranten und die Geduld des Staates? An der Petersburg in Osnabrück spiegelt sich das ganze Dilemma der europäischen Flüchtlingspolitik ohne Aussicht auf schnelle Lösung.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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