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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
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Überschrift:
Ein Schatz der Geschichte
 
Ein Schatz der Geschichte
Zwischenüberschrift:
Die Bundesbank zeigt im historischen Osnabrücker Rathaus eine Münzsammlung zum 30-jährigen Krieg
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die Bundesbank zeigt in der historischen Schatzkammer des Osnabrücker Rathauses eine exquisite Sammlung historischer Münzen zum 30-jährigen Krieg mit Liebe erläutert von Deutschlands oberstem Kenner historischer Geldstücke.

Münzen sind mehr als ein Mittel, um Dinge zu bezahlen und Werte zu bewahren. Sie sind Symbole, Zeichen der Macht also, des Denkens und der Kommunikation. Woraus sie bestehen, was sie abbilden, wo sie in Umlauf waren und wer sie herausgab: Dem Kenner verrät dies viel über die Geschichte. In der Schatzkammer des Osnabrücker Rathauses stellen die Deutsche Bundesbank und die Stadt gegenwärtig numismatische Kleinode zum Westfälischen Frieden aus. Deutschlands oberster Münz-Experte erklärt auf dieser Seite, was sie bedeuten und in welchem historischen Zusammenhang sie stehen.
Osnabrück. Die kleine Kabinettpräsentation unterstützt inhaltlich den Grundgedanken der ab dem 25. Januar 2015 im Kulturhistorischen Museum Osnabrück gezeigten Ausstellung " Das neue Gesicht des Euro": Frieden stiftendes Miteinander statt partikularistisches Gegeneinander mit verhärteten Fronten.
Gezeigt werden vierzehn ausgesuchte Stücke aus der Numismatischen Sammlung der Deutschen Bundesbank, die bedeutende Pro tagonisten des Dreißigjährigen Krieges vorstellen, die nach jahrzehntelangen blutigen Kämpfen feststellen mussten, dass Frieden durch Reden, das heißt Diplomatie, statt durch Waffen möglich ist. Die Leistung ist umso erstaunlicher, als nicht weniger als 194 europäische Herrscher bei dem in Osnabrück und Münster von 1644 bis 1648 stattfindenden Friedenskongress repräsentiert wurden.
Handlungsträger sind in diesem Fall auch Personen, die im Verlauf des Krieges durch ihre Nachfolger, die dann letztendlich die Friedensstifter waren, abgelöst wurden wie etwa der schwedische König Gustav II. Adolf. So ist Schweden, bedingt durch den Tod seines Königs in der Schlacht gegen Wallenstein (6) bei Lützen im Jahr 1632, neben einem königlichen Porträtstück (1) noch mit drei weiteren Exemplaren vertreten: einer in antiker Tradition gestalteten Prägung auf die Überführung der Gebeine des Königs nach Schweden (2), einem Taler des Reichskanzlers Oxenstjerna (3) als faktischen Regenten nach dem Ableben des Königs bis zur Regierungsübernahme durch die nun volljährige Christina (4) im Jahr 1644.
Sie ließ sich erst sechs Jahre später krönen, dankte bereits vier Jahre später ab, konvertierte zum katholischen Glauben und ließ sich in Rom nieder, wo sie sich fast ausschließlich dem Ausbau ihrer Kunstsammlung widmete. Ihr Vater (1) war aus anderem Holz geschnitzt. Sein erfolgreicher Einsatz für das Überleben des Protestantismus in Deutschland führte ihn bis nach München, tief in das Herz der Gegenreformation. Die Nachricht von seinem Tod stieß allgemein auf Unglauben; am englischen Königshof wettete man sogar 1, 5 Millionen Pfund auf sein Überleben.
Der militärische Gegenspieler auf der von Kaiser Ferdinand III. (5) " angeführten" katholischen Seite, Herzog Albrecht von Wallenstein (6), darf hier selbstredend nicht fehlen. Invita invidia (Dem Neid zum Trotz) nach diesem Wahlspruch handelte der böhmische Magnat, Heerführer und Politiker zeit seines Lebens. Neid und Ablehnung erfuhr er in erheblichem Maße aufgrund seiner militärischen und politischen Machtfülle, seines gesellschaftlichen Aufstiegs und wohl auch ob seiner ökonomischen Erfolge in allem ein " Wolf ohne Rudel" (G. Mann, Wallenstein 673) und damit am Ende ohne wirksamen Schutz gegen seine Feinde.
Zum Verdruss seiner in minderer Qualität münzprägenden Zeitgenossen ließ Wallenstein materiell hochwertiges Geld ausschließlich zu Repräsentationszwecken prägen; im Gegensatz zu den anderen wollte er aus dieser Unternehmung keinen Gewinn ziehen. In der Ausübung seines Münzrechts war er höchst ungeduldig: " Laßt fleißig münzen, auf daß ich nicht Ursach hab, solches zu ahnden, denn ich höre, daß man dem nicht nachkommt, wie ichs befohlen hab, welches mir wohl in die Nase raucht; ich bin sonsten nicht gewohnt, eine Sach oft zu befehlen …" (Zitat nach G. Mann, Wallenstein 321).
Eigenmächtigkeiten gegenüber seinem obersten Dienstherrn (Kaiser Ferdinand II., Vorgänger von [5]) führten zu dessen Anordnung, Wallenstein lebend oder tot gefangen zu nehmen, wobei lebend de facto nie zur Diskussion stand; und so folgten Kaisertreue am 25. Februar 1634 in Eger der aufgezeigten Alternative, nämlich den Herzog " aus der Zahl der Sterblichen zu eliminieren" (G. Mann, Wallenstein 1066).
Gerade einmal zehn Jahre alt war Ludwig XIV. (7) im Jahr des Friedensschlusses, was das Porträt auf der 1648 geprägten Goldmünze eindrucksvoll widerspiegelt; während seine Amtskollegen im Reich (5) und in Spanien (12) bereits in ihren 40ern standen; später sollte er als " Sonnenkönig" eine durchaus nicht unbedeutende Rolle im europäischen Machtgefüge spielen und mit Regierungsstil und Hofhaltung zum vielfach imitierten Vorbild höfischer Kultur werden; seine Regierungszeit betrug 72 Jahre bislang unübertroffen. Christian IV. von Dänemark (8) war " über die volle Distanz" des Dreißigjährigen Krieges dabei gewesen, starb jedoch 70-jährig, acht Monate vor dem Friedensschluss in Osnabrück am 24. Oktober 1648 als gescheiterter, verarmter und gebrochener Mann, der Dänemark nicht die angestrebte starke Position in Nordeuropa hatte verschaffen können.
Das Aushandeln der Friedensbedingungen war Aufgabe der Gesandten. Berufsdiplomaten im heutigen Sinne gab es noch nicht, und so hatten die Gesandten häufig schon eine eindrucksvolle militärische Karriere vorzuweisen. Wie etwa Johann VIII., Graf zu Sayn-Wittgenstein (9). Als Regimentsführer hatte er unter dem schwedischen Reichskanzler Oxenstjerna (3) gekämpft und stand nun als Geheimer Rat im Dienste des brandenburgischen Kurfürsten (10).
Auch Ferdinand III. (5) hatte sein Interesse an dem militärisch wie diplomatisch bewanderten Grafen bekundet, doch zog Johann aufgrund seines Glaubens eine " Festanstellung" bei einem protestantischen Kurfürsten vor, anstatt dem katholischen Kaiser zu dienen. Ebenfalls auf der Gesandtenliste stand Oxenstjernas Sohn Johan, dessen Trinkgelage auch während der Verhandlungen berühmt-berüchtigt gewesen sein sollen.
Für die Sieben Vereinigten Provinzen in den nördlichen Niederlanden (11) bedeutete die Unterzeichnung des spanisch-niederländischen Friedensvertrages bereits im Mai 1648 in Münster nach 80 Jahren Kampf die nun verbriefte vollständige Unabhängigkeit von der habsburgischen Herrschaft.
Die sieben Pfeile in der Pranke des Löwen stehen für die Anzahl der abtrünnigen Provinzen. Für Philipp IV. von Spanien (12) war dieser Friedensschluss nur eine weitere Perle in der langen Kette glückloser politischer Unternehmungen. Ständige Geldknappheit bis hin zum Staatsbankrott, große Gebietsverluste und ein drastischer Rückgang der Bevölkerungszahl aufgrund der vielen Kriege und Aufstände nebst deren Folgen, wie Hunger und Seuchen, ließen Spanien zu einem europäischen Randstaat herabsinken. Philipp im Süden widerfuhr Ähnliches wie Christian (8) im Norden.
Philipps kostspielige Missgeschicke brachten auch seinen katholischen Verbündeten, den Kaiser (5), in Bedrängnis, da Spanien nun weder finanziell noch militärisch die bisher gewährte Unterstützung an Ferdinand leisten konnte. Entsprechend hoch waren die Gebietsverluste des in seiner Macht stark geschwächten Kaisers, die dieser für das Reich beim Friedensschluss 1648 hinnehmen musste, während er in seinen österreichischen Erblanden ebenso wie in Ungarn und Böhmen noch erstaunlich gut dastand (… und das, obwohl die Schweden während des Krieges mehrfach seine Residenzstadt Wien bedroht hatten).
Erleichterung und Freude über den Friedensschluss führten mancherorts zur Prägung entsprechender Gedenkstücke, so etwa im Herzogtum Sachsen-Gotha (13). Ebenso wie Graf Johann von Sayn-Wittgenstein (9) hatte auch der sächsische Herzog Ernst I. als Oberst im schwedischen Heer unter Gustav Adolf (1) gedient und wusste sehr wohl um die Schrecken des Krieges, sodass er nach dem Friedensschluss neben weiteren themengleichen Stücken auch diesen Dukaten mit der Aufschrift " Gott den Herren lobt und ehrt, der den Frieden uns beschert / fördert seine Furcht und Ehr, sonst besteht er nimmermehr" schlagen ließ.
Diese Stücke, wie auch kleinere Nominale in Silber, wurden anlässlich des am 11. und 12. August 1650 im ganzen Herzogtum begangenen Friedensfestes verteilt, und jedes Schulkind erhielt wenigstens einen Groschen. Der religiös stark engagierte und stets auf friedvollen Ausgleich bedachte Herzog verfügte für sein Land einen Pflichtunterricht in christlicher Glaubenslehre für alle Untertanen, eine Maßnahme, für die er am Hofe als " Bet-Ernst" verspottet wurde. Eine etwas " genervte" Variante der Erleichterung über den erreichten Frieden steuerte Sachsen-Weimar bei (14) mit der Münzaufschrift " Endlich: 1547 1648. Es ist genug!" bei. Das spielt auf 100 Jahre katholisch-protestantischer Zwistigkeiten an, beginnend mit den Ereignissen im sogenannten Schmalkaldischen Krieg von 1546 bis 1547 und endend mit dem Westfälischen Frieden 1648.
In Münster und Osnabrück wird 1648 eine pax christiana, universalis, perpetua geschlossen, ein christlicher, allgemeiner und immerwährender Friede, begleitet von immerwährendem Vergessen und Vergeben, perpetua oblivio et amnestia. Nach dem Durchlebten ein verständlicher, aber vielleicht doch etwas zu ambitionierter Wunsch. Jedoch man muss den Korb schon in eine gewisse Höhe hängen, damit alle sich mühend nach dem guten Inhalt recken.
Kriege sind in Europa heute eher die Ausnahme. Doch Schlachten werden nach wie vor geschlagen, ihre Austragungsorte sind die Finanzplätze der Welt. Schauen wir kurz zurück und werfen einen Blick auf die Vor-Euro-Zeit. Es gab wirtschaftlich starke und schwächelnde Länder. Deutschland wurde aufgrund seiner starken und stabilen D-Mark fast als Hegemonialmacht betrachtet. Dann kam der Euro und mit ihm eine sich ständig ausweitende Euro-Zone.
Das psychologische Moment in diesem Prozess ist immens: Seit dem Beginn der Münzprägung im 7. Jahrhundert vor Christus ist das Münzrecht später dann auch das Notenmonopool ein eifersüchtig beanspruchtes und wo nötig auch durchgesetztes Souveränitätsrecht. Der gemeinsame freiwillige Verzicht mehrerer Staaten auf die Ausübung dieses Rechts bedeutet die Aufgabe angestammter Hoheitsgewalt zugunsten eines als höher anerkannten Ziels. Die gemeinsame Währung bildet zunächst die wirtschaftliche Klammer, der dann das politische Zusammenwachsen folgen soll. Insofern ist der Euro durchaus ein hoffentlich immerwährender Friedens- und Wohlstandsgarant für alle Beteiligten.
Der Westfälische Friede als Blaupause für die Euro-Zone? Warum nicht!? In beiden Fällen ging und geht es um nichts Geringeres als das Bemühen um ein friedliches Zusammenleben aller in Europa: Nam concordia parvae res crescunt, dis cordia maximae dilabuntur denn durch Eintracht wachsen die kleinen Dinge, durch Uneinigkeit zerfallen die größten (Sallust).
Der Autor Reinhold Walburg, ist promovierter Historiker, leitender Direktor des Geldmuseums und der Numismatischen Sammlung der Deutschen Bundesbank in Frankfurt. Die Münzen sind noch bis zum 3. Mai in der Schatzkammer des Rathauses in Osnabrück zu besichtigen.
Bildtext:
Kleiner Schatz zum Angucken: Im historischen Osnabrücker Rathaus steht die eigens gefertigte Vitrine mit den historischen
Münzen.
Foto:
Michael Gründel

Die Münzen

(1) König Gustav II. Adolf von Schweden 1611–1632, Dukat 1632.

(2) Breiter doppelter Reichstaler 1633, auf die Überführung der Gebeine Gustav Adolfs II. nach Schweden, geprägt in mehrfachen Nominalstufen bis hi nauf zum goldenen 20-Dukaten-Stück.

(3) Axel Oxenstjerna 1612( 32) 1644( 54), Reichskanzler und Gegenspieler Wallensteins, Taler ohne Jahr (1633/ 34).

(4) Königin Christina, Tochter Gustav Adolfs, 1632( 44) 1654, Reichstaler 1642.

(5) Kaiser Ferdinand III., 1637–1657, 20 Dukaten 1642.

(6) Herzog Albrecht von Wallenstein 1583–1634, zeitweise kaiserlicher Oberbefehlshaber und Gegenspieler Oxen stjernas, Halbe Reichstalerklipper 1630.

(7) König Ludwig XIV. von Frankreich, 1643( 61) 1715, Louis d′or 1648.

(8) König Christian IV. von Dänemark 1588–1648, Speciedaler 1624.

(9) Der Gesandte Brandenburgs, Graf Johann VIII. von Sayn-Wittgenstein, 1634–1657, Breiter Taler 1656.

(10) Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der Große Kurfürst, 1640–1688, Dreifacher Dukat ohne Jahr (1641– 1643).

(11) Vereinigte Niederlande, stellvertretend die Provinz Zeeland, Reichstaler 1648.

(12) König Philipp IV. von Spanien, 1621– 1665, Doppelter Souverain d′or 1646.

(13) Gedenkmünze auf den Westfälischen Frieden von Herzog Ernst I., dem Frommen, von Sachsen-Gotha, 1640– 1675, Dukat 1650.

(14) Sächsisches Gepräge zu derselben Thematik von Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar, 1640–1662, Halber Reichstaler 1650.
Autor:
Reinhold Walburg


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