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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Ärger über zu viele Baustellen
Zwischenüberschrift:
Mai 1914: Bahnschranken geschlossen, Soldat degradiert, Karlsteine verschönert
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Dauerbrenner unter den lokalpolitischen Themen, vergleichbar vielleicht mit den anhaltenden Neumarkt-Diskussionen unserer Tage, war vor 100 Jahren die Anhebung des " Eisernen Rings", also die Beseitigung der niveaugleichen Bahnübergänge. Vor die größten Probleme wurde der Straßenverkehr im Zuge von Schillerstraße (heute in diesem Abschnitt: Kleiststraße) und Buerscher Straße gestellt.

Ein Fuhrwerk, das aus der Innenstadt nach Schinkel fahren wollte, musste mit ganz erheblichen Wartezeiten rechnen. An 30 Prozent der Tageszeit waren die Schranken geschlossen. Schuld waren neben dem durchfahrenden Zugverkehr die häufigen Rangierfahrten zwischen den Bahnhöfen. Bei einer Zählung im Jahr 1895 waren 10 763 Personen und 942 Fuhrwerke pro Tag von der " langweiligen Passage" betroffen.

Seit 1890 lagen die städtischen Gremien im Clinch mit der Königlichen Eisenbahndirektion Hannover, um deren Pläne mit den städtischen Vorstellungen unter einen Hut zu bringen und vor allen Dingen auf eine beschleunigte Ausführung hinzuwirken. Zwischen 1907 und 1910 gelang endlich die Unterführung von Meller, Iburger und Sutthauser Straße. Im Falle des Bahnübergangs Schillerstraße wollten die Unstimmigkeiten jedoch kein Ende nehmen.

Damit es überhaupt weiterging, willigte die Stadt in einen Kompromiss ein: Die Unterführung der Alten Poststraße wird in großzügiger Breite von 20 Metern und mit einer sogar straßenbahntauglichen Durchfahrtshöhe von 4, 20 Metern ausgeführt, dafür bekommt die Schillerstraße nur einen Fußgänger-Durchlass (der übrigens bis heute besteht).

Dadurch zog die Stadt nun ihrerseits den Unmut vieler Leserbriefschreiber auf sich, die den " Umweg" über die Alte Poststraße für nicht zumutbar hielten. " Wir, die Bürgerschaft der Schillerstraße, lassen uns nicht zumauern", heißt es in einer Zuschrift, " es ist uns nicht verständlich, wie man aus der Schillerstraße mitten in der Stadt eine Sackgasse machen kann." 1912 hätte es doch noch allgemeine Zustimmung für das " alte Hackländer′sche Unterführungsprojekt", eine 15 Meter breite " fahrbare Unterführung", gegeben. Dieses Hin und Her könne man nicht verstehen. Die angeführten technischen Schwierigkeiten, die in der Verlegung eines vierten Gleises bestehen sollen, werden als nicht glaubwürdig angesehen.

In einem weiteren Leserbrief beschwert sich Dr. Robert Isermeyer, Chefarzt am Kinderhospital, über " anhaltende Übelstände" bei der Verlegung der Hamburger und der Buerschen Straße: " Passanten und Fuhrwerken ist monatelang zugemutet worden, auf einem Wege mit fußhohem Schlamm und tiefen Löchern die Festigkeit der Pferdebeine und der Wagenachsen zu riskieren. Jetzt kommt es durch den Kanalbau noch schlimmer", nämlich zur völligen Sperrung der Buerschen Straße, " und das zu einer Zeit, wo alle anderen fahrbaren Straßenzüge jener Gegend ebenfalls gesperrt sind." Die Oststraße sei schon seit Monaten für den Verkehr ausgeschaltet, die Blücherstraße ebenfalls aufgerissen, die Tannenburgstraße für Fuhrwerk unpassierbar. Es bleibe nur der weite Umweg über die Bohmter Straße. Isermeyer: " Das Bauamt hätte dafür sorgen müssen, dass ein gleichzeitiges Absperren sämtlicher genannter Straßen unterblieb."

In der " Osnabrücker Volkszeitung" ist zu lesen, dass vor dem Kriegsgericht gegen den Zahlmeister-Aspiranten Sergeant Karl Günther aus der 2. Kompanie des Infanterieregiments 78 verhandelt wurde. Man warf ihm ein " Subordinationsvergehen" vor, " das im deutschen Heere ziemlich vereinzelt dastehen dürfte". Bei der Musterung rügte der Kompaniechef den G. wegen einer zu lässigen Gewehrhaltung. " Sergeant G., drücken Sie auf den Kolben, Sie langweiliger Unteroffizier!" G., der damals viel an Sehnenzerrungen der linken Hand gelitten haben will, trat daraufhin vor, machte den Hauptmann auf seinen schmerzenden kleinen Finger aufmerksam und sagte: " Der Herr Hauptmann haben mich wegen dieser Sache bereits einmal angeschnauzt und beleidigt." Diese nahezu ungeheuerliche Entgleisung, so die Wortwahl der Zeitung, ließ Zweifel an dessen geistiger Zurechnungsfähigkeit aufkommen. G. kam zwei Wochen zur Beobachtung in die Heil- und Pflegeanstalt. Der psychiatrische Sachverständige hielt eine direkte Geisteskrankheit nicht für erwiesen. Auf jeden Fall lägen Querulantentum und hochgradige Nervosität vor. Das Urteil: vier Monate Gefängnis und Degradierung wegen Achtungsverletzung vor versammelter Mannschaft und unter Gewehr.

Der Verschönerungsverein wird gelobt, weil er bei den Karlsteinen in Haste-Hone aus eigener Initiative einen Mülleimer aufgestellt hat, einen " schönen, aus Bandeisen angefertigten Korb zur Aufnahme von Papier und Speiseresten", dazu ein handgemaltes Schild mit der Aufschrift: " Der Geist des großen Frankenkaisers spricht zu Dir: Entweihe diese Stätte niemals durch Papier! Der Ort hier sei dir heilig jetzt und allezeit; für Reste, die dir lästig, steht ein Korb bereit." Der Grundstückseigentümer Baron Ostman von der Leye habe in entgegenkommender Weise seine Einwilligung in diese Verschönerung gegeben.
Bildtext:
Nichts wie rüber, wenn die Schranken gerade einmal nicht geschlossen waren: der Bahnübergang Schillerstraße um 1910. Der Blick geht aus der Buerschen Straße in das östliche Ende der Schillerstraße (heute Kleiststraße).
Foto:
Archiv Vonhöne
Autor:
Joachim Dierks


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