User Online: 2 | Timeout: 12:54Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Gemeinsame Sprache schafft Vertrauen
Zwischenüberschrift:
Integrationslotsin Hanadi El Khatib weiß aus Erfahrung, wie schwer das Einleben für Flüchtlinge ist
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Sie weiß ganz genau, wie es sich anfühlt, wegen Krieg die Heimat verlassen zu müssen und in ein Land zu kommen, dessen Sprache man nicht spricht, in dem man niemanden kennt und sich fremd fühlt. Hanadi El Khatib verließ mit acht Jahren zusammen mit ihrer Familie den Libanon. Heute unterstützt die inzwischen 33-Jährige als Integrationslotsin und Dolmetscherin arabische Flüchtlingsfamilien in Osnabrück und Melle.

" Ich habe das alles noch vor Augen. Wie es damals hieß, ' jetzt geht′s nach Deutschland'", berichtet Hanadi El Khatib. "' Was ist Deutschland?', fragten wir uns."

In der Erstaufnahmestelle in Braunschweig wurde der Familie Melle-Wellingholzhausen als Wohnort zugewiesen. " Dort kamen meine fünf Geschwister und ich direkt in die Grundschule, obwohl wir nichts verstehen konnten", erinnert sich Hanadi El Khatib. Auch dank der Extra-Deutschstunden, die die Frau des damaligen Schuldirektors Schürmann den jungen Migranten gab, sprach Hanadi bereits in der zweiten Klasse Deutsch. Trotzdem seien sie und ihre Geschwister noch lange sehr verunsichert gewesen. " Wenn wir draußen spielten, blieben wir immer nah am Haus, denn hätten wir uns verlaufen, hätten wir uns nicht getraut, nach dem Weg zu fragen."

Doch dann kamen Kathrin und Monika, zwei junge Helferinnen der Caritas. " Den beiden habe ich viel zu verdanken. Sie haben viel mit uns Kindern unternommen. Wir waren im Zoo Osnabrück und anderen Orten, die unsere Eltern uns nicht hätten zeigen können".

Die Neuzuwanderer, die heute nach Deutschland kommen, haben es laut Hanadis Einschätzung etwas leichter, denn viele Hilfsorganisationen seien auf sie eingestellt. Zudem fänden sie oft Unterstützung bei den arabischen Familien, die nun schon lange in Deutschland leben.

Vor sechs Jahren gründete Hanadi zusammen mit Freunden die Initiative " Kindertränen". Dabei sammelten sie Lebensmittel, Medikamente, Kleidung und andere Spenden und schickten sie in die Herkunftsländer der Flüchtlinge. Als Hanadi von der Aufnahmestelle in Bramsche hörte, packte sie Spenden ein und brachte sie den dort eingetroffenen Menschen. " Die waren total erleichtert, als sie merkten, da ist jemand, die unsere Sprache spricht." Libanesisch sei dialektfrei und könne deswegen auch gut von Leuten verstanden werden, die eigentlich eine andere arabische Sprache sprechen.

Hanadi half beim Übersetzen und Anträgestellen. Die Sachbearbeiter wurden auf sie aufmerksam, und schon eine Woche später dolmetschte Hanadi den Wegweiserkurs zur Erstorientierung der Volkshochschule Osnabrück und wurde vor zwei Jahren ehrenamtliches Mitglied der Integrationslotsengruppe der Caritas und der Stadt Melle.

Derzeit unterstützt Hanadi El Khatib drei syrische Familien in Osnabrück und vier in Melle. Als geschulte Integrationslotsin hilft sie bei der Wohnungssuche und Mietfragen, bei Kontakt mit Kindergärten und Schulen, bei Behördengängen und Arztbesuchen genauso wie bei alltäglichen Problemen. " Das fängt ja schon beim Einkauf an…", sagt sie. So kennen muslimische Familien aus ihrem Herkunftsland keine Schweinegelatine. Die Lotsin weist sie auf den häufigen Lebensmittelbestandteil hin, den sie doch meiden wollen. Eine der ersten Fragen sei auch stets die nach arabischen TV-Sendern. Auch so etwas regelt Hanadi.

Kürzlich besuchte sie das neue Flüchtlingshaus in Osnabrück. Die Menschen, denen sie dort begegnete, hätten einen zufriedenen Eindruck gemacht und fühlten sich willkommen, berichtet sie. Laut Hanadi sei die Stimmung in dem Haus geprägt von Dankbarkeit darüber, sich endlich sicher fühlen zu können. Die Integrationsschwierigkeiten träten aber ohnehin meist erst nach der Zuteilung in einen neuen Wohnort auf. Dort beginne der neue Alltag für die Neuankömmlinge, und dort würden sie leider auch mit der Fremdenfeindlichkeit mancher Deutscher konfrontiert. Hanadi begleitet die Familien so lange regelmäßig, bis sie weiß, dass sie stabil sind, sich eingelebt haben. Dafür bräuchten die Menschen unterschiedlich lang. " Meistens sind es sechs bis zwölf Monate, bis ich sagen kann, ' jetzt lass ich los'", sagt die Integrationslotsin.
Bildtext:
Die ausgebildete Integrationslotsin Hanadi El Khatib zeigt ihren Lotsenausweis. Keine der syrischen Familien, die sie betreut, wollte mit auf das Foto. Angst und Verunsicherung sind zu groß.
Foto:
Carolin Hlawatsch
Autor:
Carolin Hlawatsch


Anfang der Liste Ende der Liste