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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Erinnerungen an fatale 14 Minuten
Zwischenüberschrift:
Ausstellung im Dachgeschoss des Rathauses über verheerenden Angriff auf Osnabrück
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Vor gut 70 Jahren hatte Osnabrück mit den Folgen des bis dahin schwersten Bombenangriffs im Zweiten Weltkrieg zu kämpfen. Dieser hatte die Stadt am 13. September 1944 zwischen 18.26 und 18.40 Uhr heimgesucht nur 14 Minuten, doch diese Zeit reichte den 300 britischen Flugzeugen aus, 2170 Sprengbomben und 181 000 Brandbomben abzuwerfen und ein Inferno zuvor nicht gekannten Ausmaßes anzurichten. Ein Viertel der Einwohnerschaft Osnabrücks wurde obdachlos, die Altstadt mit Rathaus, Marienkirche und Dom war nur noch ein Trümmerhaufen.

" Nur 14 Minuten" so heißt auch die Ausstellung, die das städtische Presse- und Informationsamt im Dachgeschoss des historischen Rathauses zum 70. Jahrestag im vergangenen September eröffnet hatte. Die von der Presseamts-Mitarbeiterin Nina Hoss kuratierte Ausstellung dokumentiert anhand von Fotos und behördlichen Schriftstücken, wie der Angriff verlief und mit welch bürokratischer Akribie die unvorstellbare Katastrophe amtlich verarbeitet wurde. Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Juni zu sehen, und zwar zu den Öffnungszeiten des Rathauses: montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr, samstags von 9 bis 16 Uhr und sonntags von 10 bis 16 Uhr.

Im Rahmenprogramm der Ausstellung hatten Presseamtsleiter Sven Jürgensen und Thorsten Heese als Betreuer des " Forums Zeitgeschichte" im Kulturgeschichtlichen Museum kürzlich Augenzeugen eingeladen, von eigenen Erinnerungen an den Luftangriff zu berichten. Oberbürgermeister Wolfgang Griesert begrüßte rund 30 Zeitzeugen direkt in der Ausstellung im Dachgeschoss-Flur. Er verhehlte nicht, welche behördliche Anordnung den stärksten Eindruck bei ihm hinterlassen habe: " Es lief mir kalt den Rücken hinunter, als ich las, dass die 140 Arbeitskräfte, die zum Bergen der Leichen eingeteilt waren, vorab eine Sonderration Branntwein und Tabak erhielten, damit sie die Belastungen besser aushielten."

Eine Zeitzeugin erzählte, dass sie an dem besagten Mittwochnachmittag ihren Dienst in der Hauptstelle der Stadtsparkasse am Neumarkt versah. Um 16.19 Uhr gaben die Sirenen " öffentliche Luftwarnung", allgemein als " Voralarm" bezeichnet. " Das bedeutete für uns Dienstschluss. Wir mussten als letzte Maßnahme die Gardinen von den Fenstern reißen, damit sie einem eventuellen Feuer keine Nahrung geben würden." Um 17.52 herrschte Vollalarm alle mussten rüber in den Spitzbunker, der auf der anderen Haseseite im Garten des Hotels Germania stand. " Als die Bomben fielen, wackelte der Bunker, wir hatten große Angst, schließlich neigte er sich etwas zur Seite, und dann ging das Licht aus", so die Zeugin.

Ein Herr des Jahrgangs 1927 war als durchreisender Soldat um 17.55 Uhr auf dem Hauptbahnhof angekommen. " Ich wartete auf meinen Anschluss nach Bielefeld, ich weiß es noch ganz genau, der Zug sollte um 18.13 Uhr abfahren. Doch dazu kam es nicht, wir mussten ganz schnell in den Bahnhofsbunker. Ich sah vom Bahnsteig aus, wie die Bomben aufs Stahlwerk fielen." Eine Dame verbindet mit dem Luftalarm am 13. September die Erinnerung, wie sie mit ihrer Familie die Wittkopstraße hochhetzte, um noch rechtzeitig den Luftschutzstollen im Gertrudenberg zu erreichen: " Wir sahen schon die Christbäume′ als Zielmarkierungen am Himmel, da wurden wir noch etwas schneller." Eine andere Teilnehmerin steuerte die Geschichte bei, wie ihre Mutter von Feuerwehrleuten aus dem Luftschutzraum herausgeholt wurde, noch bevor Entwarnung kam: " Die Feuerwehr war auf Einsatzfahrt liegen geblieben, weil sie keinen Sprit mehr hatte. Einer der Leute wusste, dass wir die Tankstelle an der Adolfstraße hatten und wo wir zu finden waren. Da musste meine Mutter ganz schnell raus und an die Pumpe."

Die Zeitzeugen sagten übereinstimmend, dass sie keine Hassgefühle gegen die Alliierten und schon gar nicht gegen die Flugzeugbesatzungen gehegt hätten: " Wir wussten, die tun nur ihre Pflicht und schweben selbst ständig in höchster Lebensgefahr." Letztlich sei der Bombenkrieg ja auch nicht aus heiterem Himmel gekommen. Zuvor hätten deutsche Bomber englischen Städten Tod und Vernichtung gebracht. " Wir sind in Coventry nicht mit Kaffee und Kuchen angekommen", brachte es ein betagter Herr auf den Punkt.
Bildtexte:
Die sichtbaren Folgen des Angriffs vom 13. September 1944: Von den einst stolzen Bürgerhäusern am Markt standen wenige Tage nach dem Inferno nur noch die Gerippe.
Zeitzeugen zu Besuch im Rathaus: Die Ausstellung " Nur 14 Minuten" interessiert vor allem viele ältere Osnabrücker.
Zeitgenössisches Spiel, mit dem die deutschen Bombenangriffe auf England verherrlicht wurden.
Foto:
NOZ-Archiv, Swaantje Hehmann
Autor:
Joachim Dierks


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