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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Klimagipfel endet mit Kompromiss
 
Ernüchterung nach Minimal-Ergebnis von Lima
Zwischenüberschrift:
Umweltschützer enttäuscht
 
Beim Klimagipfel brechen alte Gräben auf: China, Afrika und Inselstaaten gegen den Westen
Artikel:
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Originaltext:
Lima. Nach mehr als zweiwöchigen Verhandlungen und erst nach einer Verlängerung der schon vor dem Scheitern stehenden Konferenz hat sich der UN-Klimagipfel in Peru auf einen Kompromiss verständigt, der den Weg für ein weltweites Abkommen ebnen soll.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, die Entscheidungen ebneten den Weg zu einem " universellen und gehaltvollen Abkommen" für den Klimaschutz. Ähnlich äußerte sich Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Jetzt müssten alle Staaten ihre Hausaufgaben für die Klimaschutzkonferenz 2015 in Paris machen.
Umweltverbände und Entwicklungsorganisationen reagierten dagegen enttäuscht. So sagte der BUND-Chef Hubert Weiger, Lima habe die Welt nicht einen Schritt weitergebracht auf dem Weg in eine Energiewirtschaft ohne Kohleverstromung, Öl, Atomkraft und Gas.
Die Einigung von Lima sieht vor, dass alle Regierungen bis Ende März überarbeitete nationale Programme zur Reduzierung der Treibhausgase vorlegen müssen. Sie werden aber nur gebeten, auch Informationen zu liefern, wie sie diese Ziele überhaupt erreichen wollen.
Für den Vertrag von Paris ist auch keinerlei fester Plan vorgesehen, wie ärmere Staaten vom Jahr 2020 an Geld für die Anpassung an die Erderwärmung und ihre klimafreundliche Entwicklung erhalten sollen. Das Lima-Papier drängt reiche Länder nur, dafür Geld zu geben. Die Industrieländer hatten bereits vor fünf Jahren 100 Milliarden Dollar an Klimahilfen für 2020 angekündigt. Aber auch hier fehlte jeder Plan, wie dieses Geld zusammenkommen soll.
" Wir haben bekommen, was wir wollten", sagte dennoch Indiens Umweltminister Prakash Javadekar. Das Abschlussdokument halte fest, dass die reicheren Staaten den ärmeren finanziell helfen müssten. In Lima sei der Grundsatz der Rahmenkonvention von 1992 bekräftigt worden, wonach die Industriestaaten beim Klimaschutz die Führungsrolle übernehmen müssen. Damit wurden Bedenken von China und Indien zerstreut, die befürchteten, dass ihnen zu große wachstumshemmende Verpflichtungen auferlegt würden.
In Paris soll 2015 ein gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen die Erderwärmung für die kommenden Jahrzehnte beschlossen werden, das erstmals allen Ländern Verpflichtungen auferlegt. Das Kyoto-Protokoll von 1997 verpflichtete nur die Industriestaaten zur Reduktion klimaschädigender Gase. China will noch bis 2030 einen weiteren Zuwachs an Treibhausgasen erlauben und danach in die Reduktion einsteigen. Das wirtschaftlich aufstrebende Riesenreich ist vor den USA, der EU und Indien der weltweit größte Produzent an Treibhausgasen.

Kommentar
Noch ein langer Weg

Viel heiße Luft, wenig Substanz: Die Klimaschutzkonferenz in Lima ist mit einer Enttäuschung zu Ende gegangen. Zwar konnte ein Scheitern verhindert werden. Und so besteht weiter die Chance, dass 2015 ein Weltklima-Abkommen geschlossen wird, das erstmals allen Ländern Verpflichtungen auferlegt. Doch der Weg dorthin ist noch weit und hat sich nicht wesentlich verkürzt. Absichtserklärungen und seien sie auch noch so gut gemeint bringen den Klimaschutz nicht weiter. Er braucht klare und überprüfbare Ziele.

Erschreckend ist vor allem, dass die Politik der realen Entwicklung weit hinterherhinkt. Während der Ausstoß von Treibhausgasen alarmierend schnell ansteigt, feilschen Minister langwierig darum, noch möglichst lange möglichst viel Dreck in die Luft blasen zu dürfen so viel Unverstand war selten.

Ein schwaches Bild gaben vor allem die Vertreter der Industriestaaten ab. Zweifellos stehen auch die Schwellen- und Entwicklungsländer wegen ihres stark wachsenden Ausstoßes von Treibhausgasen in der Pflicht, künftig einen namhaften Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Doch müssen sie dazu auch in die Lage versetzt werden. Und das heißt: Die Reichen müssen den Ärmeren geben, damit die Auswirkungen des Klimawandels begrenzt werden können. Die paar Milliarden Dollar, die dafür bislang zur Verfügung stehen, sind nur ein Tropfen auf einen heißen Stein.

Lima. Manuel Pulgar-Vidal hat lange auf seinen Pisco Sour warten müssen. Eigentlich wollte Perus Umweltminister als Konferenzchef schon Freitagabend einen Traubenschnaps-Cocktail auf das Ende dieses 20. UN-Klimagipfels in Lima trinken.
Dann lief Pulgar-Vidal ein heftiger Konflikt zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern fast aus dem Ruder. Erst am Sonntagmorgen um 1.25 Uhr Ortszeit konnte er den Hammer fallen lassen: Er ließ einfach keine Einwände mehr gegen den Beschluss zu. Zurückhaltender Applaus ist zu hören, zumindest ist ein Scheitern des Gipfels abgewendet.
Es ist ein Minimal-Kompromiss mit ersten Leitplanken für den bis Ende 2015 in Paris geplanten Weltklimavertrag. Bis März müssen die meisten Staaten ihre Minderungsziele dafür übermitteln. Aber sie können das Ausmaß praktisch selbst bestimmen und müssen nicht sagen, wie sie das Ziel erreichen wollen. Ob ein ambitioniertes Paris-Protokoll so klappt? Fraglich. Zumal auf Druck Chinas der Passus rausflog, dass es verbindliche Überprüfungen geben soll. Und dieser erste globale Vertrag soll ohnehin erst ab 2020 gelten.
Rückblick, zwölf Stunden zuvor: Der Vertreter aus Malaysia hat keine Lust mehr auf diese Verhandlungen. " Eigentlich wollte ich heute nach Cusco fliegen", erzählt er im Plenum mit Vertretern aus 195 Staaten. Jetzt sei der Flieger futsch. Und er müsse 26 Stunden mit dem Bus fahren, wenn denn mal alles vorbei sei. Dann kommt er zum Kern seines Anliegens. Er lehnt mit harscher Kritik ein von der EU und den USA gutgeheißenes Papier ab. Dutzende Staaten bis hin zu China tun es ihm gleich. Der Vertreter des Sudan macht im Namen der afrikanischen Staaten klar, dass der bisherige Entwurf nichts tauge, und wird gefeiert. Es gibt eine feindselige Stimmung, nichts ist mehr zu spüren von der Aufbruchstimmung nach dem Schulterschluss Chinas und der USA, mehr zu tun.
Bei Koalitionsverhandlungen müssen sich lediglich zwei oder drei Parteien einigen hier sind es 195 Staaten. Daher müssen Blockierer im " Beichtstuhlverfahren" stundenlang von Pulgar-Vidal und anderen bekniet und neue Abschlussentwürfe geschrieben werden.
Die Industriestaaten wie Deutschland wollen die sogenannte Brandmauer (" Firewall") in der bisherigen Klimaarchitektur bis Paris einreißen: Sie hat zur Folge, dass aufstrebende Länder wie China und Indien bislang kaum etwas für den Klimaschutz tun müssen. Im geplanten Weltklimavertrag soll es daher keine schematische Unterscheidung mehr zwischen Entwicklungs- und Industrieländern geben. Immerhin stoßen Entwicklungs- und Schwellenländer inzwischen etwa so viel CO 2 aus wie die reichen Staaten. Allein China verursacht heute 27 Prozent der globalen Kohledioxid-Ausstöße.
Es geht um eine faire Lastenverteilung zur Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens zwei Grad Celsius. Den Entwicklungsländern geht es auch um Geld, nach dem Motto: Milliardenhilfen gegen eigene CO 2 - Minderungszusagen. Fragwürdig ist, dass sich China zur G-77-Gruppe der Entwicklungsländer zählt. Das Kalkül: zu starke internationale Verpflichtungen vermeiden. China will erst ab 2030 mit einer Minderung seiner Emissionen beginnen. Das ist objektiv viel zu wenig.
Der Dissens von Lima ist ein schlechtes Omen. Eigentlich sollte hier ein gutes Gerüst erstellt werden für den geplanten Klimavertrag. Pulgar-Vidal musste vieles aufweichen. Wichtiges blieb offen. Für welchen Zeitraum und für welche Treibhausgase sollen die Staaten Minderungsziele aufstellen? Welche Staaten bekommen wie viel Geld für die Anpassung an den Klimawandel, etwa für Deiche oder zum Ausbau von Solar- und Windenergie? Bisher haben vor allem die Industriestaaten immerhin zehn Milliarden US-Dollar in einen grünen Klimafonds eingezahlt.
Für Deutschland verhandelte nach der vorzeitigen Abreise von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) Staatssekretär Jochen Flasbarth. Grünen-Chefin Simone Peter nennt die Abreise " kein Ruhmesblatt für die deutsche Klimapolitik". Stefan Krug von Greenpeace findet es " verwunderlich", wo sie doch den Kampf gegen die Erderwärmung zu ihrem großen Thema machen wolle.
Flasbarth vertritt sie gebührlich: tief drin in der Materie, gut vernetzt, beharrlich um Lösungen ringend. Trotz der ganzen Aufweichungen sei er nicht enttäuscht, meint Flasbarth. " Aber ich bin erschöpft."

Kampf gegen den Klimawandel: Mehr Berichte auf noz.de/ politik
Bildtext:
Die Reduktion des CO2 Ausstoßes ist Ziel jedes Klimagipfels - in Lima reichte es indes erneut nur zu einer eher kleinen Lösung.
Foto:
dpa
Autor:
Reuters, epd, dpa, Georg Ismanr, Helmut Reuter


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