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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Zensus 2011: Stadt zieht vor Gericht
 
Stadt klagt gegen Zensus-Resultat
Zwischenüberschrift:
Streit um Einwohnerzahl ein Fall fürs Gericht
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die Stadt Osnabrück legt wegen unausgeräumter Zweifel an der durch den Zensus 2011 amtlich festgestellten Zahl von 153 699 Einwohnern (Stichtag 9. Mai 2011) Klage beim Verwaltungsgericht ein. Es gebe eine " deutliche Abweichung nach unten gegenüber dem städtischen Melderegister", begründete Oberbürgermeister Wolfgang Griesert am Mittwoch diesen vom Rat am Vorabend in nichtöffentlicher Sitzung beschlossenen Schritt. Die Diskrepanz von mehr als 2500 Einwohnern in beiden Statistiken sei weder nachvollziehbar noch hinnehmbar. Experten der Stadt vermuten einen methodischen Fehler bei der Volkszählung, die je nach Gemeindegröße entweder auf Befragungen oder auf Hochrechnungen basierte. Von der amtlichen Einwohnerzahl hängen Zuweisungen in Millionenhöhe ab.

Osnabrück. Wie viele Menschen lebten am 9. Mai 2011 in Osnabrück? 153 699 sagt das Land und stützt sich auf das Ergebnis der jüngsten Volkszählung. 156 240 sagt die Stadt und verweist auf ihr eigenes Melderegister. Wer recht hat oder einfach nur näher dran ist an der Wahrheit, müssen jetzt Gerichte klären. Denn mit Ratsbeschluss vom Dienstag legt die Verwaltung Klage ein gegen die amtliche Feststellung der beim Zensus 2011 ermittelten Einwohnerzahl.

Damit geht die seit Bekanntgabe der Zensus-Resultate vor einem Jahr währende Auseinandersetzung um die korrekte Einwohnerzahl in die nächste Runde. Angesichts der großen Unterschiede zur eigenen Zählung hatte die Stadt den errechneten Wert des Landesamts für Statistik stets angezweifelt. Weil aber weder eine Anhörung noch eine Akteneinsicht Klärung brachten, greift sie nun zum letzten Strohhalm.

Ausschlaggebend dafür seien vor allem finanzielle Gründe, sagte Oberbürgermeister Wolfgang Griesert am Mittwoch. " Wir klagen nicht aus Eitelkeit, es geht um Geld für Osnabrück." Denn die amtlich festgestellte Einwohnerzahl ist maßgeblich bei der Berechnung und Verteilung von Schlüsselzuweisungen durch das Land. Zuletzt betrug die Summe, die durch den kommunalen Finanzausgleich pro Jahr nach Osnabrück floss, rund sieben Millionen Euro. Sie basierte allerdings auf der alten amtlichen Einwohnerzahl von 165 000 einer Zahl, von der sich die Stadt auch mit Blick auf die eigene Personenstatistik zuletzt weit entfernt hatte.

Mit der Anfechtungsklage gegen den neuen Feststellungsbescheid hält man sich im Rathaus nun die Möglichkeit offen, später Geld einfordern zu können, das Osnabrück ab sofort und bis auf Weiteres entgeht. Wie viel genau das sein wird, erfährt die Stadt Anfang Juni, wenn die angepassten Finanzausgleichsbescheide vorliegen. Gerechnet wird mit jährlichen Einbußen im siebenstelligen Bereich was eine weitere Klage auch gegen diesen Bescheid wahrscheinlich macht.

Die jetzt angekündigte Anfechtungsklage muss bis zum 2. Juni beim Verwaltungsgericht Osnabrück eingehen. Dann endet die Monatsfrist, die seit der Zustellung des Feststellungsbescheids mit Datum 28. April läuft. Zu den Erfolgsaussichten mochte die Stadt zunächst keine Vorhersagen treffen. " Sie lassen sich nur schwer abschätzen", meint Jürgen Heuer, Leiter des Fachbereichs Recht. Entscheidend sei, ob das Gericht einen " Fehler in der Anwendung des Zensusgesetzes" erkenne, in dem das mathematische Verfahren geregelt sei. Mit anderen Worten: Liegt etwa ein Rechenfehler vor, lohnt sich eine Klage.

Denkbar sei aber auch, dass das Verwaltungsgericht einen " Fehler im System" finde, also das Zensusgesetz selbst für unzulänglich erkläre. Damit würde die Angelegenheit sogar ein Fall für das Bundesverfassungsgericht, welches das Zensusgesetz komplett für nichtig erklären könnte oder zumindest den Gesetzgeber rechtzeitig vor dem nächsten Zensus im Jahr 2021 zum Nachbessern auffordern könnte.

Doch bis es so weit ist, wird noch viel Zeit vergehen. Rechtsamtsleiter Heuer glaubt angesichts mehrerer Hundert vergleichbarer Anfechtungsklagen bundesweit nicht an ein erstes verwaltungsgerichtliches Urteil vor Ende 2015. Da auch Berufungsverfahren so gut wie sicher seien, könne es " durchaus 2018" werden, bis die Sache in Karlsruhe ankomme.

Kommentar
Recht und billig

Was für ein Bohei um 2500 Einwohner mehr oder weniger könnte man sagen. Doch für Osnabrück ist diese auf den ersten Blick kleine Zahl, die den (permanent wachsenden) Unterschied ausmacht zwischen amtlicher Landesstatistik und städtischem Melderegister, von großer Bedeutung: Denn als Berechnungsgrundlage für Mittelzuweisungen macht so eine Differenz schnell ein paar Millionen Euro aus, die der Stadt ab sofort Jahr für Jahr entgehen.

Es ist nicht nur gutes Recht der Stadt, sich gegen das Zensus-Ergebnis zu wehren, wenn der Verdacht besteht, durch die besondere Methodik des Verfahrens Nachteile erlitten zu haben. Es ist sogar ihre Pflicht. Mal angenommen, die Gerichte geben den Klagen anderer Kommunen statt und es würden Nachzahlungen fällig, die nicht bekommt, wer jetzt Fristen versäumt hat. Wer wollte das bloß den Bürgern erklären.
Autor:
Sebastian Stricker


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