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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Dunkle Adventszeit an der Hase
Zwischenüberschrift:
Dezember 1953: Bescheidener Lichterglanz erhellte die kriegstraumatisierten Gemüter
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Vor 61 Jahren kam noch kaum jemand auf die Idee, Osnabrücks notdürftig wiederaufgebaute Einkaufsstraßen im adventlichen Lichterglanz zu fotografieren, geschweige denn in Farbe. So sehr viel glänzte ja auch noch nicht. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass der damals 23-jährige Hobbyfotograf Hugo Mittelberg gerade eine neue Leica-Kleinbildkamera bekommen hatte und mit ihr nun sofort einen der kostbaren Farbdiafilme ausprobieren wollte.

Den Widerschein des Lichts auf dem Hasewasser setzte er zu einer Verdoppelung der sonst recht dürftigen Lampenkette ein, die aus einer aufgeständerten Leitung mit nackten Glühbirnen bestand. Das massive Beton-Brückengeländer hebt sich deutlich vor den hellen Schaufenstern des Herrenausstatters Wüsthoff in der Bildmitte ab. Es gehört zu der 1905 in Straßenbreite errichteten Georgsbrücke, die vorher nur als schmaler Fußgängersteg bestand. Die Beton-Brüstung dieser ersten richtigen Brücke verschwand in den 1970er-Jahren, als die Brücke abermals verbreitert wurde.

Das Haus Wüsthoff, Georgstraße 6, wurde 1908 von Architekt und Baumeister Robert Thor errichtet. Er gehörte zu den Ersten in Osnabrück, die sich vom Historismus der Gründerjahre ab- und der klaren Sprache des Jugendstils zuwandten. Zudem war er ein Wegbereiter des Beton- und Monierverfahrens im Wohnhausbau. Das Haus Wüsthoff besaß eine so stabile Statik, dass Bombentreffer im letzten Krieg relativ wenig ausrichten konnten. Der langjährige Geschäftsführer Peter Wüsthoff erinnert sich: " Wir waren 1945 so ziemlich die Einzigen, die in der Georgstraße wohnten. Unsere Obergeschosse waren ausgebrannt, aber die Zwischendecken hatten standgehalten, unsere Wohnung im ersten Stock war sofort wieder bewohnbar." Im Advent 1953 war das Haus längst wieder vollständig hergestellt. Außer in der Fassadenfarbe hat sich bis heute kaum etwas geändert.

Anders das Haus Meinders & Elstermann, das links daneben zurückliegend mit der unverputzten Giebelansicht und einem Schuppen-Anbau auffällt. Der gesamte Gebäudekomplex des Zeitungshauses wurde nach 1953 mehrfach umgestaltet und erweitert.

Vorne links ist das unbeleuchtete Haus Georgstraße 7/ 9 zu erkennen. Es war seit 1935 Sitz des Büromaschinenhandels Vordemfelde & Genck. Nach der Kriegszerstörung war es zunächst nur zweistöckig wiederaufgebaut worden. Das hölzerne Baugerüst lässt erkennen, dass an der rückseitigen Fassade gerade gearbeitet wird.

Palmsonntag 1945 fielen eine Spreng- und 28 Brandbomben auf das Haus. Die Sprengbombe schlug durch bis in den Keller, explodierte aber nicht. " Ich kann mich an den Einschlag noch genau erinnern. Durch die Erschütterung fiel ich aus dem Bett im Luftschutzraum im Keller nebenan", erzählt Georg Genck, der sein Überleben der Tatsache verdankt, dass die Bombe als Blindgänger in der Kellerdecke stecken blieb.

Das Haus Georgstraße 7/ 9 wurde beschädigt, aber nicht zerstört. Einige Tage später kam der Ortsgruppenleiter, um die Schäden zu besichtigen. In der noch intakten Wohnung Genck stellte er fest, dass nirgendwo ein Hitler-Bild an der Wand hing. " Er verlangte von meiner Mutter, dass sie schnellstens ein Bild des Führers aufhängt", weiß Georg Genck noch. Doch Charlotte Genck blieb standhaft. " Solange dieses Haus steht, kommt hier kein Adolf an die Wand", habe sie geantwortet. Mit einer Drohung entfernte sich der NSDAP-Mann, um ein paar Stunden später mit einem Trupp Hitler-Jungen zurückzukehren. Diese sprengten das Haus bis auf die Grundmauern, weil es angeblich einsturzgefährdet sei, was aber nicht der Wahrheit entsprach.

1948 ließ Charlotte Genck das zuvor viergeschossige Haus mit zunächst zwei Stockwerken wiederaufbauen. Bis 1971 verkaufte die Firma Vordemfelde & Genck hier Büromaschinen, - möbel und - bedarf. Nach dem Fortzug der Firma in den Fledder vermietete Frau Genck das Haus unter anderem an die Anwaltskanzlei Mohrbutter, die es 1999 zusammen mit dem Optiker Krause käuflich erwarb. Hauptmieter im Erdgeschoss ist neben dem Optik- und Akustikgeschäft Krause seit 2007 das Café " Cup & Cino", für das der Eigentümer Mohrbutter eigens einen über der Hase schwebenden Wintergarten anbauen ließ.
Bildtexte:
Weihnachtliche Lichter über der Brücke im Nachkriegs-Advent 1953. Der Blick auf dieser historischen Aufnahme geht von der Herrenteichsstraße über die Hase zur Georgstraße.
Anders als vor rund 60 Jahren zeigt sich das Ensemble heute enger bebaut.
Foto:
Hugo Mittelberg, Gert Westdörp
Autor:
Joachim Dierks


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