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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Der Senator und seine Fisimatenten
Zwischenüberschrift:
"An der Tentenburg" erinnert an das einst so beliebte Ausflugslokal
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Wer waren denn bloß die Tenten, die sich einst im heutigen Stadtteil Gartlage eine Burg errichteten, mag sich mancher fragen. Nein, mit Kimbern, Teutonen oder anderen Germanenstämmen hat der Straßenname An der Tentenburg nichts zu tun. Er geht vielmehr zurück auf den umgangssprachlichen Begriff " Fisimatenten" für Dummheiten, Flausen oder nutzlose Unternehmungen.

Als Fisimatenten oder kurz " Tenten" verspotteten manche Osnabrücker zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Bemühungen des Senators Gerhard Friedrich Wagner (1769–1846), die kahlen Laischaftsgründe vor dem Herrenteichstor durch die Anlage von Obstgärten und baumbestandenen Alleen zu verschönern. Bevor Wagner zum " Vater des Bürgerparks" auf dem Gertrudenberg wurde, kümmerte er sich besonders um den heutigen Be reich Alte Poststraße/ Bohm ter Straße/ Klushügel. Als Vorsteher der Herrenteichslaischaft hatte er die Klosterländereien der ehemaligen St.-Annen-Klause auf dem Cluskamp unter seinen Mitgliedern aufgeteilt. Er verpflanzte eine Baumschule samt 4000 Stämmchen aus Hunteburg an die Bohmter Chaussee. Jeder Laischaftsinteressent erhielt davon zwei Stämme für seinen Garten.

Dank und Anerkennung für Wagners Pioniertaten waren zunächst groß. Schon zu seinen Lebzeiten stiftete die Laischaft ihm ein " Denkmal der Dankbarkeit", einen mannshohen Sandstein Obelisken mit wappenverzierter Inschrift.

Wagner war das gar nicht recht, er wollte nicht geehrt werden für ein Werk, das er noch lange nicht vollendet sah. Doch sein Widerstand war zwecklos, das bereits in Auftrag gegebene Denkmal wurde fertiggestellt und bekam seinen Platz. Es steht heute am Treppenaufgang zum Klushügel etwa dort, wo Humboldtstraße, Liebigstraße und An der Tentenburg auf die Bohmter Straße stoßen.

Als wenn Wagner es geahnt hätte: Kaum stand das Denkmal, liefen die Dinge für ihn nicht mehr rund. Der in den Herrenhäuser Gärten angelernte junge Leiter der Baumschule starb ganz plötzlich, Bäume wurden mutwillig beschädigt, Obst geraubt, späte Fröste sorgten für schlechte Ernten. Das ganze Unternehmen blieb ein Zuschussbetrieb. Unmut regte sich, die Laischaft strich den jährlichen Zuschuss. Hinzu kam der Spott. Die " Wagnerschen Tenten" wurden zu einem geläufigen Begriff. 1833 verkaufte Wagner die Baumschule und wandte sich neuen Projekten zu unter anderem der Anlage des Bürgerparks.

Die " Tenten" gingen in den Namen des Ausflugslokals ein, das F. W. Sprick um 1850 unterhalb des Klushügels an der Bohmter Chaussee eröffnete. Türmchen mit verspielten Hauben, Bogenfenster, zinnenbewehrte Mauern und auf der Gartenseite historisierendes Fachwerk sollten an eine mittelalterliche Burg erinnern. Die " Tentenburg" war um 1900 ein beliebtes Ausflugslokal mit baumbestandenem Biergarten, zwei großen Sälen, Schießanlage und Glücksspielständen. Als sich in den 1930er-Jahren die Ausflugsziele weiter nach außerhalb verlagerten und das alte Konzept nicht mehr so gut lief, ließ sich Tentenburg-Wirt Erich Risch etwas Neues einfallen. Aus einem der Säle machte er ein " Tonfilmtheater", das als " Lichtburg" einen Teil des alten Namens weiterführte. Im September 1932 war es das erste der sogenannten Stadtteil-Kinos außerhalb des Zen trums. Mit Unterbrechung durch Kriegsschäden 1945 bis 1949 lief es bis 1961. Im anderen Saal etablierte Risch das berühmt-berüchtigte Nachtlokal " Kristallpalast". In den 1970ern schloss es die Pforten. Das gesamte Gebäudeensemble der früheren Tentenburg wurde 1980 abgerissen und durch schlichte Wohnhäuser ersetzt.
Bildtexte:
Das Caféhaus Tentenburg auf einer historischen Ansichtskarte.
Die Straße An der Tentenburg befindet sich im Stadtteil Gartlage.
Foto:
Archiv/ Sammlung Dieter Mehring, Moers, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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