User Online: 2 | Timeout: 05:21Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Einfache Volkslieder für Verwundete
Zwischenüberschrift:
November 1914: Wie die Heimatfront den vierten Kriegsmonat erlebt
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Das Osnabrücker Tageblatt gibt einen Vorfall wieder, der sich vor dem Schaukasten eines Zeitungsverlags ereignete: Eine Menschentraube steht dicht gedrängt davor und verfolgt die eingelaufenen neuesten Meldungen von der Westfront. Darunter auch eine Mutter mit ihrer Tochter im Backfischalter. Die junge Dame steht eingeklemmt und nörgelt: " Ach Mutter, komm doch, es ist doch ganz egal, ob die Franzosen gewonnen haben oder wir." Schon sitzen zwei Ohrfeigen, verabreicht von einem älteren Herrn.

Umgehend reicht dieser der Mutter seine Karte und sagt: " So, nun verklagen Sie mich. Ich konnte nicht anders." Die Reaktion der Umstehenden beschreibt die Zeitung so: " Alle rufen ' Bravo!' und lassen Mutter und Tochter ihre Verachtung spüren." Nicht gut weg kommen auch diese Jungens: " In den letzten Tagen ist mehrfach beobachtet worden, dass kaum schulpflichtige Knaben sich die Zeit lustig mit Zigarettenrauchen vertreiben. Der Unfug nimmt derart überhand, dass eine nachdrückliche Warnung vonseiten der Lehrer oder auch eine Lektion mittelst ungebrannter Asche (Holzprügel; d. Red.) im elterlichen Hause am Platze erscheint."

Im Auslagefenster der Tageblatt-Geschäftsstelle ist ein französisches Infanteriegeschoss zu besichtigen, das aus den Kämpfen in Südbelgien stammt und von den hiesigen Angehörigen eines Kriegers übermittelt wurde. " Von deutschen Geschossen weicht es insofern ab, als es anstelle unseres Nickelmantels mit einem Kupfermantel umgeben ist, der unter Umständen, da Kupfer leicht Grünspan ansetzt, die Heilung der Wunden ungünstig beeinflussen kann."

Piesberg-Arbeiter haben " in freudiger Opferwilligkeit" einen gewissen Prozentsatz ihres Arbeitsverdienstes, gestaffelt nach ihren familiären Verhältnissen, " vaterländischen Zwecken" zur Verfügung gestellt. Sie sollen hauptsächlich der Beschaffung von " Liebesgaben" für das Reserve-Infanterieregiment 92 dienen. Bereits verpackt wurden unter anderem 200 Stück wollene Leibbinden und 200 Paar wollene Strümpfe.

Kaufmann Zangenberg hatte einen Konvoi von privaten Kraftwagen mit " Liebesgaben" beladen lassen und persönlich an die Front dirigiert. Die Zeitung zitiert aus dem Dankesschreiben der 4. Batterie des Feldartillerieregiments 62: " Es ist bewundernswert, mit welcher Tatkraft und Schnelligkeit die Kraftwagen bis an die vordersten Linien herangeführt worden sind." Wenige Tage später erscheint eine Meldung, in der der Regimentsstab bittet, von solchen gefährlichen Einzelaktionen zukünftig abzusehen.

Überhaupt seien in den letzten Wochen Liebesgaben so reichlich zugeflossen, dass der Bedarf gedeckt sei. Von anderen Truppenteilen ist hingegen zu lesen, dass sie " wohl ohne Absicht" weniger bedacht worden seien. Die Osnabrücker Landwehr 2, welche in das Regiment 138 aktiv zur Verstärkung eingereiht wurde und tapfer schon einige große Gefechte bestanden habe, meldet sich zu Wort: " Es würde uns eine große Freude sein, einen Heimatgruß (z. B. Unterzeug, Zigarren oder Kautabak) zu empfangen."

Aus dem Leserkreise wird die Frage nach der Steuerpflicht von Militärsold gestellt. Antwort: Für alle Einberufenen ist jegliches Militäreinkommen für die Dauer des Kriegszustandes von der Einkommensteuer befreit. Ferner geht das Gerücht um, dass im Krieg keine Wohnungsmiete mehr gezahlt werden müsse. Falsch! schreibt dazu ein Justizrat Dr. Baumert. Es gebe kein allgemeines Moratorium.

Die seelische Fürsorge für Verwundete liegt den bürgerlichen Kreisen sehr am Herzen. Die Genesungszeit sei oft sehr langweilig für kräftige junge Männer, die plötzlich aus dem Kriegsleben heraus in völlige Untätigkeit versetzt worden sind. Es ist Pflicht aller Gebildeten, meint der Zeitungsschreiber, diesem Mangel abzuhelfen und durch gute Unterhaltung unseren Verwundeten die Last der toten Stunden abzunehmen. Was schon gemacht wird: Eine Schar Mädchen aus Volks- und Mittelschulen wird abwechselnd in die Lazarette geführt, um dort einfache Volkslieder zu singen.
Bildtext:
Open Air im Schlosshof: kein Konzert, sondern die Rekruten-Vereidigung am 25 Juli 1915.
Strümpfe stricken: Postkarten mit patriotischen Aussagen wurden millionenfach verschickt.
Foto:
Stadtarchiv Osnabrück, Privatsammlung Gering
Autor:
Joachim Dierks


Anfang der Liste Ende der Liste