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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Stadt will Bäume vor der Säge schützen
 
Wer sägen will, muss erst zur Pflichtberatung
Zwischenüberschrift:
Stadt wagt neuen Anlauf zum Baumschutz: Satzung soll ab 150 cm Stammumfang gelten
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die Stadt unternimmt einen neuen Versuch, Bäume in Osnabrück besser vor der Säge zu schützen. Wer einen Baum mit einem Stammumfang von 150 cm oder mehr roden will, soll sich vorher von einem Fachmann aus dem Fachbereich Umwelt und Klimaschutz beraten lassen. So sieht es der Entwurf für eine Satzung vor, die heute im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt auf der Tagesordnung steht. Aus der Vorlage für die Politiker geht jedoch hervor, dass andere Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllt werden können, wenn die Satzung umgesetzt wird. Der Wunsch, Bäume besser zu schützen, kam aus dem Bürgerhaushalt. Seit der Rat 2002 die Baumschutzsatzung abgeschafft hat, häufen sich Klagen, dass Bäume auf privaten Grundstücken ohne ersichtlichen Grund gefällt werden.

Osnabrück. Erst beraten lassen, dann sägen: Wer einen großen Baum fällen will, soll sich künftig erst mit der Stadt in Verbindung setzen. So sieht es der Entwurf für eine neue Baumsatzung vor, die heute im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt diskutiert werden soll. Die Beratungspflicht beginnt demnach bei einem Stammumfang von 150 cm.

Bäume auf Privatgrundstücken dürfen in Osnabrück gerodet werden, es sei denn, die Stadt hat sie als Naturdenkmal anerkannt oder im Bebauungsplan mit dem Etikett " schutzwürdig" versehen. Das war in Osnabrück nicht immer so. Bis 2002 mussten Grundstückseigentümer vor dem Griff zur Säge einen Antrag ausfüllen und triftige Gründe angeben. Jedenfalls, wenn ein bestimmter Stammumfang überschritten wurde. Diese Baumschutzsatzung wurde von Gegnern als " bürokratisches Monster" bezeichnet und nach jahrelangen Diskussionen vom Rat ersatzlos abgeschafft.

Seitdem stehen Bäume in Osnabrück nur dann unter Schutz, wenn sie entweder als Naturdenkmal anerkannt oder im Bebauungsplan als erhaltenswert eingestuft sind. Und seitdem häufen sich die Anrufe von Anwohnern, die den Verlust von Lebensqualität beklagen, sobald in ihrer Nachbarschaft eine Motorsäge kreischt.

Nach mehreren Anläufen, eine Baumschutzsatzung " light" zu installieren, unternimmt der Fachbereich Umwelt und Klimaschutz jetzt einen neuen Anlauf mit der Anzeige- und Beratungspflicht. Der Anstoß dazu war aus dem Bürgerhaushalt gekommen. Erklärtes Ziel ist es dabei, eine Hürde aufzubauen, " die vorschnelles und unüberlegtes Handeln zum Nachteil von Bäumen verhindert", wie es in der Vorlage für den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt formuliert ist.

Die Satzung soll für das gesamte Stadtgebiet gelten, allerdings nicht für Bäume, die im Wald, in Kleingärten oder in Baumschulen stehen. Auch Nadelgehölze und Pyramidpappeln sind ausgenommen. Ziel ist es, nicht nur das Fällen, sondern auch das Verstümmeln großer Bäume zu erschweren, wobei " Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen" keinen Gang zum Amt erfordern, sofern sie " fachgerecht" ausgeführt werden, wie es in dem vierseitigen Papier heißt.

Wer die Anzeige- und Beratungspflicht in Anspruch nimmt, erhält laut Satzungsentwurf einen " Nachweis der durchgeführten Beratung", muss aber zugleich 250 Euro pro Baum zuzüglich Fahrtkosten entrichten. Dieser Gebühr, so heißt es in Klammern, liege " eine Schätzung auf der Grundlage von Erfahrungswerten" zugrunde. Und für den Fall, dass jemand gegen die Satzung verstößt, droht ihm die Stadt mit einem Bußgeld von maximal 25 000 Euro.

Zusätzliche Mitarbeiter sieht der Satzungsentwurf zwar nicht vor, personelle Auswirkungen werden allerdings erwartet. Der für schutzwürdige Bäume zuständige Fachdienst Naturschutz und Landschaftsplanung verfüge über zwei Mitarbeiter mit entsprechender Qualifikation. Diese beiden, so heißt es weiter, seien allerdings schon mit ihren Pflichtaufgaben ausgelastet.

Dazu gehörten etwa die Verbesserung des Baumschutzes in der Stadt, die Betreuung der Naturdenkmale und die Beratung von Bürgern, die freiwillig ihre Bäume erhalten wollen. Weil keine zusätzlichen Stellen geschaffen werden könnten, so heißt es in der Vorlage, müssten diese Aufgaben bei einer Entscheidung für die Satzung " quantitativ und qualitativ" erheblich eingeschränkt werden.

Baumschutz in Osnabrück die Geschichte einer gescheiterten Satzung: Lesen Sie mehr auf www.noz.de
Bildtext:
Hat der Baum einen Umfang von 150 Zentimeter oder mehr? Dann soll dem Griff zur Säge künftig eine Beratung vorausgehen, wenn die geplante Satzung in Kraft tritt.
Foto:
Klaus Lindemann

Kommentar
Pferdefuß
Die einen haben Angst vor dem Kahlschlag, die anderen vor einer Aufblähung der Bürokratie. Auf diesem schmalen Grat bewegt sich die Diskussion um den Baumschutz seit Jahren. Der Wunsch, Bäume besser zu schützen, kam aus dem Bürgerhaushalt. Aber der Satzungsentwurf aus dem Fachbereich Umwelt und Klimaschutz liest sich wie eine Warnung, das Papier doch bitte nicht zu verabschieden.

Wenn die Beratungspflicht kommt, muss die Verwaltung andere ebenso wichtige Aufgaben liegen lassen. Kein gewissenhafter Politiker wird dafür seine Hand heben. Und für eine Beratungsgebühr von 250 Euro wohl auch nicht.

Es war schon ein Fehler, so viel Arbeit in eine Satzung zu stecken, die mehr Probleme aufwirft, als sie löst. Baumschutz wäre eine gute Sache, aber nicht mit diesem Pferdefuß!
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert
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